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Rechtliches

Kreuzfahrt-Reisende haben Anspruch auf Entschädigung bei kurzfristiger Routenänderung

© Olena Zn, AdobeStock

Reisende haben bei kurzfristiger Routenänderung einer Kreuzfahrt Minderungs- und gegebenenfalls auch Schadenersatzansprüche wegen entgangener Urlaubsfreude.

Dies begründet ein Urteil des Amtsgerichts München vom 26.03.2015. Beispielhaft ist der verspätete Start der AIDAbella im Dezember 2022 aus Hamburg.

Unfallbedingte Änderung der Reiseroute der AIDAbella

Kreuzfahrer kennen die Vorfreude: Endlich wieder Schiff, Schaukeln und Meer. So freuten sich auch die Passagiere der AIDAbella auf ihre Kreuzfahrt mit dem Titel „Große Winterpause Karibik 1“, die eigentlich am 08.12.2022 um 18:00 Uhr von Hamburg aus hätte starten sollen. Doch beim morgendlichen Anlegemanöver kollidierte die AIDAbella mit der Pier und wurde im Heckbereich beschädigt. Es stand schnell fest, dass das Schiff repariert werden muss, um in See stechen zu können. Die Instandsetzungsarbeiten konnten erst zwei Tage später abgeschlossen werden, so dass die AIDAbella erst am 10.12.2022 um 22:00 Uhr den Hamburger Hafen verlassen konnte.

Die „Große Winterpause Karibik 1“ mit AIDAbella hätte also kaum schlechter beginnen können. Aufgrund eines Unfalls im Hamburger Hafen startete das Schiff seine Fahrt mit einer Verspätung von rund 50 Stunden. Wegen der Verzögerung wurden zahlreiche Anlandungen in der Karibik ersatzlos gestrichen. „Teilnehmer der Kreuzfahrt sollten dies nicht einfach klaglos hinnehmen, sondern gegen AIDA Ansprüche auf Reisepreisminderung und Schadensersatz geltend machen“, stellen Dr. Marcus Hoffmann und Mirko Göpfert, Partner der im Verbraucherschutzrecht tätigen Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte, welche die Plattform Kreuzfahrt-Anwalt.de betreibt, klar.

Routenänderung rechtfertigt Minderung

Doch damit nicht genug. Wegen der verspäteten Abreise konnte die AIDAbella nicht planmäßig in der Karibik ankommen. Die Reisenden erhielten die Mitteilung, dass zahlreiche der gebuchten Häfen ausfallen. Insbesondere wurden die Anlandungen in Pointe-À-Pitre (Guadeloupe), Kingstown (St. Vincent) und Hamilton (Bermuda) gestrichen.

Wenn die Kreuzfahrt nicht entsprechend der Buchung durchgeführt wird, sondern es zu Abweichungen bei den Reisezielen kommt, bestehen Minderungsansprüche. Denn die einseitige Änderung der Reiseleistung ist generell auch auf Basis von AGBs nur vor Beginn der Reise rechtlich zulässig. Nach Auffassung der Rechtsanwälte von kreuzfahrt-anwalt.de sollten Betroffene der Routenänderung auf der AIDAbella daher prüfen lassen, in welcher Höhe Minderungsansprüche bestehen. Diese werden in aller Regel prozentual anteilig zum Tagespreis der Kreuzfahrt berechnet und können sich schnell auf mehrere Hundert oder gar Tausend Euro summieren.

Umroutung: Schadensersatzansprüche wegen entgangener Urlaubsfreude

Neben der Minderung des Reisepreises stehen auch Schadensersatzansprüche wegen entgangener Urlaubsfreude im Raum. Denn der Grund für die Reisänderung liegt im Verantwortungsbereich von AIDA. Die Rechtsprechung hierzu ist grundsätzlich verbraucherfreundlich. Die einschlägigen Urteile verschiedener Gerichte im Bundesgebiet zeigen, dass zwischen 20 und 50 Prozent des Reisepreises als zusätzlicher Entschädigungsanspruch in Betracht kommen. „Das Besondere und vielen Betroffenen nicht Bewusste ist, dass dieser Anspruch zusätzlich zu dem Minderungsanspruch geltend gemacht werden kann. Bei einem Reisepreis von 6.000 Euro beliefe sich die Schadensersatzsumme schon bei Ansatz von 30 Prozent auf immerhin 1.800 Euro“, erläutern die Verbraucherschützer von kreuzfahrt-anwalt.de.

Keinesfalls sollte man auf solche Ansprüche verzichten oder vorschnell „Bordguthaben“ oder kleinere Vergünstigungen für künftige Reisen als Entschädigung akzeptieren. Die Ansprüche können bis zu 2 Jahre geltend gemacht werden. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Tag, an dem die Kreuzfahrt laut Vertrag enden sollte.

Video Kreuzfahrt-Knigge

Rechtliche Konsequenzen müssen Reisende zwar nicht befürchten, wenn sie sich auf einer Kreuzfahrt unpassend verhalten. Aber finanzielle Folgen können schnell entstehen. Wer beispielsweise einen Landausflug selber plant und aufgrund dessen das Ablegen verpasst, muss auf eigene Kosten den nächsten Hafen erreichen. Der „Kreuzfahrt-Knigge“ zeigt Kreuzfahrt-Interessierten auf, wie schnell ein Fauxpas passieren kann.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Februar 2023 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.