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Expatriates
© Aliaksei, AdobeStock

Mitarbeitereinsatz in Indien: Die wichtigsten Fakten

Indien bleibt für deutsche Unternehmen auch 2019 ein wichtiger Zukunftsmarkt. Dafür sorgen 1,3 Milliarden Einwohner und deren wachsende Mittelschicht sowie ein recht konstantes Wirtschaftswachstum von sieben Prozent.

Die Herausforderungen, denen sich ausländische Investoren stellen müssen, sind jedoch nicht signifikant weniger geworden, obwohl Indiens Regierung 2017 versprochen hatte, den Absatzmarkt für Auslandsfirmen attraktiver zu gestalten. 22 Milliarden Euro wurden für den Ausbau der Infrastruktur bereitgestellt. Vor allem sollten Bürokratie und regulatorische Unsicherheiten etwa für die Gründung ausländischer Niederlassungen reduziert werden.

Spricht man mit deutschen Unternehmensvertretern vor Ort, so greifen die Maßnahmen jedoch bislang nur langsam. Fast unisono heißt es, dass Indien nichts für Anfänger sei und Investoren sowie Expats einen langen Atem behalten müssen, bis sich erste Erfolge einstellen. Dennoch sind rund 1.800 deutsche Unternehmen mit einem Standort auf dem Subkontinent vertreten – darunter etwa Mercedes Benz, Roland Berger und Kärcher. Für mittelständische Unternehmen gilt der Markteintritt besonders kompliziert, aber Unternehmen wie Uhlmann Pac Systeme oder Flaschenwerk Thal hat dies nicht abgeschreckt. 2014 gründete Indien das Programm „Make in India Mittelstand“, das vor allem deutsche KMU anziehen soll. Koordiniert wird es von der deutschen Botschaft und bislang haben mehr als 320 Firmen teilgenommen.

Gravierender Fachmangel zwingt Unternehmen zu Entsendungen

Diese sind vor allem auf deutsches Personal angewiesen, denn Indien leidet unter einem eklatanten Fachkräftemangel sowie an einer geringen Loyalität einheimischer Arbeitnehmer gegenüber ausländischen Investoren. Betroffen von diesen Defiziten sind vor allem die verarbeitende Industrie, der Dienstleistungssektor, die Kfz- und Automobil-Zulieferindustrie oder forschungsintensive Branchen wie der Bio- und Nanotechnologie sowie den Chemie- und Pharmasektor. Doch auch im Niedriglohnsektor und in der Bauindustrie wird es zunehmend schwieriger, geeignetes Personal zu finden.

Deswegen setzen deutsche Unternehmen vorwiegend auf eigenes Personal, das dann nach Indien entsandt wird. Seit Ende 2014 können Deutsche ein Visa On Arrival online beantragen und bezahlen. Mit diesem E-Visum ist die Einreise über 16 ausgewählte Flughäfen möglich, die Ausreise ist beliebig. Es berechtigt zu Gelegenheitsgeschäftsreisen wie beispielsweise Messebesuchen. Für regelmäßige Dienstreisen können deutsche Arbeitnehmer ein Business Visum beantragen. Mit diesem können sie für einen Zeitraum von regelmäßig sechs Monaten bis zu fünf Jahren auch wiederholt ins Land einreisen. Eine festangestellte Tätigkeit ist nur mit einem Employment Visa möglich, welches Montage- und Projektarbeiten vorsieht. Die Dauer der Gültigkeit ist abhängig von der Laufzeit des nachzuweisenden Beschäftigungsverhältnisses. Eine Ausnahme hiervon besteht mit dem Projektvisum im Energie- und Stahlsektor. Beim Visumsantrag muss allerdings das Projekt exakt beschrieben werden. Ein Projektvisum ist für die Dauer des Projektes, höchstens ein Jahr, gültig. Gegebenenfalls kann ein bestehendes Visum bei längerer Prozessdauer verlängert werden. Sobald der Aufenthalt in Indien 180 Tage überschreitet, ist eine Aufenthaltsgenehmigung sowie ein Registrierungsnachweis notwendig, das beim Foreigner Regional Registration Office beantragt wird.

Keine einheitlichen Feiertage in Indien

Das Arbeitsrecht in Indien ist äußerst komplex und kleinteilig, da es aus verschiedenen Einzelgesetzen besteht. Unter anderem gibt es nationale und lokale Regelungen, zudem wird zwischen Arbeitern und Angestellten unterschieden. Aufgrund der kulturellen und religiösen Vielfalt gibt es keine landesweit einheitliche Liste der gesetzlichen Feiertage. Wer lokale Verträge gestalten möchte, sollte sich unbedingt fachkundige Arbeitsrechtler an Bord holen.

In Sachen Sozialversicherungsschutz können deutsche Unternehmen auf ein Sozialversicherungsabkommen zurückgreifen, das im Mai 2017 in Kraft getreten ist. Es bezieht sich allerdings nur auf die Rentenversicherung. Entsandte Arbeitnehmer dürfen für insgesamt 48 Monate in der deutschen Rentenversicherung verbleiben, sofern sie die Voraussetzungen dafür erfüllen. Überschreitet die Dauer der Entsendung den Zeitraum von 48 Kalendermonaten, gelten danach für den deutschen Arbeitnehmer die indischen Rechtsvorschriften. Wenn die Entsendung aber insgesamt nicht mehr als 60 Monate überschreitet, können Personaler noch vor Ablauf der 48 Monate eine Ausnahmevereinbarung beantragen, damit die deutschen Rechtsvorschriften auch über die zwei Jahre hinaus gelten.

