Rechte von Arbeitnehmenden sind ein universelles Anliegen, das weltweit von großer Bedeutung ist. Sie sollen die Arbeitsbedingungen und das Wohlergehen von Arbeitnehmenden auf der ganzen Welt schützen und zu verbessern. Doch nicht in jedem Land sind die Rechte optimal für Arbeitnehmende.
Wer in einem europäischen oder außereuropäischen Land arbeiten möchte, sollte einen Blick auf die Rechte als Arbeitnehmender werfen. Eine aktuelle Grafik von Statista gibt einen Überblick über die Situation der Arbeitnehmerrechte weltweit. Grundlage ist eine Analyse des Global Right Index 2022 des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB), einem Zusammenschluss nationaler Gewerkschaftsdachverbände, die jeweils die Gewerkschaften eines Landes repräsentieren. Er ist die globale Stimme der Arbeitnehmenden weltweit. 148 Länder wurden nach ihrer Rechtslage in Bezug auf Vereinigungsfreiheit, Tarifverhandlungen und Streikrecht bewertet.
Weltweit werden Rechte von Arbeitnehmenden verletzt
Viele Länder Asiens und Afrikas wurden bei den Arbeitnehmenden-Rechten in die niedrigste Kategorie eingestuft. Hier finden sich auch die Länder, in denen ein allgemeiner Zusammenbruch des Rechtsstaates festgestellt wurde und somit keine Rechte mehr gewährleistet sind. Beispiele hierfür sind Afghanistan oder Somalia.
Verletzungen der Arbeitnehmerrechte gibt es jedoch überall auf der Welt. So stuft der IGB auch die USA als ein Land ein, in dem die Rechte der Arbeitnehmenden systematisch verletzt werden. Damit schneidet das “Land der Freiheit” schlechter ab als seine direkten Nachbarn Mexiko und Kanada.
Insgesamt zeichnet sich weltweit ein eher erschreckendes Bild ab: 87 Prozent der Länder verletzten im Jahr 2022 das Streikrecht ihrer Beschäftigten, gegenüber 63 Prozent im Jahr 2014. In 13 Ländern wurden dem Bericht zufolge im vergangenen Jahr Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter ermordet, wobei Kolumbien das tödlichste Land war.
Europa schützt die Rechte für Arbeitnehmende hingegen vergleichsweise gut. Alle Länder, die vom IGB in der besten Kategorie eingeordnet wurden, befinden sich hier. Vor allem in den skandinavischen Ländern sind die Arbeitsbedingungen positiv hervorzuheben, aber auch Deutschland ist unter den bestbewerteten Ländern. Nichtsdestotrotz kommt es auch in diesen Staaten zu sporadischen Rechtsverletzungen.
So verbessert die EU die Rechte und Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmende
Die EU hat gemeinsame Mindestnormen für die Arbeitszeit eingeführt, die in der gesamten Union gelten. Die EU-Gesetzgebung legt individuelle Rechte für alle Arbeitnehmenden fest, einschließlich einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden, eines bezahlten Jahresurlaubs von mindestens vier Wochen pro Jahr, Ruhezeiten und Regeln für Nacht- und Schichtarbeit.
Arbeitszeiten
Die EU hat gemeinsame Mindeststandards für Arbeitszeiten eingeführt, die in der gesamten Union gelten. Die EU-Rechtsvorschriften legen individuelle Rechte für alle Arbeitnehmende fest, mit einer maximalen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden, einem bezahlten Jahresurlaub von mindestens vier Wochen pro Jahr sowie Ruhezeiten und Regeln für Nachtarbeit oder Schichtarbeit.
Schutz für neue Arbeitsformen
Der Arbeitsmarkt in Europa hat sich im Laufe der Jahre entscheidend verändert, unter anderem durch die Digitalisierung und die Entwicklung neuer Technologien sowie zunehmend flexible Arbeitsformen. Diese Entwicklungen haben neue Beschäftigungsformen hervorgebracht, mit einem Anstieg von zeitlich befristeten Stellen und Nichtstandard-Jobs.
