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Weltweit

Downhill mit dem Mountainbike auf der Todesstraße in Bolivien: Ein Erfahrungsbericht

Ein berühmtes Bild, was sicherlich jeder kennt, der die Todesstraße schonmal mit dem Mountainbike gefahren ist. © Steffi Hochgraef

Gastbeitrag von Steffi Hochgraef

Die Todesstraße in Bolivien, auch bekannt als Camino de la Muerte, ist ein Ort, der Abenteuerlustige und Adrenalinjunkies gleichermaßen anzieht. Früher als gefährlichste Straße der Welt berüchtigt, bietet sie heute eine spektakuläre Kulisse für Mountainbike-Touren. In einem Erfahrungsbericht erzählt Steffi Hochgraef, wie sie die Abfahrt auf der Todesstraße erlebt hat.

Bolivien liegt im Zentrum Südamerikas und ist eines der höchstgelegensten Länder der Erde.

Der Westen Boliviens wird von den Anden durchzogen, die das Land geographisch gliedern. Im Westen liegt die Gebirgskette (Cordillera) mit dem bis zu 5.000 Meter hohen Altiplano, im Osten die subtropischen Yungas (eine Region aus zwei langgestreckten Tälern, die parallel am Ostrand der Cordillera verlaufen und den Übergang vom Andenhochland zum tropischen Tiefland mit dem Amazonas-Regenwald bilden) und im Osten das tropische Tiefland. Bolivien ist eines der landschaftlich an Artenvielfalt, Kultur und Bodenschätzen reichsten Länder und war für mehr als zwei Jahre meine Wahlheimat. Vor allem für Aktivurlaubende bietet es einen ganz besonderen Nervenkitzel: die Abfahrt mit dem Mountainbike auf der „Death Road“, der Todesstraße.

Was ist die Todesstraße und ist sie wirklich so gefährlich wie ihr Name?

Die Todesstraße wurde schon zu Zeiten der Inkas benutzt, war aber eher ein Trampelpfad. In den 1930er Jahren wurde sie dann zu einer Straße ausgebaut, auf der viele Arbeiterinnen und Arbeiter ihr Leben verloren. Auch der zunehmende Verkehr, der sich entlang der Strecke am Rande des Abgrunds bewegte und zu zahlreichen, meist tödlichen Unfällen führte, gab der Straße den Namen „Todesstraße“ oder im Spanischen: Camino de la Muerte. Für Touristinnen und Touristen ist sie die „Straße des Todes“. Sie ist rund 80 Kilometer lang und führt von den Anden hinunter in die nördlichen Yungas, das tropische Tiefland Boliviens.

Als die Straße noch die Hauptverbindung zwischen dem Hochland und dem Tiefland war, war sie auf jeden Fall gefährlich. Denn sie führt am Abgrund entlang. An vielen Stellen ist sie sehr eng. Zumindest dann, wenn sich zwei Autos oder Minibusse in entgegengesetzter Richtung begegnen. Deshalb kam es im Laufe der Zeit immer wieder zu Unfällen mit vielen Toten. Heute wird die Strecke eigentlich nur noch von Mountainbikern genutzt. Seit 2007 gibt es eine asphaltierte, zweispurige Straße und so ist die Todesstraße zu einer Touristenattraktion geworden. Und wenn sie immer noch so gefährlich wäre, würden sich bestimmt nicht so viele Leute wie ich hinunterstürzen. Nun gut, wenn man sehr unsicher ist, sollte man sich überlegen, ob sich der Nervenkitzel lohnt, denn die Straßenverhältnisse sind sehr unterschiedlich und im Grunde ist das Treten nur bedingt notwendig - die Bremse ist der beste Freund.

