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So können die Auswirkungen des Fliegens auf das Klima berechnet werden

© Frank Wagner, AdobeStock

Mit dem Online-Flugrechner von myclimate, einer gemeinnützigen Non-Profit-Organisation und Tochtergesellschaft der Schweizer Stiftung myclimate, können Klimaschutzinteressierte über die Plattform co2.myclimate.org kostenlos die Klimawirkung von Flugreisen berechnen und auf Wunsch im gleichen Umfang Klimaschutzprojekte finanzieren.

Die Plattform gibt es bereits seit etwa zwanzig Jahren und wurde kürzlich aktualisiert und erweitert.

Neben der Aktualisierung aller Emissionsfaktoren und der Validierung der Daten und des Berechnungsmodells wurden in der neuesten Version eine neue Sitzklasse, die zehn gängigsten Flugzeugtypen als Auswahlmöglichkeit sowie eine Anpassung der Gewichtung der kurzfristigen Effekte durch sogenannte Nicht-CO2-Emissionen vorgenommen. In regelmäßigen Abständen überprüfen die myclimate Expertinnen und Experten die Berechnungsgrundlagen der eigenen Emissionsrechner. Mit Hilfe von aktuellen wissenschaftlichen Studien (Lee et al. 2021, Akademie der Naturwissenschaften Schweiz, scnat 2021) und Daten aus der Luftfahrtindustrie wurde der beliebte Flugrechner einem Update unterzogen. Dies geschah zuletzt 2019. Grundsätzlich basiert der myclimate Flugrechner auf dem europäischen Standard im Transport (DIN EN16258) und entspricht der aktuell geltenden Norm.

Die wichtigsten Anpassungen auf einen Blick

  • Der RFI (Radiative Forcing Index) wurde von zwei auf drei erhöht. Der RFI drückt das Verhältnis aller klimawirksamen Effekte des Flugverkehrs als Multiplikator der CO2-Emissionen aus.
  • Neu hinzugekommen ist eine Premium Economy Class.
  • Eine Auswahl von zehn Flugzeugtypen für die in Europa und in der Welt am weitesten verbreiteten Kurz- und Langstreckenflugzeuge wurde hinzugefügt.

Was dies genau bedeutet

Aufgrund neuester Studien (Lee et al. 2021, scnat 2021) hat myclimate entschieden, den RFI von zwei auf drei anzuheben. Sogenannte Nicht-CO2-Effekte entstehen zum Beispiel durch den kurzfristigen Anstieg des troposphärischen Ozons als Folge von Stickoxid-Emissionen (NOx), die dadurch verursachten Kondensstreifen und die mögliche Bildung von Zirruswolken. Die genannten Studien empfehlen diesen Faktor, um die gesamte Klimawirkung des Luftverkehrs in CO2-Äquivalenten abzubilden, wenn die Betrachtung auf den für das Netto-Null-Ziel (2050) wichtigen Zeithorizont von dreizig Jahren bezogen wird. Durch die Anpassung werden nun historische und kurzfristige Effekte überproportional gewichtet. Sie entsprechen damit den myclimate-Richtlinien zur Berechnung der Klimawirkung und fließen nun entsprechend in die Berechnung der gesamten Klimawirkung von Flügen ein. Damit berücksichtigt der myclimate Flugrechner auch konsequent das Netto-Null-Ziel (2050).

Nebst der Anpassung des RFI ist mit Premium Economy eine neue Sitzklasse wählbar. Damit können Flugreisende im aktualisierten myclimate Flugrechner zwischen folgenden vier Sitzklassen wählen: Economy, Premium Economy, Business und First Class. Es gilt: Je besser die Sitzklasse, desto mehr Platz nimmt eine Passagierin oder ein Passagier im Flugzeug ein und desto weniger Passagierinnen und Passagiere können befördert werden.

