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Rechtliches

Mitarbeitereinsatz in Kriegs- und Krisengebieten: Was Unternehmen wissen müssen

© Photocreo Bednarek, AdobeStock

Der Ukraine-Russland–Krieg zeigt mehr denn je: Geopolitische Risiken und sich schnell verändernde Sicherheitsumgebungen haben sich in den vergangenen Jahren als die größten Gefahren für Expatriates erwiesen. Die Coronapandemie hatte diese zunächst in den Hintergrund treten lassen. Doch mit dem Ukraine-Russland-Krieg sind sie wieder präsenter denn je.

Firmen und Institutionen mit Personal in sicherheitsvolatilen Regionen sollten sich mit den Gefahren aktiv auseinandersetzen und ihr Sicherheitskonzept überprüfen. Dazu gehört auch, die Expat-Auslandskrankenversicherung zu überprüfen. Darauf weist die BDAE Gruppe hin. Das Unternehmen ist seit mehr als 25 Jahren auf Mitarbeitereinsätze im Ausland und internationale Krankenversicherungen spezialisiert.

Gesteigerte Fürsorgepflicht für Expats in Kriegsregionen und Krisengebieten

Bereits seit Anfang des Jahres häuften sich bei der Unternehmensberatung der BDAE Gruppe Anfragen, inwieweit es ratsam sei, gegenwärtig Mitarbeitende in der Ukraine und/oder Russland einzusetzen. „Bereits seit 2014 gilt die Ukraine als Krisengebiet und deshalb haben Unternehmen, die Personaleinsätze in diesem Land planten, eine gesteigerte Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern, die sie vor Ort einsetzen“, weiß Omer Dotou, Leiter der BDAE-Unternehmensberatung.

Aus dem Gesetz

Laut § 618 BGB sind Arbeitgeber dazu verpflichtet „Dienstleistungen, die unter ihrer Anordnung oder ihrer Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leib und Leben geschützt ist…“ Damit einher geht auch eine Informationspflicht. Das bedeutet: Bei Einsätzen in kritischen Regionen muss der Arbeitgeber seine entsandten Arbeitnehmenden im Vorfeld bestmöglich aufklären und auf Gefahren hinweisen. Diese Informationspflicht gilt sowohl im Vorfeld der Entsendung als auch fortlaufend und regelmäßig während des Auslandsaufenthalts.

Notfallkonzept essenziell bei Personaleinsätzen in volatilen Regionen

RECHTLICHES bdae omer dotou 03Omer Dotou, Leiter Unternehmensberatung BDAE Consult GmbH

Im Fall der Ukraine bekam diese Verpflichtung besondere Bedeutung, als die Gefahr in Zusammenhang mit der Russland-Krise zunahm. Die Informationen müssen dabei vollständig sein, sodass Mitarbeitende nicht selbst recherchieren müssen, sie müssen bereits vor der Abreise zur Verfügung gestellt werden, angemessen und aktuell sein und die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes wiedergeben. „Spätestens am 11./12. Februar – als sowohl die Bundesregierung als auch die US-amerikanische Regierung ihre Bürgerinnen und Bürger dazu aufrief, die Ukraine zu verlassen – hätten auch Unternehmen ihre Expats aus dem Land holen müssen“, so Dotou weiter.

Probleme beim Gehalt lokal angestellter Mitarbeitender in Russland

Mit dem Angriff auf die Ukraine hat sich auch die Lage in Russland geändert. Es gibt viele Faktoren, die die Sicherheitslage in Russland verschärft haben und den Aufenthalt verkomplizieren. Dazu zählen die Sanktionen des Westens, die dafür sorgen, dass das Gehalt von lokal angestellten Arbeitskräften aufgrund des Wertverfalls des Rubels gemessen an der Kaufkraft niedriger als vereinbart ausfällt. Die fehlenden Ausreisemöglichkeiten werden ebenso zum Problem. Zu wissen, dass man nicht einfach nach Hause kann, belastet die Entsendeten.

Sanktionen gegen Russland: Handlungsempfehlungen für deutsche Unternehmen

Viele Firmen sehen sich durch die Sanktionen mit starken Störungen des Russlandgeschäfts konfrontiert. Auf einer Seite von Germany Trade & Invest (gtai) finden Sie Handlungsempfehlungen, um durch die Krise zu navigieren.

Zu den Handlungsempfehlungen

Und auch die Versicherungssituation ist schwieriger. Policen können durch die Sanktionen nicht mehr von einem russischen Konto bezahlt werden. Das Gleiche gilt für die Auszahlung von Versicherungsleistungen. Auch Krankentransporte über die Assistance sind derzeit kaum noch möglich. Somit ist die Absicherung der Expats im Krankheits- und Unfall nicht mehr gewährleistet.

