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Expatriates
© VectorMine, AdobeStock

Warum wir heute von Auslandsbeschäftigung und weniger von Entsendung sprechen

Die Coronapandemie hat nicht nur die Arbeitswelt verändert, sondern auch den Trend zum mobilen Arbeiten verstärkt. „Work from anywhere“ ist nicht länger nur eine Option, sondern wird zunehmend zur Norm. Doch während Arbeitgebende und Arbeitnehmende gleichermaßen von der Flexibilität profitieren können, stehen sie auch vor rechtlichen Herausforderungen, die oft unterschätzt werden.

Omer Dotou, Leiter der Unternehmensberatung BDAE Consult, berichtet von einem deutlichen Anstieg des Interesses am „Homeoffice im Ausland“ beziehungsweise an Auslandsbeschäftigung. „90 Prozent der Anfragen, die bei uns in der Unternehmensberatung eingehen, drehen sich derzeit ums Homeoffice, Mobiles Arbeiten oder Workation im Ausland.“ Dieser Trend spiegelt sich auch in der verstärkten Zusammenarbeit mit Organisationen wie der Techniker Krankenkasse (TK) wider, bei der Seminare für Personalabteilungen von Arbeitgebenden angeboten werden. Dabei sei die Nachfrage enorm, so Dotou, was darauf hindeutet, dass dieses Thema verstärkt an Bedeutung gewinnt.

Von der Schulungsphase in die Umsetzung

Eine zentrale Herausforderung besteht darin, dass viele Unternehmen noch immer mit der Entwicklung von Richtlinien und der Bewältigung rechtlicher Fragen kämpfen. Dotou erläutert: „Viele Unternehmen haben die Schulungsphase abgeschlossen und gehen nun in die Umsetzungsphase über. Der Kenntnisstand ist im Jahr 2022 anders als noch vor einigen Jahren. „Vor allem kleinere Unternehmen stehen vor der Aufgabe, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, die für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten.

Ein wichtiger Aspekt, der oft übersehen wird, ist die Bedeutung von Arbeitgeberattraktivität. Dotou betont: „Arbeitgeberattraktivität umfasst auch die Mitarbeitenden, die bereits da sind.“ Die Einführung von Richtlinien für das Arbeiten im Ausland kann nicht nur dazu beitragen, bestehende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten, sondern auch neue Talente anzuziehen, insbesondere aus dem Ausland.

Bei der Umsetzung von Auslandsbeschäftigung ist es wichtig, zwischen verschiedenen Konzepten wie Homeoffice, Mobilem Arbeiten und Workation zu unterscheiden. „Unter Homeoffice verstehen wir umgangssprachlich die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistungen im privaten Wohnbereich des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin. Mobiles Arbeiten dagegen bedeutet, dass außerhalb des Betriebsgebäudes gearbeitet wird“, weiß Experte Dotou. Der Begriff „Workation“ beschreibt eine Vermischung von Arbeit und Urlaub, während es bei dauerhaftem Arbeiten im Ausland um mehr als nur mobiles Arbeiten geht.

Jeder Fall hat seine eigene Komplexität

Die rechtlichen Risiken, die mit „Homeoffice im Ausland“ verbunden sind, sind vielfältig und oft komplex. Dotou warnt vor den Folgen von unzureichender Vorbereitung: „Rechtliche Beratung ist derzeit immer nötig, weil jeder Fall eine eigene Komplexität mitbringt.“ Von der Visabeschaffung über Steuerfragen bis hin zur Sozialversicherung gibt es zahlreiche Aspekte zu beachten. 

Ein Beispiel, das Dotou anführt, ist die Frage der Krankenversicherung während einer Workation. Obwohl viele Unternehmen davon ausgehen, dass sie für die Krankenversicherung während dieser Zeit nicht verantwortlich sind, sieht das Gesetz dies möglicherweise anders. „Die private Initiative der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters verpflichtet auch den Arbeitgeber, wenn er der Workation grundsätzlich zugestimmt hat. Wir bekommen beispielsweise oft Fälle, wo Beiträge zur Sozialversicherung in Deutschland bezahlt werden und die Mitarbeiterin jedoch von den USA aus arbeitet. Die Folgen können für den Arbeitgeber teuer werden. Und das passiert leichter, als es sich manche Unternehmen vorstellen: Zum Beispiel, wenn die Mitarbeiterin in einen Verkehrsunfall verwickelt wird und sie Angaben zu ihren Versicherungen machen soll.“

Lange Vorlaufzeiten für Visa

Wie lange im Voraus Homeoffice im Ausland vorbereitet werden sollte, hängt unter anderem davon ab, ob ein Visum benötigt wird. Visa sind vor allem bei Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern ein Thema, die in Deutschland arbeiten und Homeoffice oder Mobiles Arbeiten im Ausland planen oder bei Deutschen, die in Nicht-EU-Ländern arbeiten wollen. Da empfiehlt sich laut Dotou eine deutlich längere Vorlaufzeit.

