Quo vadis Visum: Die Anfänge und aktuellen Herausforderungen
Der Ursprung des Visums geht bereits bis ins 17. Jahrhundert zurück. So wurden damals Geleitbriefe ausgestellt, die als Vorläufer des heutigen Reisepasses gelten. Mit der wachsenden Bevölkerung und der zunehmenden Mobilität im 18. Jahrhundert wurden die Kontrollen der Landesgrenzen verstärkt. Maßgeblich galt es, Zölle an den Grenzen zu erheben und sogenannte Sichtvermerke in den Geleitbriefen einzutragen.
Im Jahr 1850 wurde die Visumpflicht innerhalb des deutschen Reiseverkehrs abgeschafft. Weitere Staaten – darunter auch Österreich – schlossen sich dem visafreien Reiseverkehr an. Heute haben Staatsbürger das Privileg der visafreien Einreise innerhalb des Schengenraumes.
Ursprünglich sollte das Konzept der Freizügigkeit der europäischen Erwerbsbevölkerung die Möglichkeit bieten, sich frei in jedem EU-Staat zu bewegen und anzusiedeln. Bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts war dies jedoch nicht möglich. Die Folge: Grenzkontrollen behinderten den freien Verkehr innerhalb der Union. Zu einem Durchbruch kam es schließlich 1985, als die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Regierungen zur Unterzeichnung des Abkommens über die schrittweise Abschaffung der Grenzkontrollen führte. Das Abkommen wurde in dem kleinen Dorf Schengen in Luxemburg unterzeichnet – daher der Name. Die Umsetzung des Schengen-Abkommens begann 1995 unter Beteiligung von zunächst sieben EU-Staaten.
EU-Kommission erarbeitet Visa-Regelungen
Heutzutage werden Visa- und Einwanderungs- (Immigration) Regularien von der Europäischen Kommission erarbeitet. Es ist das Ziel, eine ausgewogene und umfassende EU-Migrationspolitik auf der Grundlage von Solidarität und Verantwortung zu entwickeln, die langfristig einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung innerhalb der Union leistet. Berücksichtigt werden die Wechselwirkungen zwischen Migration und Integration. Gleichzeitig definiert das Regelwerk die Grenzen der irregulären Migration.
Die Einreise von legalen Besuchern in die EU und gleichzeitig die Stärkung der inneren Sicherheit kann nur ermöglicht werden, wenn der grenzfreie Schengen-Raum eine gemeinsame Visumpolitik vereinbart. Die EU hat eine gemeinsame Visumpolitik für die Durchreise oder für beabsichtigte Aufenthalte im Hoheitsgebiet eines Schengen-Staates von höchstens 90 Tagen in einem Zeitraum von 180 Tagen und für die Durchreise durch die internationalen Transitzonen von Flughäfen der Schengen-Staaten eingeführt. Visa für Besuche, die diesen Zeitraum überschreiten, unterliegen weiterhin nationalen Verfahren.
Ablehnungsquote bei Visa hat sich erhöht
Die gemeinsame Visapolitik regelt den Prozess der Visa-Beantragung für 26 Schengen-Staaten. Im Jahr 2016 wurden der Europäischen Kommission zufolge von den Schengen-Staaten 13,9 Millionen „Schengen-Visa“ ausgestellt. Dieses ist ein Rückgang von 2,6 Prozent gegenüber 2015. Die meisten Visa wurden von französischen Konsulaten ausgestellt (20,4 Prozent), gefolgt von Deutschland (13,3 Prozent), Italien (12 Prozent) und Spanien (10,2 Prozent). In mehr als 58 Prozent wurden Multi-Entry Visa ausgestellt. Die Ablehnungsquote 2016 (6,9 Prozent) liegt mit 10,6 Prozent über Vorjahresniveau. Die prozentual höchsten Ablehnungsquoten 2016 verzeichnen Malta (21,1 Prozent), Belgien (15,3 Prozent), Portugal (13,1 Prozent) und Frankreich (11,1 Prozent).
Im Jahr 2016 wurden in 169 Staaten Schengen-Visa ausgestellt. Dabei werden 80,8 Prozent der Schengen-Visa in 14 Staaten ausgestellt. Top 4 Staaten sind Russland (3,13 Millionen Schengen-Visa), China (2,11 Millionen Schengen-Visa), Ukraine (1,36 Millionen Schengen-Visa) gefolgt von der Türkei (0,89 Millionen Schengen-Visa). Die Entwicklung der ausgestellten Schengen-Visa fällt abhängig der Quellländer gegenläufig aus. Im Jahr 2007 wurden in China 340.000 Schengen-Visa ausgestellt, mit einem stetigen Wachstum (2011: Anzahl 460.000 Schengen-Visa, 2016: 2,11 Millionen Schengen-Visa). Hingegen ist die Anzahl der Schengen-Visa aus Russland nach einem Anstieg von 2007 (3,5 Millionen Schengen-Visa) bis 2011 (5,12 Millionen Schengen-Visa) deutlich zurückgegangen (2016: 3,13 Millionen Schengen-Visa).
