Kurz vor dem Urlaub oder während des Urlaubs krank zu werden, passiert vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Livia Merla, Fachanwältin für Arbeitsrecht, erklärt, wie man die durch eine akute Erkrankung versäumte Urlaubszeit nachholen kann.
Durch den Stress der Urlaubsvorbereitungen und die Strapazen der Reise ist das Immunsystem oft geschwächt. Hinzu kommt, dass man unterwegs - sei es am Bahnhof, am Flughafen oder im Hotel - mit einer Vielzahl von anderen Menschen in Kontakt kommt und dadurch vermehrt Krankheitserregern, wie zum Beispiel Erkältungsviren ausgesetzt ist.
Urlaubstage verfallen nicht einfach
Die gute Nachricht: Die Urlaubstage gehen nicht einfach verloren, wie Livia Merla erläutert: „Wenn ich per Attest nachweisen kann, dass ich im Urlaub wirklich arbeitsunfähig war, werden die betroffenen Tage nicht vom jährlichen Urlaubsanspruch abgezogen.“
Wichtig sei jedoch, den Arbeitgebenden bereits während des Urlaubs unverzüglich über die Erkrankung zu informieren und diese ab dem ersten Krankheitstag ärztlich bescheinigen zu lassen. Auf keinen Fall, so die Expertin, dürfe die krankheitsbedingt versäumte Zeit einfach an den laufenden Urlaub angehängt werden. „Zu welchem Zeitpunkt die verlorenen Urlaubstage nachgeholt werden können, muss mit dem Arbeitgeber abgesprochen beziehungsweise durch diesen genehmigt werden.“
Ausländische Bescheinigung muss deutschen Standards genügen
Im Falle einer Erkrankung während einer Auslandsreise ist darauf zu achten, dass aus dem vor Ort ausgestellten ärztlichen Attest sowohl die Arbeitsunfähigkeit als auch der genaue Zeitraum der Erkrankung eindeutig hervorgehen. Kann die Rückreise krankheitsbedingt nicht rechtzeitig angetreten werden, muss der Arbeitnehmende laut Expertin auch zum Zeitpunkt der Rückreise noch krankgeschrieben sein. „Wenn das Attest nicht den deutschen Standards genügt, kann es angezweifelt werden“, so Livia Merla.
Hinzu kommt, dass das Gesetz nur dann vorsieht Urlaubstage zu retten, wenn man selbst erkrankt ist. „Es gibt keinen Anspruch auf sogenannte Kinderkrankentage während des Urlaubs. Das heißt, Urlaubstage, die durch die Pflege kranker Kinder verloren gehen, werden ganz normal verbraucht“, erklärt die Juristin. Wer während des Abbaus von Überstunden krank wird, hat leider auch keinen Anspruch darauf, diese Stunden oder Tage vom Arbeitgebenden zurückzubekommen - selbst, wenn ein ärztliches Attest die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.
Den Urlaub trotz Krankheit antreten?
Und wie sieht die Gesetzeslage aus, wenn man bereits vor dem Urlaub erkrankt? Darf man trotz Krankschreibung verreisen oder gilt es in jedem Fall daheim das Bett zu hüten? „Bei bestehender Erkrankung ist ein Reiseantritt Ermessenssache“, so die Expertin. „Ist die Reise für die Genesung förderlich, zum Beispiel ein entspannender Aufenthalt am Meer bei Atemwegserkrankungen, spricht nichts dagegen.“ Abzuraten sei hingegen von einem „Partyurlaub“ – hier könne der Arbeitgebende eher argumentieren, dass dieser einer Genesung entgegenstehe. Darüber hinaus empfiehlt Livia Merla: „Wenn ich trotz Arbeitsunfähigkeit eine Reise plane, sollte ich frühzeitig und offen mit meinem Arbeitgebendem darüber sprechen, um Missverständnissen und etwaigen späteren Konflikten vorzubeugen.“
Video-Tipp: Krankmeldung im EU-Ausland: Das ist zu beachten
Eine Krankmeldung muss vom Arbeitgebendem und der Krankenkasse in Deutschland anerkannt werden, auch wenn der Arbeitnehmende im Ausland lebt.
Die Krankmeldung - oder, wie es fachlich korrekt heißt, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - ist eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit einer fest angestellten Person. Diese Bescheinigung muss spätestens am dritten Tag der Krankmeldung dem Arbeitgebendem vorliegen.
Neben dem Arbeitgebendem sollte auch die Krankenkasse eine Kopie der Krankmeldung erhalten, damit sie den Anspruch auf Entgeltfortzahlung prüfen kann. Weitere Infos erhalten Sie in diesem Video.