„Bei einer Workation raten wir eine Vorlaufzeit von vier bis sechs Wochen an. Das hängt auch von der jeweiligen Staatsangehörigkeit der Mitarbeitenden ab. Auch die Dauer der Tätigkeit im Ausland, die Art der Tätigkeit und das Zielland spielen eine Rolle“, so Dotou weiter. Bei einer Visumsbeschaffung etwa für Südafrika sollte man ein halbes Jahr einplanen. Bei einem deutschen Buchhalter, der in Frankreich arbeiten will und das nur zwei Wochen lang, braucht es keine zwei Wochen, um das zu klären. Handelt es sich wiederum um eine Kollegin, die aus Marokko stammt, greift das Thema der Arbeitserlaubnis in Frankreich. Da ist eine Vorlaufzeit von ein bis drei Monaten ratsam.

EXPATRIATES Workation Cover3Omer Dotou ist Experte für internationale Beschäftigung. Er hat unter anderem an einem Fachbuch zum Thema Workation gearbeitet. © BDAE Gruppe

In New York ist beispielsweise die Workation nicht möglich. Dort brauchen Mitarbeitende ein Arbeitsvisum, egal wie kurz die Tätigkeit ist. Mit der ESTA-Genehmigung ist die Einreise zum Urlaubszweck möglich. Damit kann nicht gearbeitet werden. Für eine Work Permit in den USA wäre mit einer sechsmonatigen Vorlaufzeit zu planen.

Wenn ein Vertriebsmitarbeiter aus dem Ausland tätig wird, wäre zu klären inwiefern diese Tätigkeit aus dem Homeoffice  das Risiko einer steuerlichen Betriebsstätte für den Arbeitgeber erhöht. Vertriebsmitarbeitende haben in der Regel einen geschäftsfördernden Aufgabenbereich und werden im Auftrag des Arbeitgebers im Ausland tätig. „Wenn so ein Vertriebsmitarbeiter auch noch seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt und womöglich Büroräume vor Ort anmietet und dann noch eine Form der Nutzungsbefugnis für diese Räumlichkeiten hat, besteht ein hohes Risiko der Betriebsstättengründung“, warnt Dotou. Das hätte zur Folge, dass das Betriebsergebnis nicht nur in Deutschland, sondern auch im Einsatzland versteuert werden müsste. Manche Länder wie Österreich beispielsweise betrachten Homeoffice-Tätigkeiten von Mitarbeitenden aus anderen Ländern sehr genau.

Ein anderes Beispiel: Eine Mitarbeiterin, die zwei Wohnsitze in Deutschland und Spanien hat und von Spanien aus arbeitet, ist unter Umständen lohnsteuerpflichtig in Spanien. „Wenn sich der Arbeitgeber darüber keine Gedanken macht, riskiert er durchaus auch Steuernachzahlungen“, resümiert Dotou. 

Videotipp: Homeoffice im Ausland – Das ist steuerrechtlich zu beachten

EXPATRIATES Michael Homeoffice im Ausland

Im Video „Homeoffice im Ausland: Steuerliche Fallstricke vermeiden“ erfahren Sie vom Auslandsexperten Michael Yönden, wie Sie Ihren Traum vom Arbeiten im Ausland trotz steuerlicher Bedenken realisieren können. Wir beleuchten die Herausforderungen, mit denen HR und Mitarbeitende konfrontiert sind, und geben praktische Tipps zur Bewältigung. Yönden erläutert wichtige Konzepte wie das Doppelbesteuerungsabkommen und die 183-Tage-Regelung. Erfahren Sie außerdem, wie die Wahl des Wohnortes und eine persönliche Beratung helfen können, rechtliche Fallstricke zu umgehen. Schalten Sie ein, um sicherzustellen, dass Ihr Auslands-Homeoffice reibungslos verläuft.

Beratung zur Auslandsbeschäftigung

Die BDAE Consult GmbH bietet eine Vielzahl von Dienstleistungen im Bereich der Auslandsbeschäftigung an, um Arbeitgebende und Arbeitnehmende bei der Bewältigung rechtlicher und organisatorischer Herausforderungen zu unterstützen. Dazu gehören Beratung und Schulungen, rechtliche Unterstützung bei Visabeschaffung, Steuerfragen, Sozialversicherung und Arbeitsrecht im Zusammenhang mit einer Auslandsbeschäftigung.

entsendeberatung.bdae.com

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Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe April 2024 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.