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Lieber Workation als Entsendung: So ist die Rechtslage für Unternehmen und Mitarbeitende

Die Arbeitswelt ist im Wandel. Mit der zunehmenden Digitalisierung und der Notwendigkeit, flexibel auf globale Herausforderungen zu reagieren, entstehen neue Arbeitsmodelle. Eines davon ist die Workation, eine Kombination aus Arbeit und Urlaub. Doch was bedeutet das für Arbeitnehmende und Arbeitgebende?

Eine wichtige Info vorab: Es gibt (noch) keinen Rechtsanspruch auf eine Workation. Dennoch wollen immer mehr Unternehmen aufgrund der hohen Nachfrage ihren Mitarbeitenden eine Workation ermöglichen und dafür entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen schaffen. Denn: Eine Workation muss mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden.

Die Annahme, dass es Arbeitgebende nicht betrifft, wenn man sich privat im Ausland aufhält, ist falsch. Denn wenn das Reiseziel auch zum Arbeitsplatz wird, wie es bei einer Workation der Fall ist, ist es aus arbeitsrechtlicher Sicht absolut notwendig, diesen während einer Workation zu definieren. Nur so ist ein Unternehmen rechtlich geschützt, wenn es zu unerlaubten Auslandsaufenthalten von Mitarbeitenden kommt.

Arbeitnehmende, die ohne Erlaubnis im Ausland arbeiten, können mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen konfrontiert werden. Rechtsgrundlage dafür ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers, das in der Gewerbeordnung (GewO) geregelt ist, und es ihm ermöglicht, den Arbeitsort zu bestimmen. Wenn Arbeitnehmende diesen Ort eigenmächtig ändern, kann das zu Abmahnungen oder sogar Kündigungen führen.

Transparenz und klare Richtlinien sind entscheidend

Um solche Situationen zu vermeiden, ist Transparenz entscheidend. Arbeitgebende sollten klar kommunizieren, was erlaubt ist und was nicht. Eine proaktive Kommunikation und klare Richtlinien können dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden und ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen.

Bei der Festlegung des rechtlichen Rahmens für eine Workation ist es wichtig, die Dauer des Aufenthalts zu berücksichtigen und die damit verbundenen rechtlichen Risiken sorgfältig abzuschätzen. Da die aufenthalts-, arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Voraussetzungen europa- und weltweit noch nicht ausreichend harmonisiert sind, ist eine vorherige Prüfung notwendig. Diese Aspekte sind aber immer vom konkreten Einzelfall abhängig.

Wer „A“ sagt, muss auch „B“ sagen

Ein einfacher Leitsatz, den viele Arbeitgebende übersehen, ist dieser: Wer „A“ sagt, musst auch „B“ sagen. Im Zusammenhang mit einer Workation bedeutet dies: Sobald ein Unternehmen eine Workation genehmigt, kommen für Arbeitnehmende Sorgfaltspflichten und für Arbeitgebende Fürsorgepflichten ins Spiel – auch dann, wenn die Workation von der Arbeitnehmnerin oder dem Arbeitnehmer privat initiiert wurde.

Diese betreffen neben dem Arbeitsrecht, auch Steuer- und Sozialversicherungsrecht sowie unter Umständen das Aufenthaltsrecht. Die Fragen, die bei letzterem gestellt werden müssen, sind: Wo befindet sich das Land (EU, EWR, Drittland) der Workation und welche Art von Tätigkeit wird ausgeübt? Ist für die Einreise ein Visum erforderlich? Welche Art von Visum ist erforderlich?

Viele Unternehmen beschäftigen Mitarbeitende, die nicht die EU-Staatsbürgerschaft besitzen. Wenn diese eine Beschäftigung innerhalb (und auch außerhalb) der EU annehmen, müssen die jeweiligen aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen geprüft werden. Zur Erinnerung: Die EU-Freizügigkeit gilt nur für EU-Bürgerinnen und -Bürger und nicht für Drittstaatsangehörige, die in der EU leben.

Steuerrechtlich geht es bei Workation vor allem darum, dass die Steuerpflicht in Deutschland verbleibt und Steuerpflichten des Arbeitgebers im Ausland vermieden werden. Hier müssen Unternehmen vor allem die 183-Tage-Regel und die Regelungen des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens des jeweiligen Ansässigkeitsstaates beachten. Findet die Workation innerhalb eines EU-Landes oder in einem Land mit Doppelbesteuerungsabkommen statt, ist die Workation in der Regel steuerrechtlich unproblematisch.

Wechsel ins SV-System des Workation-Ziels vermeiden

In puncto Sozialversicherung gilt vorab zu klären, ob Arbeitnehmende während einer Workation im Ausland weiterhin in der deutschen Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Unfall-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) versichert bleiben können. Ein Wechsel in ein ausländisches Sozialversicherungssystem wäre in den meisten Fällen wohl nicht im Interesse der beteiligten Parteien. Dieser geht in der Regel mit einem hohen bürokratischen Aufwand einher, der in keinem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis steht, insbesondere wenn die Workation nur über wenige Wochen andauert. Daher ist es ratsam, diesen Aspekt im Vorfeld sorgfältig zu prüfen und zu klären.

Arbeitnehmende, die dem deutschen Sozialversicherungssystem unterliegen und eine Workation innerhalb der EU, des EWR oder der Schweiz planen, benötigen eine A1-Bescheinigung. Diese Bescheinigung gewährleistet den Verbleib in der deutschen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Somit sind sie während der Workation im Gastland von der dortigen Sozialversicherungspflicht befreit und müssen keine doppelten Beiträge entrichten.

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Wichtig ist: Im Ausland beschäftigte Arbeitnehmende haben laut Sozialgesetzbuch Anspruch auf Gesundheitsleistungen über den Arbeitgeber, wenn sie während dieser Beschäftigung erkranken. Die Krankenkasse der versicherten Person muss dem Arbeitgeber die ihm entstandenen Kosten bis zu der Höhe erstatten, in der sie ihr im Inland entstanden wären.

Da die Krankenkassen keinen Krankenrücktransport zahlen und auch nicht immer die vollen im Ausland entstandenen Kosten übernehmen, lohnt sich bei einer Workation immer der Abschluss einer Auslandskrankenversicherung, die auch bei beruflichen Auslandsaufenthalten leistet.

So lange kann eine Workation dauern

Die Dauer einer Workation können Unternehmen prinzipiell frei festlegen. So gibt es Firmen, die maximal 15 Tage pro Jahr ermöglichen – und dann auch nur innerhalb der EU. Andere ermöglichen Workations weltweit und pro Land mit bis zu zwanzig Tagen Aufenthalt. Oftmals wird dies verbunden mit einem Ausschluss von „Ketten-Workations“ – beispielsweise zwanzig Tage Thailand, gefolgt von zwanzig Tagen Laos und zwanzig Tagen Bali und so weiter. Darüber hinaus haben die meisten Unternehmen eine „Blacklist“ für Workations definiert, unter die Länder mit hohen geopolitischen Risiken fallen (zum Beispiel Israel, Iran, Ukraine). 

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe April 2024 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.