RECHTLICHES Ukraine sunflower tank© Elsworth Frobisher

Unternehmen sollten ihr Personal aus Russland herausholen

Generell sollten Arbeitgeber mit Personaleinsätzen in Krisenregionen ein Notfallkonzept im Vorfeld erarbeitet haben, das skizziert, wie und unter welchen Umständen Expats schnell zurückgeholt werden können. Um dieses Konzept und die entsprechenden Notfallpläne im Ernstfall auch umsetzen zu können, sollte spezielle Expertise einbezogen werden, die hierbei behilflich sein kann, insbesondere, falls ein Arbeitgeber das Krisenmanagement nicht allein abbilden kann.

Auf passives und aktives Kriegsrisiko im Versicherungsschutz achten

RECHTLICHES bdae larissa stuhlmacher 0066Larissa Stuhlmacher, Produktentwicklerin BDAE Gruppe

Besonderes Augenmerk sollten entsendende Firmen auch auf die Expat-Absicherung legen. Tatsächlich schließen einige Anbieter von Auslandskrankenversicherungen das sogenannte passive Kriegsrisiko aus. Das bedeutet, dass Versicherer bei Erkrankungen oder Verletzungen, die aufgrund von Kriegsereignissen entstanden sind, nicht mehr leisten. „Seit vielen Jahren weisen wir darauf hin, dass passives Kriegsrisiko bei Auslandskrankenversicherungen für Expats stets im Versicherungsschutz enthalten sein sollte“, sagt BDAE-Produktentwicklerin Larissa Stuhlmacher.

Üblich sei es hingegen, das aktive Kriegsrisiko vom Versicherungsschutz auszuschließen. Hierbei gilt grundsätzlich, dass bei einem aktiven Kriegsrisiko keine Leistungspflicht besteht, bei passivem Kriegsrisiko jedoch schon. Wer also beispielsweise in der Ukraine oder In Russland aktiv zur Waffe greift oder sich offiziellen Anordnungen zum Schutz der eigenen Sicherheit widersetzt, begibt sich in ein aktives Kriegsrisiko. Wer jedoch ohne eigene Kampfhandlungen zu Schaden kommt, genießt weiterhin Versicherungsschutz. „Ob Expats trotz der Gefährdungslage vor Ort ausreisen oder nicht, hat dabei grundsätzlich keinen Einfluss auf die Leistungspflicht im Versicherungsfall – mit Ausnahme des aktiven Kriegsrisikos“, so Stuhlmacher weiter.

Medizinische Assistance im Kriegsfall nur eingeschränkt möglich

Ein wichtiger Bestandteil vieler Auslandskrankenversicherungen sind dabei auch die medizinischen Assistance-Leistungen, die unter anderem sicherstellen, dass Personen bei Krankheit oder nach einem Unfall nach Hause oder in ein Krankenhaus transportiert werden, um eine angemessene medizinische Versorgung zu erhalten. Kommt es zu massiven zivilen Unruhen, bürgerkriegsähnlichen Zuständen oder einem Krieg, können Krankentransporte nur unter erschwerten Bedingungen realisiert werden. Dies hatte bereits die Coronapandemie gezeigt, als Assistance-Dienstleister wegen der geschlossenen Grenzen nur mit Hilfe von Botschaften und Regierungsmitgliedern Flüge organisieren konnten. Im Fall eines in der Ukraine erkrankten Expats kann jedoch faktisch aufgrund des Flugverbots und Kriegszustandes eine solche Leistung nicht erbracht werden. Ähnliches gilt aktuell für ausländisches Personal in Russland.

„Unternehmen sollten jetzt handeln und ihre Mitarbeiter rausholen, solange es noch möglich ist. Für diejenigen, die dennoch vor Ort bleiben, hat der Arbeitgeber eine erweiterte Fürsorgepflicht. Das heißt, man muss die Mitarbeiter vor allem gut informieren. Als Unternehmen kann man zum Beispiel die Empfehlung aussprechen, nicht an Demonstrationen teilzunehmen. Verbieten kann man das aber nicht. Kommen Mitarbeiter diesen Empfehlungen nicht nach, haben Firmen wenig Spielraum“, erläutert Experte Dotou. Als letztes Mittel bleibe dann oft nur die außerordentliche Kündigung.

Der Ukraine-Russland-Krieg zeigt vor allem eines: Unternehmen, die Mitarbeitende im Ausland einsetzen – egal wo – sollten geopolitische Risiken grundsätzlich und bei jedem Auslandseinsatz mit einkalkulieren und sich bei ersten Warnzeichen sowohl mit dem Versicherungsschutz ihrer Expats als auch mit ihren Notfallplänen auseinandersetzen. 

Absicherung und Beratung für Expats in Kriegs- und Krisenregionen

Geopolitische Risiken und sich schnell verändernde Sicherheitsumgebungen haben sich in den vergangenen Jahren als die größten Gefahren für Expatriates erwiesen. Die Coronapandemie hatte diese zunächst in den Hintergrund treten lassen. Doch mit dem Ukraine-Russland-Krieg sind sie wieder präsenter denn je.

Der BDAE versichert Expats in Kriegs- und Krisengebieten und berät Unternehmen zu rechtlichen Fragen rund um den Personaleinsatz in Krisenregionen.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe April 2022 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.