Um alle Arbeitnehmende in der EU zu schützen und die Rechte der am stärksten gefährdeten Arbeitnehmenden mit atypischen Verträgen zu stärken, verabschiedete das Parlament 2019 neue Regeln zur Einführung von Mindestrechten in Bezug auf die Arbeitsbedingungen. Das Gesetz sieht Schutzmaßnahmen vor, wie die Begrenzung der Dauer der Probezeit auf sechs Monate, die Einführung kostenloser Weiterbildungsmöglichkeiten und das Verbot restriktiver Verträge.
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments arbeiten derzeit an einer Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Beschäftigten auf digitalen Plattformen wie Uber und Deliveroo. Die vorgeschlagenen Regeln zielen darauf ab, den Beschäftigungsstatus von Plattformarbeitenden korrekt zu bestimmen und ihre Arbeitsrechte zu schützen.
Telearbeit
Telearbeit hat zwar die Effizienz und Flexibilität für Arbeitgebende und Arbeitnehmende erhöht, aber auch die Trennung zwischen Arbeit und Privatleben verwischt. Um sicherzustellen, dass die erweiterte Nutzung digitaler Werkzeuge die Rechte der Arbeitnehmenden nicht beeinträchtigt, fordert das Parlament ein EU-weites Gesetz, das es ihnen erlaubt, außerhalb der Arbeitszeiten ohne Konsequenzen nicht erreichbar zu sein. Zudem fordern die Abgeordneten Mindeststandards für die Fernarbeit.
Mindestlohn
2017 bekräftigte die EU ihr Engagement für ein faires Einkommen für alle Arbeitnehmenden. Im September 2022 verabschiedeten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments die erste EU-Gesetzgebung für angemessene Mindestlöhne.
Zur Bewertung der Angemessenheit der Löhne können die Länder unterschiedliche Kriterien heranziehen – zum Beispiel können sie die Löhne mit einem nationalen Warenkorb oder mit weit verbreiteten Referenzwerten wie 60 Prozent des Bruttomedianlohns oder 50 Prozent des Bruttodurchschnittslohns vergleichen. Die Bestimmungen zielen auch darauf ab, Tarifverhandlungen zu fördern und die Rechte der Arbeitnehmenden durchzusetzen.
Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
Die EU verabschiedet Rechtsvorschriften im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, um die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu ergänzen und zu unterstützen.
Die Rahmenrichtlinie über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz legt allgemeine Grundsätze für Mindestvorschriften im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz fest. Sie gilt für fast alle Bereiche der öffentlichen und privaten Wirtschaftstätigkeit und legt Verpflichtungen für Arbeitgebende und Arbeitnehmende fest.
Zudem bestehen Sonderbestimmungen für die Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen, für bestimmte Kategorien von Arbeitnehmenden (unter anderem Schwangere, Jugendarbeitsschutz), spezifische Tätigkeiten (beispielsweise manuelle Handhabung von Lasten) und Arbeitsplätze (Fischereifahrzeuge et cetera).
Die Richtlinie zum Schutz von Arbeitnehmenden vor Risiken im Zusammenhang mit Karzinogenen und Mutagenen am Arbeitsplatz wird beispielsweise regelmäßig aktualisiert, um Expositionsgrenzwerte festzulegen. Im Jahr 2022 gelang es den Abgeordneten des Europäischen Parlaments, reproduktionsschädliche Stoffe in die jüngste Aktualisierung der Richtlinie aufzunehmen. Den Mitgliedstaaten steht es frei, bei der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht noch strengere Standards festzulegen.
Mit einer Alterung der Erwerbsbevölkerung und der Anhebung des Rentenalters steigen auch die Gesundheitsrisiken. Im Jahr 2018 hat das Europäische Parlament einen Bericht verabschiedete, in dem Maßnahmen vorgeschlagen wurden, um Menschen nach einem Langzeitkrankenstand die Rückkehr an den Arbeitsplatz zu erleichtern und chronisch Kranke sowie Menschen mit Behinderung besser in die Arbeitswelt zu integrieren.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Förderung von Geschlechtergleichstellung
Das Europäische Parlament setzt sich seit jeher für die Gleichstellung von Frauen und Männern ein und fördert diese in all seinen Tätigkeiten.