Mehr als jeder zweite Bürger weltweit benötigt ein Visum
Der von der Welttourismusorganisation (UNWTO) erstellte Visa Openness Report 2016 zeigt, dass 58 Prozent der Weltbevölkerung weltweit vor der Abreise ein Visum benötigen. Dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber 2008, als 77 Prozent der Weltbevölkerung gezwungen wurden, ein Visum zu beantragen.
Der Reisende des 21. Jahrhunderts hat hohe Erwartungen an Effizienz und eine geringe Toleranz gegenüber Hindernissen für die globale Mobilität. Leider sind Infrastruktur und Bürokratie, die Reisende bewältigen müssen, aus dem 20. Jahrhundert. Hindernisse für Mobilität und Ineffizienz sind besonders bei der Erlangung von Visa zu verzeichnen. Neben aufwendiger Zusammenstellung von Visa Dokumenten ist das persönliche Erscheinen im Konsulat oder dem Konsular-Provider eines der größten Hürden. Beispielsweise stehen für 1,3 Milliarden Chinesen 15 Antragsannahmezentren vornehmlich im Osten von China zur Verfügung. Für viele Chinesen bedeutet dieses die Durchführung einer Reise für die ureigentliche Reise.
In Österreich war für einen Großteil der Reisende mit Erstwohnsitz in Österreich unumgänglich, mit Beginn des Jahres 2017 eine Reise für die Reise nach Indien einzuplanen. Die indische Regierung hat die verpflichtende Abgabe des Fingerabdrucks von Antritt der Reise in Wien verordnet. Wenige Wochen nach der Umsetzung wurde die Regulierung entschärft. Aktuell sind die Reisenden mit Wohnsitz in Wien aufgefordert, einen Fingerabdruck abzugeben. Reisende außerhalb von Wien können unter Vorlage einer Meldebescheinigung auf die Abgabe des Fingerabdrucks verzichten.
Digitalisierung bei Visumerstellung gefordert
Dunja Hayali, ZDF Reporterin, referiert während einer Veranstaltung über ihre Reiseerfahrungen und stellt fest (keine wortwörtliche Wiedergabe): „Die Organisation einer Reise für visapflichtige Destinationen und das Reisen selbst sind so einfach wie nie zuvor. Die Organisation der Einreise in visapflichtige Destinationen und die Einreise selbst sind so kompliziert wie nie zuvor.“
Zusammenfassend wird ein umfassendes Modell notwendig, das Smart Visas, Smart Borders, Smart Security-Prozesse und Smart Infrastructure umfasst. Ziel ist es, die Einreise für Touristen und Geschäftsreisende erlebbar zu vereinfachen. Die Studie von Lawson und Roychoudhury aus dem Jahr 2013 Do Travel Visa Requirements Impede Tourist Travel? schätzte, dass die Ablösung von Reisevisa auf bilateraler Ebene die Reiseflüsse zwischen den Ländern mehr als verdreifachen würden.
John P. Wagner, Deputy Executive Assistant Commissioner der Office of Field Operations U.S. Customs and Border Protection, ist sich der Problematik der zeitaufwändigen Einreise in die USA bewusst. Die US Regierung arbeitet an neuen Möglichkeiten, die Einreise zu vereinfachen. Dabei werden auch moderne IT-Lösungen wie die Gesichtserkennung in Betracht gezogen. Überlegungen gehen dahin, dass mit der Abgabe eines biometrischen Fotos bei der Visa Beantragung die Gesichtserkennungssoftware am Flughafen den Reisenden automatisch erkennt und durch die Passkontrollen leitet. Die Vorstellung, am Flughafen Washington DC innerhalb von 20 Minuten vom Ausstieg aus dem Flugzeug bis zum Einstieg in das Taxi zu gelangen, rückt näher.
Der Autor:
Dr. Julius Heintz ist Geschäftsführer der Deutschen Visa und Konsular Gesellschaft (DVKG) in Berlin. Das Unternehmen unterstützt seine Kunden dabei, die umfangreichen konsularischen Hürden nachhaltig, sicher und kosteneffizient zu navigieren. Zu den Kunden zählen kleine, mittlere und große Unternehmen mit Visa und Legalisationsbedarf in die ganze Welt.
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