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Deutschland ist Spitzenreiter in Europa bei Flugausfällen im Flugjahr 2023

© Ekaterina Pokrovsky, AdobeStock

In Deutschland wurden 2023 prozentual die meisten Abflüge in Europa gestrichen. Damit ist das Land Spitzenreiter innerhalb Europas. Besonders Lufthansa und Eurowings haben überdurchschnittlich viele Flüge gestrichen.

Sogar vier deutsche Flughäfen sind unter den sieben Flughäfen mit den meisten Annullierungen vertreten. Hinzu kommt noch, dass viele Fluggesellschaften Entschädigungen nur schleppend auszahlen. Das ergab eine Untersuchung von Flightright, dem Verbraucherportal für die Durchsetzung von Fluggastrechten.

Nach dem Flugchaos-Jahr 2022 haben viele Flugreisende in 2023 auf Besserung gehofft. Zwar blieb ein ähnliches Chaos wie im Sommer 2022 aus, doch die aktuelle interne Datenauswertung von Flightright zeigt, dass lange Wartezeiten und Flugausfälle vor allem in Deutschland auch 2023 an der Tagesordnung waren. Bereits in den Auswertungen von Flightright im ersten Halbjahr 2023 lag Deutschland auf dem ersten Platz bei der Anzahl der Flugannullierungen. Dies hat sich, bezogen auf das gesamte Jahr, nicht geändert. Prozentual wurden über das gesamte Jahr mehr Flüge gestrichen als im Vorjahr. Dr. Jan-Frederik Arnold, Geschäftsführer von Flightright, erklärt, woran das liegt und wie es 2024 weitergehen könnte. 

In Deutschland werden europaweit die meisten Flüge storniert

Unangefochtener Spitzenreiter mit 1,91 Prozent stornierter Abflüge ist Deutschland, gefolgt von Frankreich (1,75 Prozent) und den Niederlanden (1,64 Prozent). Im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 6. Dezember 2023 lag die Quote der annullierten Abflüge aus Deutschland sogar etwas höher als im gleichen Zeitraum des Jahres 2022 (1,84 Prozent), in dem vor allem im Sommer in vielen Ländern Europas aufgrund von Personalmangel ein Flugchaos herrschte. Bei den Verspätungen ist der Unterschied zum Vorjahr zwar geringer, die Verspätungsquote bleibt aber hoch. 

Im Vergleichszeitraum 2022 hatten 22,42 Prozent der Abflüge aus Deutschland eine Mindestverspätung von 15 Minuten. Im Jahr 2023 waren es 23,21 Prozent.

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„Dass Deutschland bei den stornierten Abflügen die Spitzenposition einnimmt, kommt für mich wenig überraschend. Schuld daran ist zum einen der weiterhin gravierende Personalmangel bei Flughäfen und Airlines, zum anderen kam es über das Jahr verteilt zu vielen Streiks in der Luftfahrt und zuletzt zu wetterbedingten Einflüssen. Überraschend ist jedoch, dass im Vergleich zum Chaosflugjahr 2022 in diesem Jahr noch mehr Abflüge storniert wurden, und das, obwohl Flughäfen und Airlines Verbesserung gelobt haben. Die fälligen Entschädigungszahlungen an Flugreisende zahlen viele Airlines oft stark verspätet oder gar nicht und das ist mit sehr großem Aufwand und gerichtlichen Klagen verbunden“, so Dr. Arnold.

Deutsche Fluggesellschaften schneiden schlecht ab

Die Analyse der Fluggesellschaften zeigt, dass zwei der fünf Fluggesellschaften mit den prozentual meisten Stornierungen aus Deutschland kommen. Mit Lufthansa (1,96 Prozent) und Eurowings (1,93 Prozent) gehören beide zur Lufthansa Group. Bei den Verspätungen sticht vor allem Lufthansa hervor: 28,19 Prozent aller Abflüge und damit fast jeder dritte Flug hatte eine Verspätung von mindestens 15 Minuten. Low-Cost-Carrier (LCC) wie Ryanair oder auch Wizz Air schnitten damit besser ab als Premium-Airlines wie Lufthansa, KLM oder British Airways. Die Gründe für das schlechte Abschneiden der Airlines der Lufthansa Group sieht Dr. Arnold unter anderem „in den offensichtlichen internen Problemen und dem fortwährenden Mangel an Personal, was ein enttäuschendes Serviceerlebnis für die Reisenden mit sich bringt. Es scheint, als hätten die Airlines der Lufthansa Group Probleme, die grundlegende Qualität des Services zu liefern, die Flugreisende verdient hätten. An Drehkreuzen wie Frankfurt oder München kommt es zudem schneller zu Folgeproblemen bei Umsteigeverbindungen als bei den Punkt-zu-Punkt-Verbindungen der meisten Low-Cost-Anbieter. In Anbetracht der Rekordgewinne in diesem Jahr sollte die Lufthansa Group dringend Anpassungen vornehmen und in die Kundenzufriedenheit investieren.“

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Durch überzogene Sparbemühungen und die Unzufriedenheit vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe sich die einstige Vorzeige-Airline Deutschlands in eine Schieflage manövriert und viel Vertrauen bei den Fluggästen verspielt, meint Dr. Arnold.

