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Expatriates
© Eugenio Marongiu, AdobeStock

Lieber zu zweit als allein: So gelingt der gemeinsame berufsbedingte Auslandsaufenthalt

Stehen Sie kurz davor, einen längeren Aufenthalt im Ausland anzutreten? Leben Sie in einer Partnerschaft? Dann sind Sie sicher mit ganz vielen Fragen beschäftigt, aber ganz besonders damit, wie Ihre Partnerin oder Ihr Partner zum geplanten Umzug steht und welche Konsequenzen er für die Beziehung haben könnte.

Hier zwei Meinungen dazu, mit denen vor allen Dingen Mitausreisende häufig konfrontiert sind: Die 29-jährige Grundschullehrerin Sonja, die sich fragte, ob sie es wagen sollte, mit ihrem Partner ins Ausland zu ziehen, berichtete mir von einem Gespräch mit einer Freundin ihrer Mutter. Die sagte zu ihr: „So eine Chance kommt vielleicht nie wieder. Du wolltest doch auch immer ins Ausland. Wenn ihr euch liebt, schaffst du das. Ich finde, Sonja, du solltest deine Arbeit nicht wichtiger nehmen als deine Partnerschaft. Arbeit findest du schon wieder, wenn ihr zurückkommt. Dass er ins Ausland gehen muss, darf doch kein Grund für eine Trennung sein. Eine gute Beziehung hält das aus.“

Paul, ein Informatiker, der vor derselben Entscheidung stand, hörte von seiner besten Freundin genau das Gegenteil: „Jetzt hast du so lange studiert und endlich eine gut bezahlte Stelle gefunden. Das willst du jetzt alles aufgeben? Du weißt doch gar nicht, ob die Beziehung hält. Was ist, wenn er dich verlässt? Dann sitzt du nicht nur vor den Scherben deiner Beziehung, sondern auch vor den Scherben deiner beruflichen Existenz.“.

Aufbruch in eine neue gemeinsame Lebensphase

Ist ein jobbedingter Auslandsaufenthalt der Partnerin oder des Partners wirklich ein unkalkulierbares Wagnis oder eine emotionale Bereicherung für eine Beziehung? Nun ja, es kommt darauf an. Eine gemeinsame Ausreise ist keine Weltreise, sondern ein Aufbruch in eine gemeinsame Lebensphase mit unbestimmter Dauer und ohne Reiserücktrittsversicherung. Nur wenn beide Beteiligten an die Qualität und Haltbarkeit Ihrer Beziehung glauben, kann man eine solche Entscheidung mit Optimismus treffen.

Aber auch, wenn man sich liebt, sind Motivation und Begeisterung für den Auslandsaufenthalt immer ungleich verteilt. Ohne den anderen hätte man den Schritt nicht gewagt, nicht getan, nicht für nötig gehalten.

Worauf kommt es denn an, ob für ein Paar aus einem Stellenangebot im Ausland eine gute Lebensentscheidung wird? An erster Stelle würde ich hier den Ablauf des Entscheidungsprozesses nennen. Es widerspricht meiner Lebenserfahrung, dass es zwei Menschen gibt, die mit derselben Intensität zu einem bestimmten Zeitpunkt immer dasselbe wollen. Was für ein Wunder und was für ein Glück, dass Tausende von Paaren sich immer wieder gemeinsam dazu durchringen können, in ein anderes Land für einen berufsbedingten längeren Aufenthalt zu ziehen. Das gilt besonders, weil es in der Regel nur einer oder eine ist, der oder die einen Job im Ausland angeboten bekommt. Diese Person freut sich sehr wahrscheinlich über die ihr gebotene Chance. Diejenigen, die mitausreisen sollen, sehen dem Glück nicht mit vergleichbarer Begeisterung entgegen. 

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Die anstehende Entscheidung verursacht Druck, weil auf beiden Seiten Risiken lauern: Kann ich meine individuellen Wünsche und Ziele am neuen Ort verwirklichen? Oder setzt die räumliche Trennung einen Schlussstrich unter die Beziehung, wenn ich bleibe? Ein gemeinsamer Auslandsaufenthalt ist fast wie die Entscheidung, ein Paar zu sein, eine Lebensentscheidung. Beide Entscheidungen haben gemeinsam, dass sie für einen längeren Zeitraum getroffen werden und beide sind auch nicht ohne größere Kollateralschäden zu revidieren.

Nützliche Gedanken zu Verlauf und Inhalten eines Entscheidungsprozesses

Es hilft bei den gemeinsamen Gesprächen sehr, wenn beide davon ausgehen, dass eine gewisse Skepsis bei einem der Beteiligten, besonders dem oder der Mitausreisenden, normal und selbstverständlich ist. Beide müssen ihre Zweifel aussprechen können, ohne Angst zu haben, dem oder der anderen die Freude zu verderben oder zu bevormunden. Auf keinen Fall sollte Skepsis prinzipiell als Ausdruck mangelnder Zuneigung bewertet werden. Dieses Argument erzeugt nur Druck und zerstört die gemeinsame Basis für eine so weitreichende Veränderung.

Weitere ungünstige Szenarien eines Entscheidungsprozesses wären, wenn der Partner oder die Partnerin mit dem Auslandsangebot versuchen würde, über die Zweifel des anderen hinwegzusehen, sie nicht anzusprechen oder kleinzureden oder durch unhaltbare Versprechen auszuräumen. Genauso kommt eine gute und nachhaltige Entscheidung nicht zustande, wenn die mitausreisende Person aus Angst ihre Zweifel verschweigt oder versucht, seiner besseren Hälfte den Auslandsaufenthalt auszureden oder wenn unrealistische Vorstellungen über das Leben am neuen Ort dominieren würden. Beide hätten dabei vielleicht subjektiv den Eindruck, etwas Gutes für den anderen und die gemeinsame Zukunft zu tun. Wenn aber die unausgesprochenen befürchteten Tatsachen Realität werden, haben beide Beteiligten das Nachsehen.

