Einige Covid-19-Betroffene entwickeln im Zuge der Infektion einen Diabetes. Eine internationale Studie mit Beteiligung der Universität Basel hat entschlüsselt, wie das Coronavirus die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse befällt und zerstört. Dabei identifizierten die Forschenden auch eine Möglichkeit, diese Zellen zu schützen.
Diabetes gilt als Risikofaktor für einen schweren Verlauf einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2. Dass auch umgekehrt eine schwere Covid-19-Erkrankung zu einem Diabetes führen kann, ist weniger bekannt. Verschiedene Studien haben jedoch gezeigt, dass im Schnitt um die 15 Prozent der hospitalisierten Covid-19-Patientinnen und -Patienten einen neu diagnostizierten Diabetes erleiden.
Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Stanford University School of Medicine, an der auch Forschende der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel beteiligt waren, konnte nun zeigen, dass das Coronavirus tatsächlich die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse infizieren kann. Davon berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachjournal Cell Metabolism. Beta-Zellen produzieren das Hormon Insulin, das Gewebezellen dazu anregt, Zucker aus dem Blut aufzunehmen – und dadurch den Blutzucker zu senken.
Alternative Eintrittspforte
Anders als im Lungengewebe, wo das Coronavirus vor allem ein Protein namens ACE2 als Eintrittspforte in die Zellen benutzt, besitzen die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse nur geringe Mengen ACE2. Daher war bisher unklar, ob und wie das Virus in diese Zellen eindringt. Um diese Frage zu beantworten, analysierten die Forschenden Gewebeproben sieben verstorbener Covid-19-Patientinnen und -Patienten aus Basel.
Die Analyse zeigte, dass sich in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse der Verstorbenen SARS-CoV-2 nachweisen ließ. Zudem enthielten diese Zellen große Mengen eines Proteins, welches das Virus alternativ zu ACE2 als Eintrittspforte nutzen kann: Neuropilin 1 (NRP1). Laborversuche mit kultivierten Beta-Zellen zeigten zudem, dass infizierte Zellen weniger Insulin produzierten und Zeichen des Absterbens aufwiesen. Wenn die Forschenden zudem Neuropilin 1 mit einem Hemmstoff blockierten, gelang es dem Virus viel schlechter, in die Zellen einzudringen.
Schutz der Bauchspeicheldrüse notwendig
Dass sich die Infektion der Beta-Zellen zumindest im Laborversuch so reduzieren ließ, zeigt, dass man diese Zellen womöglich auch bei Patientinnen und Patienten mit schwerem Covid-19-Verlauf schützen könnte.
„Ob sich der Zuckerstoffwechsel nach einer überstandenen Infektion bei allen Covid-19-Patientinnen und -Patienten wieder normalisiert und ob und wie häufig ein bleibender Diabetes entstehen kann, lässt sich nach derzeitiger Studienlage nicht mit Sicherheit sagen“, sagt Pathologe PD Dr. Matthias Matter von der Universität Basel und vom Universitätsspital Basel, Leiter der Anteile der Studie, die in Basel durchgeführt wurden. Es gebe Hinweise, dass bei Betroffenen mit Long-Covid, also anhaltenden Beschwerden nach der Infektion, auch mehrere Wochen bis Monate danach noch Diabetes feststellbar sei. Eine Möglichkeit zu entwickeln, bleibende Schäden der Bauchspeicheldrüse zu verhindern, sei daher sinnvoll.