Urteil des BGH: Fluggesellschaften dürfen keine Mehrkosten bei Ersatzflügen verlangen
Der Bundesgerichtshof hat in einem richtungsweisenden Urteil festgestellt, dass Fluggesellschaften nicht berechtigt sind, von Fluggästen, die eine Annullierung ihres Fluges hinnehmen mussten, die Kosten für eine anderweitige Beförderung zu verlangen. Die Fluggäste können nun selbst entscheiden, wann sie einen kostenlosen Ersatzflug in Anspruch nehmen möchten, sofern ausreichend Plätze zur Verfügung stehen.
Claudia Brosche, Expertin für Fluggastrechte bei Flightright, kommentierte das Urteil, welches maßgeblich der Verbraucherzentrale zu verdanken ist.
„Flugreisende sind bereits durch die Stornierung ihres ursprünglichen Fluges erheblich benachteiligt. Die Tatsache, dass die Lufthansa eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt nur gegen zusätzliche Kosten angeboten hat, ist empörend. Bereits vor dem Urteil des BGH handelte die Lufthansa in vollständigem Widerspruch zu geltenden Gesetzen, insbesondere zur Fluggastrechteverordnung. Das aktuelle Urteil gibt Flugreisenden mehr Flexibilität bei der Auswahl von Ersatzflügen und stärkt ihre Rechte“, so Brosche.
Nach der Fluggastrechteverordnung müssen Fluggesellschaften bei Annullierung ihres eigenen Fluges kostenlose Ersatzflüge anbieten und den Fluggästen die Möglichkeit geben, entweder zum nächstmöglichen Zeitpunkt oder zu einem anderen Zeitpunkt zu reisen. Im vorliegenden Fall (Az. X ZR 50/22) hatte die Lufthansa im März und April 2020 mehrere Flüge wegen der Coronapandemie gestrichen.
Als zwei Fluggäste ihre Flüge auf spätere Termine umbuchen wollten, verlangte die Lufthansa einen Zuschlag. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen klagte dagegen, nachdem sie in den Vorinstanzen gescheitert war. Der Bundesgerichtshof entschied jedoch anders und untersagte der Fluggesellschaft die Fortsetzung dieser Praxis.
Weitere aktuelle Urteile zu Fluggastrechten
EuGH-Urteil: Fluggäste haben Anspruch auf Ausgleichszahlung bei technischen Problemen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass Fluggäste bei erheblichen technischen Problemen eines Flugzeugs Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben. Unabhängig von der Fluggesellschaft und dem betroffenen Flug müssen Reisende nach der EU-Fluggastrechteverordnung bei einer Flugverspätung von mehr als drei Stunden entschädigt werden.
Oberlandesgericht Stuttgart: Kein Anspruch auf Ausgleichszahlung bei außergewöhnlichen Umständen
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Fluggäste keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben, wenn außergewöhnliche Umstände zur Annullierung oder Verspätung eines Fluges geführt haben. Solche Umstände können beispielsweise Naturkatastrophen, politische Unruhen oder Streiks sein, die den normalen Flugbetrieb erheblich beeinträchtigen. Die Fluggesellschaften sind in diesen Fällen von der Zahlung einer Ausgleichsleistung befreit.