Machen Sie sich, jeder für sich, Ihre Wünsche, aber auch Ihre Befürchtungen klar und schreiben Sie sie auf. Und reden Sie dann darüber! Sind Sie beide mit der Entscheidung zu einem Auslandsaufenthalt zufrieden und haben Sie beide nach Möglichkeit einen guten Zeitpunkt und einen geeigneten Ort für Ihren Aufenthalt gewählt, ist das ein positiver Prädiktor für dessen Gelingen. Wenn in Abwägung des Gewinns für beide doch noch schwerwiegende Bedenken bestehen bleiben, ist es vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt den Lebensmittelpunkt zu verlagern. Oder ein anderes Land, ein anderer Kontinent könnte den Interessen beider mehr entsprechen oder Phasen einer Fernbeziehung verbunden mit längeren Phasen des Zusammenlebens würden besser in das gemeinsame Lebenskonzept passen.

Akzeptanz und Wertschätzung der Pläne und Interessen des jeweils anderen sind wichtig

Bedeutet ein Auslandsaufenthalt für die mitausreisende Person Verzicht auf Berufstätigkeit und Karriere? Die erste, sicher ernüchternde Antwort auf die Frage lautet: im Prinzip ja. Vielen, ja bislang noch den meisten mitausreisenden Partnern und Partnerinnen gelingt es trotz Bemühens nicht, eine angemessene Arbeit zu finden. Oft ist die Aufgabe einer eigenen Berufstätigkeit eine Quelle von Unzufriedenheit und damit ein Grund für Partnerschaftskonflikte.

Wenn beide ein aufrichtiges Interesse daran haben, wahrzunehmen und wertzuschätzen, wie der andere versucht, für sich das Beste aus der Zeit im Ausland zu machen, entstehen Konflikte wie „Was deiner Arbeit nützt, schadet mir!“ erst gar nicht. Im Idealfall werden Karriereentscheidungen des anderen mit mehr Akzeptanz mitgetragen, wenn man selbst davon ausgehen kann, dass der Partner oder die Partnerin umgekehrt auch zu Vergleichbarem bereit wäre, wenn die Entscheidung für sie oder ihn Verzicht bedeutet. Mit einem solchen Grundvertrauen in den anderen ausgerüstet fällt es leichter, wohlwollend auf dessen berufliche Entscheidungen zu blicken. Leider liegt es häufig nicht an den guten Absichten im Hinblick auf die Unterstützung bei den beruflichen Plänen, sondern an der erforderlichen Mobilität oder an situativen Bedingungen im Ausland, weshalb des einen Erfolg dazu führt, dass die berufliche Entwicklung des anderen stagniert.

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Eine Chance, den eigenen Interessen nachzugehen und sich zu verwirklichen

Berufliches Fortkommen hat aber nicht für jeden den gleichen Stellenwert. Lebenswerte Entwürfe für die Gemeinsamkeit eines mobilen Paares entwickeln sich auch, wenn ein Partner beziehungsweise eine Partnerin andere Ziele verfolgt, wie etwa eine Familienphase, um in Ruhe und mit Zeit Kinder großzuziehen oder eine Pause für eine berufliche Neuorientierung nutzt. Vielleicht tut es dem Partner oder der Partnerin gut, Zeit für ein eigenes Projekt zu haben, beispielsweise sich mit der Spiritualität anderer Religionen auseinanderzusetzen, die Begeisterung für arabisches Essen auszuleben, endlich einmal Windsurfen zu erlernen oder sich für die Abschaffung von Kinderarbeit zu engagieren und so weiter? Oder man möchte gern der Lust am Reisen nachgehen und sich dabei in Interkulturalität üben und neue Sprachen lernen? Oder beide planen schlicht, die gemeinsame Zeit zu genießen.

Die mitausreisende Person sollte hinter ihrer Entscheidung stehen können, weil sie diese für ihre persönliche Entwicklung wichtig hält. Das gelingt leichter, wenn man weiß, dass die Entscheidung unterstützt wird. Der Vergleich mit anderen oder das Gefühl, die eigene Entscheidung gegen eine Berufstätigkeit rechtfertigen zu müssen, können immer wieder schmerzen. Umso wichtiger, die Zeit in der Fremde als persönlichen Gewinn und eigene Leistung wertschätzen zu können. Wenn der gemeinsame Aufenthalt von beiden als Bereicherung gesehen werden kann, bringt er das Paar über die Zeit hinweg emotional noch näher zusammen.

Über die Autorin

Dr. Agnes Justen-Horsten ist Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin und Beraterin. Sie ist ausgebildet in systemischer, verhaltenstherapeutischer und Traumatherapie und unter anderem als Dozentin und Supervisorin tätig.

Aufgrund eigener beruflicher Auslandserfahrungen behandelt und berät sie vor allem Menschen, die berufsbedingt ins Ausland ziehen und dadurch in Krisen geraten. Mit Helmut Paschen hat sie 2011 OnThe-Move.online gegründet, ein Beratungsangebot für Deutschsprachige im Ausland.

Sie hat zudem mit On the Move – Ein psychologischer Wegbegleiter für das Leben und Arbeiten im Ausland erst kürzlich einen Ratgeber für Expatriates veröffentlicht.

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Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Oktober 2022 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.