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Rechtliches

US-Arbeitsrecht: Diese Fragen und Antworten sollten Sie kennen

© daniel0, AdobeStock

Das US-amerikanische Arbeitsrecht unterscheidet sich erheblich vom deutschen Arbeitsrecht. Wenn Sie in die USA auswandern, dann müssen Sie sich diesbezüglich auf grundlegend andere rechtliche Rahmenbedingungen einstellen.

Der Frage-Antwort-Katalog von Paul Scarcia-Scheel, Anwalt in New York, dreht sich rund um das Thema US-Arbeitsrecht und vermittelt einen ersten Einblick in die rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Soll ich bei Bewerbungen in den USA mein Geburtsdatum im Lebenslauf angeben, inklusive Bewerbungsfoto und Ehestand?

Nein! In Deutschland ist das zwar immer noch üblich, aber machen Sie das bitte nicht in den USA. In den USA gelten strenge Antidiskriminierungsgesetze. Niemand darf im Rahmen einer Bewerbung wegen seines Alters, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe, einer Behinderung oder dergleichen benachteiligt werden. Geburtsdatum, Bewerbungsfoto und Ehestand lassen aber gerade Rückschlüsse hierauf zu. Eine Personalchefin oder ein Personalchef in den USA ist daher gehalten, eine solche Bewerbung zu ignorieren. Sie werden keine Rückmeldung erhalten.

Gibt es in den USA ein einheitliches, bundesweit geltendes Arbeitsrecht?

Nein. Es gibt zwar vereinzelte US-Bundesgesetze, die in den gesamten USA Geltung haben, dennoch ist das Arbeitsrecht in den USA Sache der jeweiligen US-Einzelstaaten. Jeder einzelne US-Bundesstaat hat daher sein eigenes Arbeitsrecht. Die bundesweit geltenden Vorschriften legen lediglich den Mindeststandard fest. Ist eine einzelstaatliche Regelung für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer günstiger, so gilt diese.

Gibt es in den USA einen Mindestlohn?

Ja, den gibt es, und zwar bereits seit 1938, als das entsprechende Gesetz – Fair Labor Standards Act (FLSA) – eingeführt wurde. Gegenwärtig beträgt der Mindestlohn bundesweit 7,25 US-Dollar pro Stunde. Im FLSA ist aber lediglich der Mindeststandard festgelegt, so dass die Gesetze der einzelnen US-Bundesstaaten hiervon nach oben abweichen können. Wird nach dem Recht eines US-Einzelstaates ein höherer Mindestlohn gewährt, so gilt dieser.

Gibt es in den USA Kündigungsschutz?

Nein, grundsätzlich nicht! Wenn nichts anderes vereinbart wurde, dann können sowohl Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen und ohne Einhaltung einer Frist jederzeit kündigen. Das heißt aber nicht, dass einem Arbeitnehmer willkürlich gekündigt werden kann. Eine Arbeitnehmerin darf beispielsweise nicht deswegen gekündigt werden, weil sie sich geweigert hat, eine rechtswidrige Anweisung des Arbeitgebers auszuführen.

Außerdem gibt es in den USA eine Vielzahl von Antidiskriminierungsgesetzen. Das wohl wichtigste Antidiskriminierungsgesetz ist Kapitel VII des Civil Rights Act (1964). Danach darf niemand wegen seiner Rasse, Hautfarbe, Religion, Herkunft und seines Geschlechts gekündigt werden. Kapitel VII des Civil Rights Act gilt für Betriebe mit 15 und mehr Beschäftigten. Viele US- Einzelstaaten haben korrespondierende Gesetze, die oftmals bei weniger als 15 Beschäftigten Anwendung finden.

Hat man in den USA Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall?

Es gibt kein US-Bundesgesetz (also ein Gesetz, das im gesamten Gebiet der USA Geltung hat), in dem eine Verpflichtung des Arbeitgebers, Arbeitnehmenden Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu gewähren, geregelt ist. Aber auch hier gilt, dass US-Einzelstaaten und sogar kommunale Verwaltungsbezirke dies regeln können. So gibt es gegenwärtig 17 US-Bundesstaaten, in denen es Regelungen im Hinblick auf eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt. Hierzu gehören beispielsweise Kalifornien und New York. Aber auch in US-Bundesstaaten, die keine diesbezüglichen gesetzlichen Vorgaben haben, kann immer im Arbeitsvertrag individuell vereinbart werden, ob ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall besteht.

Gibt es in den USA einen gesetzlich festgeschriebenen Anspruch auf Erholungsurlaub?

Nein. Es gibt in den USA derzeit weder irgendein Bundesgesetz noch irgendeinen US-Einzelstaat- oder Verwaltungsbezirk, in dem ein Anspruch von Arbeitnehmenden auf Urlaub, sei er bezahlt oder unbezahlt, durch eine Rechtsnorm festgeschrieben ist. Dies steht daher allein im Ermessen der jeweiligen Arbeitgebenden. Selbstverständlich wird ein Arbeitgeber zu weitgehenden Zugeständnissen bereit sein, je wichtiger es für ihn ist, qualifizierte Mitarbeitende an sein Unternehmen zu binden. Viele Arbeitgeber in den USA gewähren ihren Mitarbeitenden bezahlten oder unbezahlten Urlaub, grundsätzlich aber nicht in demselben Umfang wie in Deutschland.

Gibt es in den USA einen gesetzlichen Anspruch auf Elternzeit?

Ja, aber nur unter gewissen Voraussetzungen, die im Family and Medical Leave Act („FMLA“) geregelt sind. Der FMLA ist ein Bundesgesetz, das auf Betriebe mit mindestens 50 Mitarbeitern anwendbar ist und Arbeitnehmern ein Recht auf einen 12-wöchigen unbezahlten Jahresurlaub aus gewissen familiären oder medizinischen Gründen gewährt. Die Arbeitnehmerin muss in dem Betrieb aber mindestens 12 Monate lang beschäftigt gewesen sein. Der Urlaub muss beispielsweise gewährt werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich um ein neugeborenes oder neu adoptiertes Kind oder schwer erkrankte nächste Angehörige (Eltern, Kinder, Ehegatte) kümmern muss oder wenn der Urlaub der Rehabilitation eines Arbeitnehmers nach einer schweren Krankheit dient. Aber auch hier gilt, dass der FMLA lediglich den gesetzlichen Mindeststandard festlegt und zahlreiche US-Einzelstaaten Gesetze erlassen haben, die für Arbeitnehmende günstiger sind (zum Beispiel Anwendbarkeit auf kleinere Betriebe). 

Dieser Artikel enthält Informationen allgemeiner Art und ist nicht als Rechtsberatung zu sehen.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Juli 2023 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.