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Gesundheit
© G. Lombardo, AdobeStock

Hoher Alkoholkonsum in Europa: Welche Maßnahmen ihn reduzieren könnten

Einmal zu tief ins Glas geschaut und mit einem grauenhaften Kater am nächsten Morgen aufgewacht – viele kennen es. Das alkoholbedingte Unwohlsein am Tag nach dem Trinken ist ein weltweit verbreitetes Phänomen und unabhängig von der Herkunft, wobei es doch einige feine Unterschiede gibt, wie eine Umfrage im Rahmen des Statista Global Consumer Surveys suggeriert.

So sind die Befragten in Großbritannien unter allen acht Ländern, die in der Umfrage enthalten sind, am anfälligsten für einen “Hangover”. 

Doch auch hierzulande klagen rund 16 Prozent der Befragten über regelmäßige Kopfschmerzen und Übelkeit nach dem Genuss von Bier, Wein und Spirituosen. Gemeinsam mit Australien teilt sich Deutschland dahingehend den zweiten Platz.

Am ehesten als “katerresistent” können den Umfragedaten zufolge die Französinnen und Franzosen bezeichnet werden. Nur etwa jede und jeder zehnte Befragte in Frankreich hat bestätigt, normalerweise einen Kater zu bekommen. Eventuell sind die für den Genuss bekannten Französinnen und Franzosen einfach etwas weniger maßlos als ihre “Saufkumpanen” in anderen Ländern.

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Doch auch bei all dem Spaß am Feiern und Trinken dürfen die Gefahren des Alkoholkonsums nicht verharmlost werden. Allein im vergangenen Jahr kam es in Deutschland zu über 32.000 Verkehrsunfällen unter Alkoholeinfluss – 165 davon mit Todesfolge. Zudem hat der regelmäßige Alkoholkonsum laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung durch die Corona-Pandemie wieder zugenommen. Wie bei den meisten Drogen herrscht auch bei Alkohol hohe Gefahr der Sucht und gesundheitlichen Schäden.

Höhere Alkoholsteuern könnten tausende Krebserkrankungen verhindern

In einer aktuellen Modellierungsstudie haben Forschende der Technischen Universität Dresden den Einfluss einer Erhöhung der Verbrauchssteuern bei alkoholischen Getränken auf alkoholbedingte Krebserkrankungen in der Europäischen Region untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Verdopplung der aktuellen Verbrauchssteuer allein im Jahr 2019 fast 11.000 neue Krebserkrankungen sowie fast 5.000 Todesfälle hätte verhindern können.

Europa ist Region mit dem weltweit höchsten Pro-Kopf-Konsum von Alkohol

Um den Alkoholkonsum und die einhergehenden Folgeerkrankungen zu reduzieren, stellt die Erhöhung der Verbrauchssteuern auf alkoholische Getränke eine vielversprechende Maßnahme dar. Höhere Alkoholsteuern zählen neben anderen Maßnahmen, wie einem Werbeverbot für alkoholische Getränke oder der reduzierten Verfügbarkeit von Alkohol, zu den sogenannten „Best Buys“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Bei den „Best Buys“ handelt es sich um gesundheitspolitische Maßnahmen, die besonders kosteneffektiv zur Verringerung der durch einen Risikofaktor, wie zum Beispiel Alkohol, verursachten Krankheitslast beitragen. 

In Europa und insbesondere der Europäischen Union sind die Alkoholsteuern jedoch oft sehr gering. Welche Auswirkungen eine Erhöhung der aktuellen Verbrauchssteuern bei alkoholischen Getränken auf alkoholbedingte Krebserkrankungen in der Europäischen Region hätte, haben deshalb die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Dresden gemeinsam mit dem Europäischen WHO-Büro, der Internationalen Agentur für Krebsforschung sowie dem Centre for Addiction and Mental Health in Toronto (Kanada) in einer Modellierungsstudie untersucht.

Mittels mathematischer Modelle schätzten sie die Auswirkungen von drei verschiedenen Steuererhöhungsszenarien (20 Prozent, 50 Prozent und 100 Prozent) auf den Pro-Kopf-Alkoholkonsum in 50 Mitgliedstaaten der Europäischen Region (Definition laut WHO). Unter der Annahme einer durchschnittlichen Verzögerungszeit von zehn Jahren zwischen dem Alkoholkonsum und der Krebserkrankung beziehungsweise dem tödlichen Ausgang der Erkrankung konnten anschließend die Anzahl vermeidbarer Neuerkrankungen sowie Todesfälle für das Jahr 2019 geschätzt werden. 

Steuer auf Alkohol in Deutschland besonders gering

Das Team berücksichtigte dabei sieben verschiedene Krebserkrankungen, die eng mit dem Konsum von Alkohol zusammenhängen: Lippen- und Mundhöhlenkrebs, Rachenkrebs, Kehlkopfkrebs, Speiseröhrenkrebs, Leberkrebs, Darmkrebs sowie bei Frauen Brustkrebs. Die Ergebnisse zeigen, dass mehr als 10.700 neue Krebserkrankungen und 4.850 Todesfälle vermeidbar gewesen wären, wenn die aktuellen Verbrauchssteuern verdoppelt wären worden. Dies entspricht fast sechs Prozent der alkoholbedingten Krebsneuerkrankungen in der Region.

In Deutschland könnten laut der Studie bei einer Verdopplung der aktuellen Alkoholsteuern mehr als 1.200 Krebserkrankungen und 525 Todesfälle vermieden werden. Mit mehr als zwei Dritteln handelt es sich bei den meisten dieser vermeidbaren Erkrankungsfälle um Brust- und Darmkrebs.

„In Deutschland sind die Verbrauchssteuern für alkoholische Getränke, insbesondere für Bier und Wein, besonders gering. Während für eine große Flasche Bier circa fünf Cent auf die Biersteuer entfallen, so ist keine extra Besteuerung von Wein vorgesehen. Angesichts der hohen Zahl an vermeidbaren alkoholbedingten Krebserkrankungen wäre es mehr als ratsam, die Alkoholsteuern insbesondere in Deutschland zu erhöhen“, empfiehlt TU-Dresden-Psychologin Carolin Kilian. 

Quellen: Statista und Deutsches Gesundheitsportal

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe September 2022 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.