Für alle anderen Sozialversicherungszweige gibt es eine Beitrittspflicht. Unternehmen müssen aufgrund der nur sehr rudimentären indischen Sozialleistungen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter einen Ersatz für die Sozialleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- oder Erwerbsminderungsschutz erhalten.

Indiens Sozialversicherungssystem fußt lediglich auf zwei eher maroden Säulen: die Employees‘ Provident Fund Association (EPFO) und die Employees‘ State Insurance Corporation (ESIC). Letztere fungiert gewissermaßen als staatliche Krankenversicherung und wurde ursprünglich für Fabrikarbeiter ins Leben gerufen. Die Regierung weitete den Schutz im Laufe der Zeit zwar schrittweise auch auf andere Berufsgruppen ausgedehnt. Allerdings gibt es zahlreiche Betriebe (hauptsächlich im Agrarsektor), die dem sogenannten unorganisierten Gewerbe zugeordnet werden und dessen Mitarbeiter nicht von der Versicherung profitieren. Dies betrifft schätzungsweise 94 Prozent (rund 370 Millionen Inder) der gesamten Arbeiterschaft. Nicht eingerechnet sind deren ebenfalls nicht versicherten Familienmitglieder.

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Die EPFO umfasst im Wesentlichen Familienleistungen, Rente, Erwerbsunfähigkeit und Witwenrente. Dass so viele Menschen keinen Zugang zum Sozialversicherungssystem haben, liegt unter anderem daran, dass Versicherungsbeiträge vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur dann abgeführt werden müssen, wenn ein Unternehmen mindestens 20 Angestellte vorweisen kann. Dies gilt übrigens auch für ausländische Firmen. Im August 2014 wurde die Versicherungspflichtgrenze, die wiederum nicht für ausländische Betriebe gilt, von monatlich 6.500 (circa 88 Euro) auf 15.000 (circa 202 Euro) Indische Rupien erhöht. Der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil beträgt jeweils 12 Prozent.

Gute medizinische Versorgung ist privatisiert

Zwar gibt es auch eine gute medizinische Versorgung auf dem Subkontinent, diese ist allerdings fast ausschließlich für den privaten und eben nicht für den öffentlichen Bereich zugänglich. Tatsächlich hat Indien das am stärksten privatisierte Gesundheitssystem der Welt. Lediglich 4,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes entfallen auf die staatliche Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Das entspricht gerade einmal jährlichen Ausgaben von etwa 61 US-Dollar pro Bürger. 71 Prozent der medizinischen Kosten müssen sie aus eigener Tasche zahlen. Dies hat zur Folge, dass schätzungsweise zwei bis drei Prozent der Inder jedes Jahr aufgrund dieser Ausgaben unter die Armutsgrenze rutschen. Ursprünglich fing die Familie gesundheitliche Risiken auf, aber die Urbanisation, die verstärkte Mobilität, die Verkleinerung der Familie und nicht zuletzt die Globalisierung haben dafür gesorgt, dass die Familie nicht mehr in der Lage dazu ist, für kranke Angehörige ausreichend aufzukommen.

Sathya Sai Krankenhaus, Banglore, Indien
Sathya Sai Krankenhaus, Banglore, India | © SNEHIT, AdobeStock

Selbst wer Anspruch auf staatliche Gesundheitsleistungen hat, muss einen Teil der Kosten aus eigener Tasche bezahlen. Dies gilt insbesondere für Medikamente, die von öffentlichen Krankenhäusern nicht für die Patienten vorrätig gehalten werden. Der Großteil dieser „Out of Pocket“-Ausgaben fließt in Praxisgebühren, in den Kauf von Medikamenten sowie in die Diagnostik beziehungsweise in medizinische Tests. All dies sind Kosten, die auch Krankenversicherungen nicht übernehmen würden, zu denen nach Angaben der Weltbank ohnehin nur rund 25 Prozent der Inder Zugang haben.

In punkto Steuern sollten Unternehmen und Expats wissen, dass es seit dem 1. Juli 2017 die Goods and Services Tax (GST) als landesweit einheitliche Umsatzsteuer gibt. Sie ersetzte 18 bis dato geltende indirekte Steuern und Abgaben. Alle Waren und Dienstleistungen werden einem von vier GST-Sätzen zugeordnet. So gelten 28 Prozent beispielsweise auf PKW und Luxusgüter, 18 Prozent auf den Großteil aller Waren und Dienstleistungen, 12 Prozent auf Maschinen und Anlagen sowie fünf Prozent auf Güter des täglichen Bedarfs.

Für deutsche Mitarbeiter in Indien gilt ab einer Aufenthaltsdauer von 183 Tagen (während eines Finanzjahres) die Steuerplicht in Indien. Zudem brauchen sie eine sogenannte PAN Nummer (Permanent Account Number). Die PAN ist eine aus zehn Ziffern und Buchstaben bestehende Nummer, die durch die indischen Steuerbehörden ausgegeben wird. Sie muss zwingend bei jeder schriftlichen Kommunikation mit den indischen Geschäftspartnern (Rechnung, Handelskorrespondenz) sowie bei allen Steuer- und anderen Behörden angegeben werden.

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