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Rechtliches
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Durchkreuzte Kreuzfahrt: Reiseveranstalter muss vollen Reisepreis erstatten

Wer in der Coronapandemie eine Kreuzfahrt bucht, muss nur jene Einschränkungen in Kauf nehmen, die bereits bei der Buchung bekannt waren. Kommen pandemiebedingt später weitere Beschränkungen hinzu, kann eine Kreuzfahrt kostenfrei storniert werden. Das hat das Amtsgericht München entschieden (Az.: 113 C 3634/21).

Geklagt hatten zwei Personen aus dem Raum Kiel, die bei einer Schweizer Kreuzfahrt-Veranstalterin den Reisepreis von 2.527,04 Euro zuzüglich Zinsen erstattet haben wollten. Sie hatten im Juni 2020 mit einer Anzahlung von 725 Euro eine Mittelmeer-Kreuzfahrt auf der MSC M inklusive Flug von Hamburg nach Italien vom 24.11.2020 bis 05.12.2020 gebucht. Auf dem Weg nach Civitavecchia, einer Hafenstadt in der Nähe von Rom, hätten Palermo, Valletta, Barcelona, Marseille und Genua angelaufen werden sollen.

Kreuzfahrt von Veranstalterin gekürzt

Doch bereits am 17.07.2020 teilte die Kreuzfahrtveranstalterin mit, dass die Reise coronabedingt um vier Nächte verkürzt, aber zu einem reduzierten Preis durchgeführt werden könne. Die Kläger waren mit dieser Änderung zunächst einverstanden und bestätigten dies am 11.08.2020. Etwa einen Monat später hieß es seitens des Reiseunternehmens, dass auf dem Weg nach Genua nur noch Civitavecchia, Neapel, Palermo und Valletta angesteuert würden. Auch das akzeptierten die Kläger. Auf Nachfrage erhielten sie am 6.11.2020 eine Buchungsbestätigung und zahlten den restlichen Reisepreis in Höhe von 1.802,04 Euro.

Noch am selben Tag teilten die Kläger per Mail mit, dass die Reise für sie aufgrund des aktuell erhöhten Infektionsgeschehens nicht durchführbar sei und baten um kostenlose Stornierung. Das wollte die Kreuzfahrt-Veranstalterin jedoch nicht hinnehmen und verweigerte die Rückzahlung des Reisepreises. Sie bot lediglich an, die Reise mit Stornogebühren in Höhe von 90 Prozent des Reisepreises zu stornieren.

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Ganz Italien zum Risikogebiet erklärt

Die Kläger gaben an, dass sie von der Kreuzfahrt zurücktreten wollten, weil ganz Italien ab dem 8.11.2020 als Risikogebiet eingestuft und eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes erlassen worden war. Außerdem habe in Italien eine nächtliche Ausgangssperre gegolten. Museen, Theater sowie Ausstellungen, Restaurants und Bars seien geschlossen gewesen. Zudem hätten sie sich nach der Rückkehr nach Hause auch in eine mindestens fünftägige Quarantäne begeben müssen. Dies sei zum Zeitpunkt der Buchung nicht voraussehbar gewesen. Darüber hinaus gehört einer der Kläger aufgrund einer Diabetes-Erkrankung zur Risikogruppe. Die Kreuzfahrt habe auch nicht ohne Beeinträchtigungen durchgeführt werden können: So hätten etwa die Ausflüge am 25.11.2020 nicht stattgefunden.

Die Kreuzfahrtveranstalterin sah dies anders und argumentierte, dass die Kläger im Sommer 2020 während der Pandemie die Reise gebucht und somit ein erhöhtes Infektionsrisiko billigend in Kauf genommen hätten. Sie hätten mit einer Verschlechterung der Infektionslage im Herbst rechnen müssen. Das Gesundheits- und Sicherheitskonzept der Beklagten hätte bestmöglichen Schutz für die Reisenden geboten. Die Kreuzfahrt sei wie vorgesehen durchgeführt worden.

Bei Stornierungen von Pauschalreisen kommt es auf den Einzelfall an

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab den Klägern Recht und verurteilte das Kreuzfahrt-Unternehmen zur Erstattung des vollständigen Reisepreises. Ihre Begründung: Allein die Tatsache der Pandemie reicht zwar nicht aus, um eine Reise kostenfrei zu stornieren. Bloße Unwohl- und Angstgefühle von Reisenden seien ebenfalls kein Grund. Es kommt aber auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Bei der Beurteilung des Falles müsse man vom Kenntnisstand eines Durchschnittsreisenden ausgehen. Deswegen muss berücksichtigt werden, welche Beeinträchtigungen zum Zeitpunkt des Rücktritts zu den bereits bekannten Einschränkungen bei der Reisebuchung hinzugekommen sind und inwieweit diese vorhersehbar hätten sein können. Die Kläger hatten gezeigt, welche Einschränkungen sie hinzunehmen bereit waren und welche dann nicht mehr.

Zum Zeitpunkt der Buchung gab es in Italien gerade einmal 3,8 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Auch bei der letzten Buchungsbestätigung der Kläger am 18.09.2020 war die Zahl der Infizierten auf 100.000 Einwohner mit 16,3 noch relativ niedrig. Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gab es dementsprechend auch keine.

Rasanter Anstieg der Infektionszahlen war im Herbst 2020 nicht vorherzusehen

Als die Kläger am 6.11.2020 zum ersten Mal darauf hinwiesen, dass sie die Reise nicht durchführen wollen, hatte Italien 345,8 Infizierte auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Mit dieser massiven Verschlechterung musste zum Zeitpunkt der letzten Buchungsbestätigung durch die Kläger am 18.9.2020 noch nicht gerechnet werden. Zwar war ein Anstieg der Infektionszahlen im Herbst von Wissenschaftlern prognostiziert worden. Damit, dass der Anstieg jedoch trotz aller Maßnahmen so rasant erfolgen würde, hat jedoch weder der Großteil der Bevölkerung noch die Politik gerechnet.

Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung nun rechtskräftig.

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Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe November des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

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