Als Tourist in Bayern: Eine kleine Reise-Etiquette
Deutschland ist für viele Nationen ein sehr beliebtes Reiseland und am allerliebsten verbringen ausländische Gäste ihren Urlaub in Bayern. 17,5 Millionen internationale Touristen übernachteten 2016 in Bayern (davon mehr als drei Millionen allein in München) und damit beträgt der Anteil des Freistaats an den Auslandsmärkten ganze 19,3 Prozent. Insbesondere Amerikaner, Niederländer und Italiener zieht es in das südliche Bundesland – eine deutliche Zunahme an Besuchern gibt es zudem aus China und Saudi-Arabien.
Wir haben dies zum Anlass genommen, eine kleine Reise-Etiquette für ausländische Gäste in Bayern zu erstellen, um ihnen ein paar Fettnäpfchen zu ersparen.
1. Regeln und gesetzliche Vorschriften ernst nehmen
Die Bayern wie die Deutschen im Allgemeinen legen viel Wert auf das Befolgen gesetzlicher Bestimmungen. Da das Land sehr dicht besiedelt ist, ist die Einhaltung von Vorschriften im Alltag eine Grundvoraussetzung für das friedliche gesellschaftliche Miteinander. Dies fängt bei der Beachtung von Park- und Halteverboten sowie Ampelsignalen im Straßenverkehr an, geht weiter beim korrekten Schlangestehen an der Kasse oder am Eingang von Kulturstätten wie Konzertsälen und Museen bis hin zur Beachtung der vorgeschriebenen Ruhezeiten, wo etwa das Verursachen von Lärm (zum Beispiel durch laute Musik, Staubsaugen oder sehr lautes Sprechen) zu bestimmten Uhrzeiten verboten ist.
2. Pünktlichkeit ist kein Klischee
Weltweit gelten die Deutschen als besonders zuverlässiges und pünktliches Volk. Dies ist kein reines Klischee, sondern Realität. Wer beispielsweise einen Termin im Spa macht oder einen Tisch im Restaurant gebucht hat, sollte pünktlich erscheinen, andernfalls verfällt die Beautybehandlung und die Essensreservierung. Selbst bei Einladungen zum Essen wird es keineswegs als unhöflich empfunden, wenn man als Gast etwas zu früh erscheint. Auch öffentliche Nahverkehrsmittel sind in der Regel sehr pünktlich, so dass Reisende die Abfahrtzeiten ernst nehmen sollten, wenn sie ihr Ziel erreichen wollen.
3. Small Talk ist nicht besonders beliebt
Bayern sind wie die meisten Deutschen nicht sonderlich erpicht auf oberflächliche Gespräche mit Unbekannten. Sie unterhalten sich durchaus gerne mit Menschen, aber in der Regel über tiefgründigere Themen. So ist Politik durchaus etwas, über das man sich in einer Runde mit Kollegen oder neuen Bekannten unterhält. Anders als in vielen Ländern stellen politische Diskussionen kein Tabu dar. Sollten ausländische Touristen also merken, dass auf Small Talk schmallippig reagiert wird, so ist dies durchaus nicht unhöflich gemeint.
Mitunter könnte aber die deutsche Direktheit irritieren. Es ist üblich, seine Meinung ehrlich kundzutun, ohne dass böse oder beleidigende Absichten dahinterstecken. Die deutsche Kultur gehört zu den wenigen der Welt, in der eine Sachorientierung vorherrscht. Dazu gehört auch, Positives wie Negatives direkt an den Adressaten zu kommunizieren. Insbesondere Amerikaner müssen beispielsweise damit rechnen, dass sie auf die Frage „Wie geht’s dir?“ eine ehrliche Antwort erhalten.
4. Weltoffenheit ist nichts Besonderes
Da die Bayern selbst viel reisen und auch entlegene Winkel des Globus von ihnen besucht werden, ist es für die meisten nichts Besonderes, auf Amerikaner, Araber oder Asiaten in der Heimat zu treffen. Multikulturalität gehört gewissermaßen zum Alltag eines Bayern dazu. Insofern sollten Touristen das selbstverständliche weltläufige Verhalten gegenüber anderen Nationalitäten nicht mit Gleichgültigkeit verwechseln.
