Skip to main content
Rechtliches

Diese Rechte gelten bei Bahnstreiks

© MKS, AdobeStock

Weil an Streiktagen das Personal fehlt, fallen oft viele Zugverbindungen aus. Auf den Bahnhöfen stranden schnell Tausende von Reisenden. Wer mit der Bahn reisen will, muss auch noch Stunden nach Streikende mit Ausfällen und Verspätungen rechnen.

Für Betroffene, ob im Nah- oder Fernverkehr, besteht bei Zugausfällen, beträchtlichen Verspätungen oder Anschlussversäumnissen auch bei Streiks ein Anspruch auf Entschädigung. Die Verbraucherzentrale gibt hierzu hilfreiche Tipps.

Was, wenn eine Fahrkarte für einen angekündigten Streiktag gebucht wurde?

Wenn feststeht, dass ein gebuchter Zug wegen des Streiks ausfällt, kann die Fahrkarte storniert werden und das dafür geleistete Geld in Form eines Gutscheins oder einer Erstattung zurückgefordert werden. Das gilt für die gesamte Reise, auch wenn nur ein Teil davon betroffen ist (beispielsweise, wenn von drei gebuchten Zügen nur einer ausfällt).

Bei vergangenen Streiks hat die Bahn zusätzliche Kulanzregelungen angeboten – zum Beispiel, dass Fahrkarten flexibel und ohne Zugbindung an einem anderen Tag genutzt werden können oder dass man Fahrkarten auch dann kostenlos zurückgeben kann, wenn ein angekündigter Streik ausfällt und die Fahrt trotzdem stattfindet. Beim nächsten Streik gelten diese Regelungen aber möglicherweise nicht mehr. Daher sollte man sich immer auf der Internetseite der jeweiligen Bahn informieren.

Nach Auskunft der Deutschen Bahn gegenüber Kundinnen und Kunden verjährt diese Möglichkeit der Nutzung der Fahrgastrechte formal erst nach einem Jahr.

Was tun, wenn man an einem Streiktag unterwegs ist?

Wenn ein Streik angekündigt ist oder bereits stattfindet, sollte man sich zunächst direkt bei dem betroffenen Bahnunternehmen informieren – also bei der Deutschen Bahn oder bei dem privaten Eisenbahnunternehmen, mit dem man reisen möchte. Im Falle eines Streiks versuchen die Unternehmen, auf ihren Internetseiten darüber zu informieren, auf welchen Verbindungen es zu Verspätungen oder Ausfällen kommt und welche Alternativen es gibt.

Erreicht man das Ziel mit der gebuchten Verbindung nicht, ist es ratsam, Belege zu sammeln, bevor man die Reise abbricht oder sich nach Alternativen umsieht:

  • Die Bahn rät, sich Verspätungszeiten immer vom Zugpersonal bestätigen zu lassen. Zu diesem Zweck hat das Unternehmen sogenannte Verspätungsbescheinigungen vorbereitet. Das kann allerdings mühsam sein, wenn bei einem Streik tausende Fahrgäste an einem Bahnhof festsitzen.
  • Ansonsten sollten Fotos von den Anzeigetafeln, auf denen die Verspätung oder der Ausfall des Zuges angezeigt wird, oder Screenshots von den entsprechenden Informationen in der App oder auf der Website des Eisenbahnunternehmens gemacht werden.

Mit diesen Belegen und einem ausgefüllten Fahrgastrechte-Formular des Bahnunternehmens kann die Reise dann im Internet oder in einem Servicecenter des Bahnunternehmens reklamiert werden. Die Deutsche Bahn beispielsweise bietet das Fahrgastrechte-Formular zum Download an. Mittlerweile ist es auch möglich, Entschädigungsansprüche für online gekaufte Fahrkarten direkt im DB Navigator oder über bahn.de zu stellen. 

Wie komme ich trotzdem an mein Ziel?

Im Nahverkehr hat die Deutsche Bahn in der Vergangenheit für ihre Fahrgäste Taxifahrten von größeren Bahnhöfen organisiert. Mitarbeitende der Bahn suchen dann mehrere Fahrgäste mit gleichem Fahrtziel, um jeweils ein Taxi zu füllen. Bei der Suche nach einem Taxi auf eigene Faust gibt es allerdings Einschränkungen – nicht jede Taxirechnung muss später von der Bahn übernommen werden.

