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Rechtliches

Kontakt mit an Corona infiziertem Hotelmitarbeiter ist kein Reisemangel

© Halfpoint, AdobeStock

Müssen Reisende einen Großteil ihres Urlaubs wegen eines Corona-Verdachtsfalls in Quarantäne verbringen oder diesen vorzeitig abbrechen, so handelt es sich dabei nicht zwangsläufig um einen Reisemangel. So hat das Amtsgericht Hannover kürzlich entschieden (Az.: 570 C 12046/20).

Geklagt hatte eine Familie, die von einem hannoverschen Reiseunternehmen den Reisepreis wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit und die Fahrtkosten zurückerstattet haben wollte. Sie hatte für den Zeitraum vom 26.6.2020 bis 06.7.2020 einen Cluburlaub in Österreich gebucht.

Quarantäne im Hotelzimmer oder sofortige Abreise

Die Urlaubsanlage führte bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern regelmäßig Tests auf das Coronavirus durch. Diese waren bis zur Anreise der klagenden Familie negativ. Nach der Anreise wurde ein Mitarbeiter des Clubs – vermutlich ein Mitarbeiter, der im Fahrradverleih tätig war – positiv auf Covid-19 getestet. Es bestand der Verdacht, dass sich die Familie angesteckt haben könnte. Deswegen stellten die lokalen Behörden die Familie vor die Wahl, den Rest des Urlaubs im Hotelzimmer in Quarantäne zu verbringen oder die Heimreise anzutreten. Da Urlaub in Quarantäne für die Familie nicht infrage kam, wurde sie dann durch behördliche Entscheidung vom 29.6.2020 angewiesen, die von ihnen gewünschte Heimreise auf der kürzestmöglichen Route anzutreten.

Anschließend verlangte die Familie den vollständigen Reisepreis zurück – wegen vertaner Urlaubszeit und als Ersatz für die Fahrtkosten. Das Reiseunternehmen erstattete jedoch nur einen Teil. Daraufhin zog die Familie vor Gericht. Die Richter sahen jedoch weder einen Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises noch auf eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit und Ersatz von Fahrtkosten.

Kein Reisemangel im Sinne des BGB

Begründung: Ein solcher Anspruch ergibt sich nach §§ 651i Abs. 3 Nr. 6, 651m BGB nur dann, wenn ein Reisemangel nach § 651i Abs. 1 BGB vorlag, was aber bei der Familie nicht der Fall war. Nach dieser Vorschrift liegen Reisemängel vor, wenn die Reise nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Dass im Reisezeitraum kein Mitarbeiter der Urlaubsanlage an Covid-19 erkranken würde oder keine behördlichen Maßnahmen gegen die Urlauber verhängt werden würden, war nicht als Voraussetzung für den Urlaubsantritt vereinbart worden.

Ein Mangel ergibt sich auch nicht aus § 651i Abs. 2 Satz 2 BGB. Denn ein Reiseveranstalter muss nicht für Ereignisse einstehen, die dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen sind und außerhalb der von ihm geschuldeten Leistung geschehen. Auch bei einer Pauschalreise könnten Kundinnen und Kunden nicht erwarten, während ihrer Reise auf keine positiv auf das Coronavirus getesteten Menschen zu treffen und den daraus folgenden Beeinträchtigungen nicht ausgesetzt zu werden.

Reiseveranstalter kann nichts für Corona-Erkrankung eines Hotelmitarbeiters 

Dass die Reise aufgrund der Erkrankung eines Mitarbeiters der Urlaubsanlage nicht vollständig angetreten werden konnte, lag nicht im Einflussbereich des Veranstalters. Es konnte daher auch keine entsprechende vertragliche Erwartung der Klägerin bestehen. Der Kontakt zu einer infizierten Person und der anschließenden behördlichen Verfügung sei ein typisches allgemeines Lebensrisiko, für welches ein Reiseunternehmen auch bei einer Pauschalreise keine Verantwortung trage.

Anders als etwa bei der Verbreitung von Krankheiten durch Verpflegung, die nur durch den Reiseveranstalter (und nicht andere Mitreisende) zur Verfügung gestellt wird, beruht die Erkrankung des Mitarbeiters und die behördliche Entscheidung hier nämlich nicht auf einem Umstand, den nur der Reiseveranstalter beherrschen konnte. Ein Reisemangel ergibt sich auch nicht daraus, dass die infizierte Person ein Mitarbeiter der Urlaubsanlage und kein Dritter war.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.