Die dritte wesentliche Änderung besteht darin, dass der neue Flugrechner die Möglichkeit bietet, den verwendeten Flugzeugtyp gezielt und individuell einzugeben. Dies führt, falls gewünscht, zu einer noch individuelleren Berechnung der tatsächlichen Flugemissionen. Zur Auswahl stehen die zehn Flugzeugtypen, die am häufigsten im europäischen und weltweiten Luftverkehr eingesetzt werden. Ist der Flugzeugtyp nicht bekannt oder nicht im Auswahlmenü des Flugrechners aufgeführt, kann die Klimawirkung wie bisher über die hinterlegten durchschnittlichen Standarddaten für Kurz- und Langstreckenflüge berechnet werden.

Was die Berechnungsgrundlagen für den Flugrechner sind, erfahren Interessierte hier.

AIRLINES Klimawirkung Flugreisen

Auswirkungen auf die Ergebnisse der Berechnung der Klimawirkung 

Insbesondere die Erhöhung des RFI auf Faktor drei beeinflusst die Höhe der berechneten Klimawirkung maßgeblich. In den bisherigen Versionen des myclimate Flugrechners wurde der RFI-Faktor aufgrund der damaligen Quellenlage auf zwei gesetzt. Myclimate ist sich bewusst, dass durch die Verwendung dieses Faktors das Verhältnis zwischen CO2-Emissionen und der gesamten Klimawirkung nur abgeschätzt werden kann.

Gleichzeitig tragen die aktualisierten Daten der Flugzeugflotten aufgrund der moderneren und effizienteren Technik in diesem Berechnungsbereich zu vergleichsweise tieferen Flugemissionen bei. So erhöhen sich beispielsweise die CO2-Emissionen für einen Hin- und Rückflug von Zürich nach New York, Flughafen JFK in der Economy Class von 2,0 Tonnen in der Vorgängerversion auf 2,3 Tonnen mit dem aktuellen Flugrechner.

„Wir sind bestrebt mit unseren Onlinerechnern Werkzeuge frei verfügbar zu machen, welche auf nutzerfreundliche Art möglichst genaue Aussagen zur Klimawirkung bestimmter Aktivitäten treffen können. Die neue Version des Flugrechners bildet einzelne Flugszenarien noch genauer ab und setzt deren Wirkung in klare Relation zu den Netto-Null-Zielen. Mit dem Ergebnis sind wir überzeugt, eine genaue, dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechende und dabei einfach zu erlangende Berechnung der Klimawirkung von Flügen für interessierte Privatpersonen und Unternehmenskunden anbieten zu können“, sagt Martin Lehmann, zuständiger Fachexperte bei myclimate.

Das Projekt wurde bei myclimate federführend von Martin Lehmann, Senior Consultant Footprint Analyse, Alina Schmidt, Consultant Product Solutions, und Maren Heltsche, Senior Web Developer, geplant und umgesetzt.

So wirken Flugemissionen

Flüge weisen im Vergleich zu anderen Fortbewegungsmitteln eine Besonderheit auf: Sie finden in Höhen von 9.000 bis 13.000 Metern Höhe statt. Dort ist die Atmosphäre besonders sensibel. Abgase, die Flugzeuge in dieser Höhe ausstoßen, haben neben CO2-Emissionen noch weitere Auswirkungen auf das Klima: sogenannte Non-CO2-Effekte. Die Klimaschutzorganisation atmosfair, die ihren Schwerpunkt auf das Thema Reisen gelegt hat, gibt Informationen zu den Klimawirkungen von Flügen. Die Organisation betreibt aktiven Klimaschutz, unter anderem mit der Kompensation von Treibhausgasen durch erneuerbare Energien.