So läuft eine Tour auf der Todesstraße ab

Im Zentrum von La Paz gibt es zahlreiche Anbietende von Touren auf der Todesstraße. Diese befinden sich hauptsächlich in der Saganarga, einer bekannten „Einkaufsmeile“ im Zentrum der Stadt. Zu Coronazeiten, die das Land hart getroffen haben, waren die Gruppen für Mountainbike-Touren sehr klein. Das lag natürlich daran, dass man als Touristin oder Tourist nicht nach Bolivien einreisen durfte. Als ich mit drei Freunden die Tour 2022 gemacht habe, sah das schon ganz anders aus – wir waren stolze zwanzig Leute. Das ist schon eine ganze Menge, vor allem, weil das Fahrniveau bei so einer großen Anzahl sehr unterschiedlich sein kann.

Die Preise variieren zwischen 250 und 450 Bolivianos, das sind umgerechnet zwischen 30 und 60 Euro. Wenn man aus dem Ausland bucht, sind die Preise oft deutlich höher als vor Ort. Im Preis enthalten ist neben der Ausrüstung, die aus einer robusten Hose, Jacke, Helm und Handschuhen besteht, auch die Verpflegung und natürlich die Hin- und Rückfahrt nach La Paz im Minibus. Denn der Start ist nicht im Zentrum von La Paz und zurück geht es mit dem Mountainbike zum Glück auch nicht. Das würde sicher mehr als einen Tag dauern und an körperlicher Erschöpfung scheitern.

Die Höhenmeter sind keinesfalls zu unterschätzen und nicht jede oder jeder ist so konditioniert. Gerade wenn man noch nicht lange in diesen Höhen unterwegs ist, kann das dem Körper einiges abverlangen.

WELTWEIT IMG 1667Alle voll ausgerüstet für die Abfahrt. Jetzt kann es losgehen! © Steffi Hochgraef

Vom kalten Hochland ins tropische Tiefland

Start ist in der Regel bei der Agentur im Stadtzentrum. Dort warten ein oder mehrere Kleinbusse auf die Abenteuerlustigen. Da man in Bolivien immer wieder mit Streiks, den sogenannten „Paros“, rechnen muss, kann sich schon die Fahrt zum Startpunkt in die Länge ziehen. Aber wenn man erst einmal länger in La Paz ist, nimmt man es gelassen. Ändern kann man es sowieso nicht. 

Auf der Cumbre geht’s los. So nennt man in La Paz den Berg, der das „Tor“ zu den Yungas bildet. Hier ist man auch über 4.000 Meter hoch. Jede Person bekommt seine Ausrüstung. Vor allem warme Hosen und Jacken sind am Anfang nötig, denn auf 4.000 Metern ist es ziemlich kalt. Je tiefer man kommt, desto mehr Kleidung wird ausgezogen. Die ganze Zeit über begleitet mindestens ein Kleinbus die Gruppe, in dem die Sachen deponiert werden. Die Strecke von dort bis zum Ziel beträgt etwa 65 Kilometer.

Erste Etappe in ordentlicher Höhe

Die erste Etappe führt über eine asphaltierte Straße. Nachdem man sich ein wenig an sein Fahrrad gewöhnt hat und Gruppen- und Einzelfotos gemacht wurden, geht es los. Vorsicht ist hier geboten und vor allem sollte man relativ dicht an den Leitplanken bleiben, da die vorbeifahrenden Autos und Lastwagen nicht immer einen Sicherheitsabstand lassen. Hier ist man schnell unterwegs und sollte sich immer nach vorne orientieren. Auch wenn die Landschaft, wenn man sie noch nicht selbst mit dem Auto befahren hat, beeindruckend ist.

WELTWEIT IMG 2504Auf dem Altiplano kurz hinter der Cumbre geht es auf der asphaltierten Straße hinab. © Steffi Hochgraef

Nachdem man sich dem Geschwindigkeitsrausch hingegeben hat, geht es irgendwann seitlich durch einen Tunnel. Hier bekommt man einen ersten Eindruck davon, was es heißt, auf einer Schotterstraße zu fahren. Dann geht es noch ein kurzes Stück mit dem Bus weiter, die Räder werden verladen. Wer möchte, kann an den zahlreichen kleinen „tiendas“ noch einen Snack oder ein Getränk für wenig Geld erwerben, bevor es zum Ausgangspunkt auf der eigentlichen Todesstraße geht. Hier ist es schon deutlich kühler und wärmer, so dass man sich von einigen Kleidungsstücken trennen kann.