5. Privatsphäre wird groß geschrieben
So herzlich das bayerische Volk auch ist, als Fremder sollte man auch höfliche Distanz achten. Personen, die nicht zur Familie oder zum engen Freundeskreis gehören, sollte man weder umarmen noch Küsschen links und rechts geben. Auch wird es nicht geschätzt, wenn Gesprächspartner einem zu nahe kommen. Eine Ellbogenlänge Abstand zu wahren ist eine Faustregel, die man als Tourist in Deutschland kennen sollte. Es gilt überdies als vermessen, als Gast im Heim eines Bayern um eine Hausführung zu bitten. Generell trennen Bayern wie Deutsche sehr strikt zwischen Privatem und Beruflichen.
Das kann manchmal für Frustration sorgen, etwa wenn ausländische Gäste auf persönlich Einladung in Deutschland sind. Manche fühlen sich regelrecht allein gelassen und verstehen nicht, warum nicht ein komplettes Freizeitprogramm mit diversen Besichtigungen und persönlichem Reiseführer geboten wird. In der Regel wollen die deutschen Gastgeber nur die Möglichkeit des Rückzugs in die Privatsphäre ermöglichen. Als bayrischer Gastgeber ist es vor allem bei ausländischen Geschäftskontakten sinnvoll, ein gut ausgestattetes Hotel mit einem Fitness- und Wellnessbereich für seine Gäste zu buchen, damit diese sich zumindest dort selbst beschäftigen können.
6. Auch in Bayern ist Trinkgeld üblich
Vor allem Asiaten wundern sich manchmal, warum in so vielen Service-Bereichen, so zum Beispiel auch bei Taxifahrten, Trinkgeld gezahlt wird. Obwohl Restaurant- und Hotelpersonal in der Regel gut bezahlt wird, erhalten die Mitarbeiter zusätzlich ein Trinkgeld, wenn sie guten und verlässlichen Service geboten haben. „Als Faustformel gelten etwa zehn Prozent des Rechnungspreises“, weiß Christian Erb, Geschäftsführer der in Bayern renommierten Erbhotels-Gruppe.
Hier gilt aber noch etwas für Deutschland sehr Typisches: Ausnahmen bestätigen die Regel. So gibt man etwa in der Fast-Food- oder Systemgastronomie, also bei McDonalds und Co., üblicherweise kein Trinkgeld.
Und noch etwas: „Trinkgeld wird eher selten einfach auf den Tisch gelegt. Vielmehr rundet man beim Bezahlen der Rechnung einfach um den Betrag auf, den man bereit ist als Anerkennung für den Service zu bezahlen“, so Hotelexperte Erb weiter. Tip wird außerdem noch an Bars und bei Dienstleistern wie Friseuren oder Kosmetikern sowie bei Hotelpersonal gegeben.
7. Essensmanieren sind wichtig
In der Regel pflegen die Deutschen ihre Esskultur mit allem, was dazu gehört: also ein schön gedeckter Tisch mit Besteck, Servietten und den Getränken angepassten Gläsern. Dies gilt nicht nur für erstklassige Restaurants, sondern auch in Gaststätten und bei den Menschen zu Hause. Finger Food wird eher selten gereicht und die Mahlzeiten werden wirklich fast ausnahmslos mit Messer und Gabel gegessen. Das gilt selbst für die Pizza oder den Burger außerhalb von Schnellrestaurants.
Es ist auch üblich, zu warten, bis alle Teilnehmer am Tisch sitzen und zum Essen bereit sind. Für gewöhnlich gilt als Zeichen, mit dem Essen zu starten, ein „Guten Appetit“ oder der Gastgeber eröffnet dieses zum Beispiel, indem er allen am Tisch Sitzenden mit seinem Glas zuprostet. Und auch hier gibt es eine landestypische Besonderheit: Egal ob bei Bier, Wein oder Wasser: Sagt man in Deutschland „Prost“, so sieht man sich dabei in die Augen.
Auch die richtige Haltung am Tisch ist wichtig. So sollten die Hände möglichst immer auf der Essenstafel liegen, wobei Ellbogen nichts darauf verloren haben.
8. Toleranz ist „common sense“
Auch in Bayern wird die deutsche Toleranz sehr hoch gehalten. So ist Religions- wie Meinungsfreiheit und auch die freie sexuelle Orientierung ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Solange niemand Regeln bricht oder Grenzen überschreitet, kann jeder frei schalten und walten. Dieses Lebensgefühl schließt natürlich auch die Tatsache mit ein, dass den Touristen aus anderen Ländern Fettnäpfchen durchaus nachgesehen werden – vor allem dann, wenn die Menschen sehen, dass Gäste sich bemühen und deutsche Gepflogenheiten respektieren.