Nehmen Geflüchtete in Deutschland gehäuft zahnmedizinische Leistungen in Anspruch? Gesundheitswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Universität Bielefeld haben sich intensiv mit dieser Frage befasst.
Die Diskussion über die abgelehnten Asylbewerbenden und ihre Nutzung zahnärztlicher Leistungen im letzten Herbst führte zu Fragen über die Häufigkeit dieser Inanspruchnahme.
Die nun vorliegende Studie zeigt, dass Geflüchtete im Vergleich zur Gesamtbevölkerung deutlich seltener zahnärztliche Behandlungen erhalten.
Professor Dr. med. Kayvan Bozorgmehr, Leiter der Arbeitsgruppe Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften, erklärt, dass die Studie untersuchte, wie oft Asylbewerberinnen und -bewerber in Deutschland innerhalb eines Jahres einen Zahnarzt aufsuchten. Die Daten stammen aus der Querschnittstudie RESPOND von 2018, bei der 863 Geflüchtete in Baden-Württemberg und Berlin befragt wurden. 38,2 Prozent gaben an, in den letzten zwölf Monaten zahnmedizinisch behandelt worden zu sein, während 41,4 Prozent sagten, noch nie beim Zahnarzt in Deutschland gewesen zu sein.
82 Prozent der Deutschen wurden zahnmedizinisch behandelt
Im Vergleich dazu gaben laut der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ des Robert Koch-Instituts 82,2 Prozent der Gesamtbevölkerung an, in den letzten zwölf Monaten eine zahnärztliche Untersuchung gehabt zu haben. Die Daten zeigen einen erheblichen Unterschied zwischen Geflüchteten und der Gesamtbevölkerung auf.
Die Studie weist auf strukturelle Ungleichbehandlungen aufgrund des Asylbewerberleistungsgesetzes hin, das Zahnbehandlungen nur bei unaufschiebbaren medizinischen Gründen zulässt. Diese Beschränkungen stehen im Widerspruch zu Grundsätzen der Nicht-Diskriminierung und Menschenwürde. Die Forschenden betonen, dass die niedrige Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen bei Geflüchteten möglicherweise zu einem höheren Bedarf und Folgeerkrankungen führt, was langfristig zu höheren Gesundheitskosten führen könnte.
Um diese Fragen genauer zu klären, fordern die Forschenden eine verbesserte Datengrundlage zur Gesundheitsversorgung von Geflüchteten, um Ungleichheiten aufzudecken und eine faktenbasierte Diskussion zu fördern. Die Studie trägt zu aktuellen Forschungen im Bereich Unsicherheitsforschung bei und betont die Bedeutung einer sachlichen Auseinandersetzung mit Migration und Gesundheit.