Abwärts ins grüne Tiefland

Nach einem kleinen Frühstück geht‘s los. Auf der Todesstraße herrscht Linksverkehr, wer talwärts fährt, muss links fahren. Das heißt, wir fahren immer auf der Seite des Abgrunds. Warum ist das so? Wenn man links fährt, kann man besser um die Ecken der Felswände sehen. Ein weiterer Grund war damals, dass die Fahrzeuge, die bergauf in Richtung La Paz fuhren und meist schwer beladen waren, auf der bergseitigen Straßenseite fahren sollten, da diese besser befestigt war. Diese Regel hat bis heute Bestand und so ist der Abgrund ein ständiger Begleiter.

Vorbei an tiefen Schluchten und Wasserfällen und auf relativ guten Wegen werden die Höhenmeter immer weniger. Eines ist sicher, es wird immer grüner. Überall werden Fotos gemacht, auch in der Gruppe, und dann ist man endlich am Ziel. Die Finger tun ein bisschen weh vom vielen Bremsen, aber alles in allem ist es ein Riesenspaß. 

Glücklicherweise ist niemand gestürzt. Zu Stürzen kann es kommen, wenn man zu stark oder zu abrupt bremst oder wenn man übermütig wird. Einige Kurven, in denen es zu Stürzen kam, haben deshalb von den Tourguides schon Namen bekommen. Eine heißt „Sacar dientes“, was so viel heißt wie „Zähne ziehen“. Hier ist eine Radfahrerin einmal böse gestürzt und hat ein paar Zähne dabei verloren. Deshalb haben die Helme jetzt wohl auch vorne einen großen Metallschutz.

WELTWEIT IMG 1728Hier zeigt sich das Tiefland in seiner grünen Pracht. © Steffi Hochgraef

Am Ziel angekommen

Schneller als erwartet, zumindest für mich, erreichten wir unser Ziel. Dort wird eine Pause eingelegt, die Räder werden gewaschen und wieder auf die Autos verladen und es geht weiter zum Hotel „Vista Verde“, wo das Mittagessen auf uns wartete. Alle Touranbietenden haben hier den Mittagsstopp. Wer Lust hat und zufällig auch Badesachen im Gepäck dabei hat, kann sich in die Pools der Hotelanlage gleiten lassen oder die Turborutsche ausprobieren. Mit dem Minibus geht es schließlich in einer mindestens dreistündigen Fahrt zurück in die Stadt.

Für uns war es ein tolles Erlebnis, vor allem weil das Wetter ganz auf unserer Seite war und der Blick über die grünen Baumwipfel einfach atemberaubend ist. Bei Sonnenschein wird das Ganze natürlich noch intensiver. Gefährlicher kann die Abfahrt werden, wenn sich die Regenzeit von ihrer unangenehmsten Seite zeigt. Dann kommt es an einigen Hängen zu Erdrutschen und auch der Untergrund ist deutlich rutschiger.

Für Abenteuerlustige ist die Todesstraße ein einmaliges Erlebnis, denn wann hat man schon einmal die Möglichkeit, innerhalb weniger Stunden mit dem Fahrrad durch verschiedene Klimazonen zu fahren?

Reisetipps Bolivien

Das vielfältige Bolivien bietet einzigartige Erlebnisorte, vor allem für Aktivurlaubende. Oft ist das Land ein Durchreiseland für Touristinnen und Touristen, die es nach Peru oder Chile weiterzieht. Diese besuchen meist den Salar de Uyuni, den größten Salzsee der Erde, der im Südwesten Boliviens auf einer Höhe von 3653 Metern liegt. Für mich einer der beeindruckendsten Orte der Welt. Von dort aus gibt es viele Tourmöglichkeiten zu farbigen Lagunen, Geysiren und einer unglaublichen Landschaft.

Interessierte können gerne mal auf meinem Blog vorbeischauen und sich für ihre bevorstehende Bolivienreise Inspirationen suchen. 

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Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe März 2024 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

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