Nicht-CO2-Effekte eines Fluges

Zu den Nicht-CO2-Effekten eines Fluges gehören im Allgemeinen diese folgenden Effekte:

Kondensstreifen

Unter bestimmten atmosphärischen Bedingungen können sich aus den heißen, partikelreichen Abgasen von Flugzeugen Kondensstreifen bilden. Die atmosphärischen Bedingungen für die Bildung von Kondensstreifen hängen von der Feuchte und Temperatur der Umgebungsluft und damit von der Jahreszeit ab. Die Klimawirksamkeit von Kondensstreifen wird neben ihrer Lebensdauer und optischen Eigenschaften auch durch die Reflektivität des Untergrundes und die Tageszeit bestimmt. Über einen längeren Zeitraum und global gemittelt ist die Klimawirkung der Kondensstreifen etwa so groß wie die der CO2-Emissionen des Flugverkehrs.

Stickoxide (NOx)

Stickoxide beeinflussen die lokale Ozonkonzentration (analog zur früheren Ozonsmogbildung in Städten) und in einem weiteren Schritt die Methankonzentration in der Atmosphäre (Methanabbau). Beide Effekte haben gegenläufige Klimawirkungen (erwärmend und abkühlend), wobei insgesamt der Erwärmungseffekt deutlich überwiegt. Auch hier gilt wie bei den Kondensstreifen die Faustregel, dass der Nettoerwärmungseffekt der Stickoxide eines Fluges insgesamt etwa so groß ist wie der des CO2 allein. 

Weitere Komponenten

Wasserdampf führt aufgrund seiner kurzen Verweildauer in der Atmosphäre nur zu einer geringen Erwärmung. Ruß führt unabhängig vom oben genannten Einfluss auf die Kondensstreifenbildung zu einer Erwärmung, während Sulfatverbindungen abkühlend wirken. Grob betrachtet heben sich die Erwärmungseffekte dieser Effekte weitgehend gegenseitig auf.

Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima

Neben den direkten Treibhausgasemissionen hat der Luftverkehr also weitere klimaschädliche Auswirkungen durch Wolkenbildung und andere chemische Prozesse (Nicht-CO2-Effekte), die durch die alleinige Betrachtung der CO2-Emissionen aus der Kerosinverbrennung nicht erfasst werden. Eine im Jahr 2020 veröffentlichte Studie von ScienceDirect schätzt, dass die gesamte klimaschädliche Wirkung des Luftverkehrs im globalen Durchschnitt und bei gleichbleibendem Wachstum des Luftverkehrs etwa dreimal so hoch ist wie die der CO2-Emissionen alleine.

Auch Stickoxide (NOx), Wasserdampf, Ruß, Aerosol- und Sulfat-Aerosolpartikel, die von Flugzeugen ausgestoßen werden, wirken sich auf das Klima aus. Darüber hinaus bilden sich beim Fliegen Kondensstreifen und Kondensstreifen-Zirren, also Wolken aus Eiskristallen, die von Flugzeugtriebwerken in großer Höhe erzeugt werden können. Dadurch können sowohl erwärmende als auch abkühlende Effekte entstehen.

So können Stickoxide beispielsweise zur Bildung von Ozon führen, das die Atmosphäre erwärmt. Sie können aber auch zum Abbau von Methan in der Atmosphäre beitragen, was einen kühlenden Effekt hat. Einen direkten Erwärmungseffekt haben Wasserdampf und Rußpartikel, die Sonnenlicht absorbieren. Sulfatpartikel können kühlend wirken, indem sie Sonnenlicht aus der Atmosphäre abschirmen. Außerdem können Aerosolpartikel zur Bildung von Kondensstreifen und Schleierwolken führen. Kondensstreifen fangen Infrarotstrahlung in der Atmosphäre ein und wirken dadurch erwärmend. Sie reflektieren zwar Sonnenstrahlung zurück in den Weltraum und können damit kühlend wirken, aber der wärmende Effekt ist stärker. Schleier- oder Zirruswolken aus Eiskristallen absorbieren die Sonnenstrahlung und führen zu einer Erwärmung der Atmosphäre. 

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Januar 2024 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.