Manchmal lädt die Bahn auch Kundinnen und Kunden ein, in Fernverkehrszüge einzusteigen – dann darf man im IC und ICE mitfahren. Achtung: Wenn die Bahn den Fernverkehr nicht für alle frei gibt, gelten Einschränkungen, wann man mit einer Nahverkehrskarte eigenmächtig in einen Fernverkehrszug einsteigen darf.

Es ist auch möglich, dass das Eisenbahnunternehmen von einigen Bahnhöfen aus Sammeltransporte mit Fernbussen organisiert.

Wer an einem Streiktag auf das eigene Auto umsteigt, sollte mehr Fahrzeit durch Staus einplanen. Kosten, die durch die Nutzung eines Autos entstehen, können nicht von der Bahn erstattet werden.

Wenn man an einem Bahnhof festsitzt und die Bahn einen nicht anderweitig an das Ziel bringen kann, muss die Bahn für eine Unterkunft sorgen und die Fahrt dorthin sowie am nächsten Tag zurück zum Bahnhof organisieren. Bei der Buchung eines Hotelzimmers in der Stadt auf eigene Faust sollte man sich unbedingt vorher bestätigen lassen, dass die Bahn an diesem Tag nicht mehr fährt und den Reisenden auch nicht bei der Übernachtung helfen kann. Um Hotelrechnungen später einreichen zu können, sollten diese aufbewahrt werden.

Was, wenn man wegen eines Streiks nicht zum Flughafen kommt?

Bei dieser Frage kommt es darauf an, wo das Ticket gebucht wurde. Bei Flügen mit einem sogenannten Rail-and-Fly-Ticket ist die Fluggesellschaft der Ansprechpartner. Denn die Bahnfahrt zum Flughafen und zurück ist Teil der Flugbuchung. Die Fluggesellschaft muss also für eine Ersatzbeförderung sorgen.

Wenn die Bahntickets für die An- und Abreise separat gebucht wurden und man am Streiktag nicht mit einer anderen Bahnverbindung zum Flughafen kommen kann, muss man sich selbst und auf eigene Kosten um Alternativen kümmern. Werden wegen des Streiks Hotelübernachtungen notwendig, müssen diese in der Regel selbst bezahlt werden. Auf jeden Fall sollte man sich vorher mit der Bahn in Verbindung setzen, um die Möglichkeiten abzuklären.

Wann hat man bei einem Streik Anspruch auf Entschädigung?

Kommt man wegen eines Bahnstreiks nicht pünktlich am Zielort an, kann je nach Verspätung ein Teil oder sogar der gesamte Fahrpreis zurückerstattet werden. Das regelt die EU-Fahrgastverordnung Nr. 2021/782.

Die Höhe der Entschädigung hängt davon ab, wie spät man am Zielort ankommt oder ob die Reise ganz abgebrochen wird. Ab 60 Minuten Verspätung am Zielort hat man Anspruch auf 25 Prozent des Fahrpreises, ab 120 Minuten auf 50 Prozent.

Bei einer Verspätung von mehr als 60 Minuten muss Reisenden das Eisenbahnunternehmen kostenlos Erfrischungen und Mahlzeiten in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit anbieten, sofern diese im Zug oder am Bahnhof verfügbar oder lieferbar sind. Wenn das Unternehmen nichts anbietet und die Reisenden selbst etwas kaufen, ist es wichtig, die Rechnungen aufzubewahren.

Neue Fahrgastrechte seit Juni 2023

Seit dem 7. Juni 2023 gilt die Neufassung der EU-Verordnung „über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr“. Danach entfällt der Anspruch auf Entschädigung, wenn die Verspätung oder der Ausfall auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die außerhalb des Einflussbereichs des Bahnunternehmens liegen. Der europäische Gesetzgeber hat jedoch klargestellt, dass Streiks nicht als außergewöhnliche Umstände gelten.

RECHTLICHES AdobeStock 268919276© hanohiki, AdobeStock

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe April 2024 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.