Neuregelung zu Homeoffice im Ausland bietet Arbeitnehmenden mehr Sicherheit in puncto Sozialversicherung
Seit dem ersten Juli 2023 gibt es ein neues multilaterales Abkommen zum Homeoffice im Ausland – konkret zu grenzüberschreitender Telearbeit unter Anwendung von Artikel 16 Absatz 1 VO (EG) 883/04.
Zum Hintergrund: Während der Corona-Pandemie war es den EU-Ländern, insbesondere Deutschland, wichtig, die sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen aufgrund von Grenzschließungen und des damit einhergehenden Tätigwerdens aus dem ausländischen Homeoffice auf Null zu reduzieren, auch wenn die Rechtsrahmen hierfür fehlten. Die getroffenen Sonderregelungen galten nur bis zum 30.6.2023.
Auch nach der Pandemie sind Telearbeit, hybrides Arbeiten und Homeoffice im Ausland beliebte Modelle. Sie bergen in grenzüberschreitenden Fällen jedoch das Risiko, dass ungewollt eine Sozialversicherungspflicht im Wohnsitzstaat ausgelöst werden kann.
Neue multilaterale Rahmenvereinbarung
Um die Freizügigkeit der Arbeitnehmenden nicht einzuschränken und den Unternehmen administrative Erleichterung zu verschaffen, war es daher notwendig, die Kollisionsnormen der EG-Verordnungen über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 und 987/2009 auf die neue Arbeitswelt anzupassen.
Dieses Abkommen stellt eine kurzfristige Lösung dar für die Gestaltung der Bestimmungen unmittelbar nach dem Auslaufen der Übergangsphase im Anschluss an die pandemiebedingten Sonderregelungen zum 30.06.2023. Laut dieser sogenannten Pandemie-Sonderregelung führte eine verstärkte Tätigkeit im Wohnsitzstaat nicht zu einem Wechsel des Sozialversicherungsrechts.
Ausnahme der 25-Prozent-Regelung
Die nun seit dem 1. Juli eingeführte multilaterale Rahmenvereinbarung der Europäischen Kommission ist sozusagen eine Ausnahme der 25-Prozent-Regelung. Nach dieser Regelung konnte eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer nur dann bei einer Homeoffice-Tätigkeit im Ausland weiter im heimischen Sozialversicherungssystem verbleiben, wenn die Tätigkeit im Wohnsitzstaat nicht 25 Prozent der gesamten Wochenarbeitszeit unterschritt.
Mit der neuen Regelung kann die Telearbeit (also Homeoffice und mobiles Arbeiten) im Wohnsitzstaat 25 Prozent und unter 50 Prozent der gesamten Arbeitszeit betragen, um weiterhin im deutschen Sozialversicherungsstaat zu verbleiben.
Ein Beispiel: Eine in Deutschland beschäftigte Software-Entwicklerin mit Wohnsitz in Tschechien kann gewöhnlich bis zu 40 Prozent ihrer Arbeitsleistung in Tschechien erbringen und trotzdem dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegen. Die Anwendung der Rahmenvereinbarung kann jedoch höchstens für zwei Jahre beantragt und muss anschließend verlängert werden.
Weitere Voraussetzungen für die Neuregelung:
- Die Tätigkeit muss für einen Arbeitgeber in dem Staat erfolgen, in dem sich der Geschäftssitz befindet.
- Die Tätigkeit im Homeoffice (Telearbeit) muss im Wohnsitzstaat der Arbeitnehmerin beziehungsweise des Arbeitnehmers erfolgen.
- Es darf kein dritter Staat involviert sein.
Aktuell haben folgende Länder diese Rahmenvereinbarung ratifiziert:
Deutschland, Schweiz, Liechtenstein, Kroatien, Tschechien, Österreich, Niederlande, Slowakei, Belgien, Luxemburg, Malta, Norwegen, Polen, Portugal ,Spanien, Schweden.
Nachteile für Arbeitnehmende in restlichen EU-Staaten und für Selbständige
Solange die übrigen EU-Staaten die Rahmenvereinbarung nicht ratifiziert haben, sind einige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Nachteil. Hinzu kommt, dass der Anwendungsbereich des multilateralen Rahmenübereinkommens auf den großen Personenkreis der „klassischen“ beschäftigten Grenzgängerinnen und Grenzgänger, die in der Regel vor der Ausweitung der Telearbeit im Büro ihres Arbeitgebenden im anderen Staat gearbeitet haben, zugeschnitten worden ist. Die Vereinbarung sollte möglichst einfach gehalten werden, um vielen Mitgliedstaaten eine Unterzeichnung zu ermöglichen. Sie gilt daher nicht für Personen, die im Wohnstaat gewöhnlich eine andere Tätigkeit als grenzüberschreitende Telearbeit ausüben und/oder gewöhnlich eine Tätigkeit außerhalb des Wohnstaats beziehungsweise des Staates, in dem der Arbeitgebende ansässig ist (beispielsweise in einer Niederlassung in einem anderen Staat), ausüben.
Zudem gilt sie nicht für Personen, die selbstständig sind. Auch verbeamtete Personen beziehungsweise Beschäftigte bei in Deutschland ansässigen öffentlichen Arbeitgebenden sind nicht erfasst vom multilateralen Rahmenübereinkommen.
Wenn die Bedingungen des Rahmenübereinkommens nicht erfüllt sind, wird der Antrag als regulärer Antrag auf eine Ausnahmevereinbarung behandelt. Diese Entscheidung basiert auf dem Ermessen und hängt von der Prüfung und Bewertung beider beteiligter Mitgliedstaaten ab. Die Unterzeichnerstaaten haben sich verpflichtet, Anträge für grenzüberschreitende Telearbeit, die nicht durch dieses Rahmenübereinkommen abgedeckt werden, nicht allein aufgrund der voraussichtlichen unbegrenzten Dauer der Telearbeit abzulehnen.
Wichtiger Hinweis: Diese Rahmenübereinkommen bezieht sich ausschließlich auf den Bereich der sozialen Sicherheit und nicht auf das Steuerrecht!