Viel Chaos an deutschen Flughäfen

Vier der sieben europäischen Flughäfen, an denen im Jahr 2023 prozentual gesehen die meisten Flüge gestrichen wurden, befinden sich in Deutschland. Der Flughafen Düsseldorf schafft es mit 2,14 Prozent ausgefallener Flüge auf den unrühmlichen zweiten Platz, der Flughafen Berlin-Brandenburg verpasst mit 2,02 Prozent nur knapp das Treppchen und landet auf Platz vier. Bei rund einem Prozent Flugausfällen spricht man von einem normalen Verhältnis. Die Flughäfen Düsseldorf und Berlin-Brandenburg haben im Jahr 2023 also mehr als doppelt so viele Annullierungen wie üblich. Auch die Flughäfen München (1,97 Prozent) und Frankfurt (1,93 Prozent) weisen alles andere als zufriedenstellende Zahlen auf. Mit 3.645 Flugannullierungen im Jahr 2023 weist der Flughafen Frankfurt zudem in absoluten Zahlen nach den Flughäfen London (Heathrow) und Amsterdam die drittmeisten Annullierungen in Europa auf. Neben dem Passagier*innen Missmanagement vieler Airlines und Flughäfen sind vor allem die vielen Streiks unzufriedener Arbeitnehmender in der Luftfahrtbranche und der weiterhin scheinbar nicht in den Griff zu bekommende Personalmangel an allen Ecken und Enden mitverantwortlich für die vielen Stornierungen und Verspätungen an den Flughäfen.

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Unterschiedliche Entschädigungs­leistungen deutscher Fluggesellschaften

Wissen, was Recht ist: Nach EU-Recht steht Passagieren eine Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro zu, wenn sie mehr als drei Stunden verspätet an ihrem Reiseziel ankommen oder ihr Flug weniger als 14 Tage vor Abflug annulliert wurde. Dr. Arnold dazu: „Die Höhe der Entschädigung ist unabhängig vom Ticketpreis und basiert auf der Fluggastrechteverordnung. Durch die Geltendmachung entstehen Passagier*innen keinerlei Nachteile. Leider wissen viele Passagier:innen noch immer nichts von ihrem Recht auf Entschädigung. Genau hier setzt Flightright an und macht Betroffene auf ihr gutes Recht aufmerksam, setzen die Zahlungen für unsere Kund:innen durch – und ziehen dafür notfalls auch bis vor den Europäischen Gerichtshof.“

Die folgende Grafik zeigt das Zahlungsverhalten der europäischen Fluggesellschaften, die im Jahr 2023 Entschädigungszahlungen an Flightright zu entrichten hatten. Dabei lässt sich das Zahlungsverhalten der Airlines in drei Kategorien einteilen: vertretbare Zahler, langsame Zahler und Zahlungsverweigerer.

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Auffällig ist, dass das Zahlungsverhalten der deutschen Fluggesellschaften stark variiert. Während Eurowings ein gutes Zahlungsverhalten aufweist, liegen Lufthansa und Condor nur im Mittelfeld. Damit liegen die deutschen Fluggesellschaften fast gleichauf mit Billigfliegern wie Ryanair, die prozentual in mehr Fällen, aber langsamer als Lufthansa zahlen.

„Extreme Verspätungen oder Flugannullierungen können die gesamte Reiseorganisation der Passagier*innen ins Wanken bringen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass Fluggesellschaften die gesetzlich vorgeschriebenen Entschädigungen zügig und verlässlich leisten. Die Lufthansa muss sich in diesem Bereich weiterhin verbessern. Im vergangenen Jahr war sie unter den Zahlungsverweigerern gelistet und hat es in diesem Jahr gerade so in die Kategorie der langsamen Zahler geschafft“, so Dr. Arnold.

Flugprobleme sind auch im Jahr 2024 zu erwarten

Die Aussichten für die Nachfrage nach privaten und geschäftlichen Flügen im kommenden Jahr sind derzeit vielversprechend. „Ob sich der Flugverkehr tatsächlich weiterhin positiv entwickelt, hängt meiner Meinung nach stark von der allgemeinen wirtschaftlichen Situation und den zukünftigen Belastungen für die Verbraucher*innen ab. Ich gehe jedoch davon aus, dass Flugreisende auch im Jahr 2024 Geduld bei Flugreisen mitbringen müssen. Obwohl von einer Verbesserung der Personalsituation auszugehen ist, wird der Betrieb dennoch nicht reibungslos verlaufen. Darüber hinaus werden aufgrund der Inflation und der allgemeinen Unzufriedenheit der Arbeitnehmer:innen in der Luftfahrtbranche sehr wahrscheinlich weitere Streiks erfolgen. Es bleibt zu hoffen, dass Fluggesellschaften und Flughäfen aus den zahlreichen Fehlern der letzten Jahre gelernt haben, um den Flugverkehr im Jahr 2024 besser bewältigen zu können“, so Dr. Arnold abschließend. 

Videotipp: Flug verpasst wegen zu langer Wartezeit – diese Rechte haben Betroffene

Wenn die Sicherheitskontrolle am Flughafen zu lange dauert und dadurch der Flug verpasst wird, haben Fluggäste Anspruch auf Schadensersatz. Auslandsexpertin Anne erklärt in diesem Video, was es dabei zu beachten gilt.

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Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Februar 2024 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.