Um Chancengleichheit zu gewährleisten und eine bessere Aufteilung der Betreuungsaufgaben zu fördern, hat das Parlament 2019 eine Reihe neuer Vorschriften verabschiedet, die es Eltern und Arbeitnehmenden, die Angehörige mit schweren gesundheitlichen Problemen betreuen, ermöglichen sollen, Beruf und Privatleben besser miteinander zu vereinbaren.
Die Richtlinie sieht mindestens zehn Tage Vaterschaftsurlaub, mindestens vier Monate Elternurlaub pro Elternteil (von denen zwei nicht übertragbar sind) und fünf Tage Betreuungsurlaub pro Jahr festgelegt sowie flexiblere Arbeitsbedingungen vor.
Mutterschaftsrechte sind in der Richtlinie über schwangere Arbeitnehmerinnen definiert. Die Mindestdauer für Mutterschaftsurlaub wurde auf 14 Wochen festgelegt, mit einem obligatorischen Urlaub von zwei Wochen vor und/oder nach der Entbindung.
Darüber hinaus engagiert sich das Parlament für mehr Maßnahmen zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohn- und Rentengefälles ein und fordert EU-Vorschriften gegen Mobbing und sexuelle Belästigung.
Neue Vorschriften, auf die sich das Parlament und der Rat im Dezember 2022 geeinigt haben, verpflichten Unternehmen zur Offenlegung von Gehaltsinformationen. Arbeitnehmenden soll dadurch erleichtert werden, Gehälter zu vergleichen und geschlechtsspezifische Lohnunterschiede aufzudecken.
Arbeitskräftemobilität in der EU
Die EU-Rechtsvorschriften zur Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit stellen sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger ihr Recht, in einem anderen EU-Land zu studieren, zu arbeiten oder sich niederzulassen, uneingeschränkt wahrnehmen können und gleichzeitig die Sozial- und Gesundheitsleistungen erhalten, auf die sie Anspruch haben. Die Rechtsvorschriften beziehen sich auf Krankheit, Mutterschafts- sowie Vaterschaftsurlaub, Familien-, Arbeitslosen- und ähnliche Leistungen. Diese werden derzeit überarbeitet.
Die Einrichtung einer neuen EU-Agentur, der Europäischen Arbeitsbehörde, wurde 2019 beschlossen. Die Behörde soll die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission bei der Anwendung und Durchsetzung des EU-Rechts im Bereich der Arbeitsmobilität und der Koordinierung der Sozialversicherungssysteme unterstützen.
Arbeitnehmende können von ihren Unternehmen vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden, um dort bestimmte Arbeiten auszuführen. Im Jahr 2018 wurden die EU-Vorschriften zur Entsendung von Arbeitnehmenden überarbeitet, um den Grundsatz „gleiches Entgelt für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ zu gewährleisten.
Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur besseren Abstimmung von Arbeitskräfteangebot und -nachfrage in Europa wurde 2016 ein neues Gesetz verabschiedet. Das europäische Job-Netzwerk EURES wurde mit einer EU-weiten Datenbank für Arbeitssuchende und Stellenangeboten ausgestattet.
Sozialer Dialog
Die Sozialpartner, also Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, sind über den sogenannten „Sozialen Dialog“ durch Konsultationen und Stellungnahmen an der Gestaltung der europäischen Sozial- und Beschäftigungspolitik beteiligt und können auch Rahmenvereinbarungen aushandeln.
Die EU möchte, dass Arbeitnehmende in die Entscheidungsfindung der Unternehmen einbezogen werden, und hat einen allgemeinen Rahmen für das Rechte der Arbeitnehmenden auf Unterrichtung und Anhörung geschaffen. Die EU-Vorschriften sehen vor, dass Arbeitgebende im Falle von Massenentlassungen mit Vertretern für Arbeitnehmende verhandeln müssen.
Auf transnationaler Ebene werden Arbeitnehmende durch den Europäischen Betriebsrat vertreten. Über dieses Gremium werden sie von der Unternehmensleitung über alle wichtigen Entscheidungen auf europäischer Ebene, die sich auf die Beschäftigung oder die Arbeitsbedingungen auswirken könnten, informiert und angehört. Die Abgeordneten fordern eine Aktualisierung der Vorschriften, um die Rolle der Europäischen Betriebsräte zu stärken.
Quelle: Europäisches Parlament