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Rechtliches

Europäische Bevölkerung will mehr Kinderschutz im Netz

© Yuliia, AdobeStock

Die geplante Gesetzesinitiative der Europäischen Union (EU) zum Schutz vor sexuellem Kindesmissbrauch im Internet wird kontrovers diskutiert. Angesichts der zunehmenden Verbreitung von pädokriminellem Content im Internet sind neue gesetzliche Regelungen unerlässlich. Dass innerhalb der europäischen Bevölkerung darüber Konsens dazu besteht, untermauert eine aktuelle Studie von Euromonitor (PDF-Download).

Für pädokriminelle Personen ist Europa eine digitale Drehscheibe. Fast 90 Prozent aller Websites, die Content mit sexuellem Missbrauch von und sexualisierter Gewalt an Kindern beinhalten, liegen auf europäischen Servern. Die aktuell laufende Gesetzesinitiative der EU zum Schutz vor sexuellem Kindesmissbrauch soll die Verbreitung von pädokriminellem Online-Content unterbinden. Kontrovers diskutiert wird hier die Forderung, bei Verdachtsfällen eine Aufdeckungsanordnung einzuleiten als Basis, um private Kommunikation zu scannen.

Datenschützerinnen und -schützer kritisieren solche Maßnahmen, die in digitale End-to-End-Verschlüsselungen eingreifen, als unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre. Die Zeit auf eine Einigung drängt. Tritt der Gesetzesentwurf bis August 2024 nicht in Kraft, läuft die von der EU beschlossene Interimsregelung aus. In der Praxis würde das bedeuten, dass selbst die Entdeckung von diesem kriminellen Content auf freiwillige private Initiative als illegal eingestuft werden könnte.

Bevölkerung sieht akuten Handlungsbedarf bei Kinderschutz im Netz

Innerhalb der europäischen Bevölkerung ist das Bewusstsein vorhanden, dass auf rechtlicher Seite akuter Handlungsbedarf besteht. Eine Auswertung von Euromonitor kam im Juli zum Ergebnis, dass 92 Prozent der Befragten der Auffassung sind, dass Kinder immer größeren Risiken im Internet ausgesetzt sind und 73 Prozent den sexuellen Missbrauch von Kindern als weit verbreitetes Problem innerhalb Europas betrachten. 82 Prozent der befragten Personen stimmten der Einschätzung zu, dass die Kontrolle des Internetkonsums von Kindern durch die Eltern nicht ausreiche, um den von der Kommunikation via Internet ausgehenden Gefahren einen Riegel vorzuschieben.

In diesem Zusammenhang befürworten 87 Prozent der interviewten Personen die Aufdeckung des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Kontaktanbahnung über E-Mails und Chats. 83 Prozent stimmten der Aufdeckung über das Monitoring verschlüsselter Nachrichten zu.

In Artikel 34 der UN-Kinderrechtskonvention ist der Schutz vor sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen verankert. Die im letzten Jahr gestartete Gesetzesinitiative der EU will die Verbreitung von Online-Content ebenso unterbinden wie die Kontaktanbahnung von Pädokriminellen an Minderjährigen über das Internet.

Hosting-Provider und Social-Media-Plattformen sollten digitale Schutzräume einrichten

Basis für die Präventions- und Schutzkonzepte ist die Risikoanalyse, zu der die Hosting-Provider und Social-Media-Plattformen angehalten wurden. Auf Basis der Risikoanalysen sollen unter dem Stichwort „Safety by Design“ digitale Schutzräume eingerichtet werden, welche die Content-Verbreitung blockieren und Cyber-Grooming unterbinden.

Wie auch immer das EU-Gesetz am Ende aussehen wird: Um die digitalen Schutzräume für Kinder zu schaffen, wird es kein willkürliches und undefiniertes Scannen der privaten Kommunikation und der auf Endgeräten versendeten Bilder und Videos geben. Die minderjährigen Internetuser selbst lehnen Maßnahmen ab, die in ihre Privatsphäre eingreifen. 80 Prozent der 13- bis 17-Jährigen in Deutschland, so haben Umfragen ergeben, wollen keine Chatkontrollen. Klar ist aber, dass Host-Provider und Plattformbetreibende Risikominderungspflichten erfüllen müssen.

Um die potenziellen Gefahren für Minderjährige einzudämmen, ist eine zuverlässige Altersverifikation der Internet-User ein wichtiger Schritt. In den USA sind die Diskussionen schon weiter fortgeschritten. So soll in Kalifornien 2024 der California Age-Appropriare Design Code Act in Kraft treten. Dieser verpflichtet Onlineplattformen dazu, Sicherheitsbeschränkungen für User unter 18 Jahren zu installieren.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Oktober 2023 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.