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Vermischtes

Geschäftsetikette fürs Ausland: Welche Regeln gelten wo?

© walipix - AdobeStock

Wer für die Karriere ins Ausland geht, dem begegnen viele potenzielle Fettnäpfchen. Von kommunikativen Missverständnissen bis hin zum Zeitmanagement und dem Verhalten bei Geschäftsessen wird das Arbeitsleben in unterschiedlichen Kulturen verschieden gehandhabt. InterNations hat hierzu eine neue Studie veröffentlicht, bei der Mitglieder nach ihren Fauxpas im Geschäftsleben gefragt wurden.

Wie die aktuelle Expat Insider Studie, eine der umfassendsten Umfragen weltweit zum Leben und Arbeiten im Ausland, zeigt, fällt die Anpassung an manche Businesskulturen leichter als an andere. Während sich Expats in Singapur, Irland und Estland schnell an die Geschäftsetikette vor Ort gewöhnen, fällt es ihnen in Japan, Saudi-Arabien und China eher schwer.

VERMISCHTES InterNations Graphic Understanding Local Business Etiquette© InterNations

Auf die jeweiligen Begrüßungsregeln achten

Für Menschen, die im Ausland leben und arbeiten, kann Alltägliches wie das Begrüßen eines neuen Kollegen oder Geschäftspartners schon zur Herausforderung werden. In Thailand ist beispielsweise der Wai, eine Verbeugung, bei der die Hände vor der Brust gefaltet werden, üblich. Die genaue Position der Hände ist dabei abhängig von der Stellung der begrüßten Person. In Japan wird empfohlen, sich bei Geschäftsterminen zu verbeugen, bevor man dem Gegenüber die Hände schüttelt. In lateinamerikanischen Ländern ist hingegen eine Umarmung oder sogar ein Wangenkuss üblich, wenn eine geschäftliche Beziehung bereits etabliert ist.

Die Amerikanerin Cathy machte diese Erfahrung nach ihrem Umzug nach Costa Rica: „Als Amerikanerin möchte ich den Leuten immer die Hand schütteln, und die Hälfte der Zeit liege ich damit auch richtig. Manchmal beugt sich mein Gegenüber aber bereits für einen Wangenkuss zu mir herüber oder streckt einen Arm für eine angedeutete Umarmung aus, während ich versuche, nach der Hand zu greifen,“ erklärt sie. „Es kommt dann zu einem komischen Umarmung-Wangenkuss-Handschüttel-Spektakel, bei dem jeder verwirrt ist und an seiner anfänglichen Intention zweifelt, und wir entscheiden müssen, was nun angemessen ist.“

Glücklicherweise haben diese Verwirrungen nie für ernsthafte Probleme gesorgt, und Cathys Kollegen meistern die Situationen gemeinsam mit ihr. „Als die ‚Neue’ kann ich normalerweise darüber lachen, und meine Kollegen sind so nett zu mir, darum ist es einfach lustig. Sie sind schon mehr oder weniger daran gewöhnt!”

Hitziges Diskutieren kann zu Irritationen führen

Wenn die kommunikativen Missverständnisse jedoch über die Begrüßung hinausgehen, können sie Konflikte auslösen. Als Gianfranco aus Italien in die Niederlande zog, musste er feststellen, dass er seine Kollegen unbeabsichtigt gegen sich aufbrachte. „In Diskussionen neigte ich dazu, nichts unversucht zu lassen und jede Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Ich musste mehrmals auf die harte Tour lernen, dass dies hier nicht sehr geschätzt wird.“ Zu Beginn der Zusammenarbeit missverstanden seine Kollegen in Amsterdam seine Art der Kommunikation. „Ich sprach einen Kollegen einmal nach einem Meeting direkt an, da ich das Gefühl hatte, dass wir uns nicht klar verstanden hatten. Leider hat er meine gute Absicht, das Thema zu klären, so sehr missverstanden, dass er sich offiziell beim Management darüber beschwerte, wie aggressiv ich mit ihm gesprochen hätte.“

Im Gegensatz zu Gianfrancos anfänglich negativer Erfahrung scheint es den meisten Expats leicht zu fallen, sich an die niederländische Geschäftsetikette zu gewöhnen. Das Land belegt in dieser Hinsicht Platz 11 von 53 in der aktuellen Expat Insider Studie. Mehr als der Hälfte der Expats, die maximal zwei Jahre in den Niederlanden leben (53 Prozent), fällt es leicht, die Etikette zu verstehen, verglichen mit 46 Prozent weltweit.

Anstatt aufzugeben, lernte Gianfranco mehr auf die non-verbalen Hinweise seiner Kollegen zu achten: „Wenn ich bestimmte Anzeichen in der Körpersprache sehe, beende ich eine Diskussion sofort oder verschiebe sie auf einen späteren Zeitpunkt.“ Außerdem begann er mehr auf seine eigene Wirkung zu achten und seine Stimme und Gestik besser einzusetzen.

Bestimmte non-verbale Signale können als Beleidigung verstanden werden

Auch Salman machte nach seinem Umzug von Kanada nach Katar schnell die Erfahrung, dass non-verbale Signale zum Fettnäpfchen werden können. „Während eines Geschäftstermins mit einem Lieferanten saß ich ihm gegenüber auf dem Sofa, und meine Schuhsohlen waren unabsichtlich in seine Richtung gedreht.“ Erst später lernte er, dass dies in den Golfstaaten als Beleidigung verstanden wird, und musste sich für seine Ignoranz entschuldigen. Die Kommunikation mit Kolleginnen barg eine andere Herausforderung: Als er seinen Kommilitonen und Kommilitoninnen im Executive-MBA-Programm zur Begrüßung die Hand reichen wollte, lehnte eine der Frauen höflich ab. „Es verstieß gegen ihre religiösen und kulturellen Gepflogenheiten, was ich absolut respektiere und verstehe. Sie hat mir dann erklärt, dass es am besten ist, Frauen im Nahen Osten ohne Körperkontakt zu begrüßen.“

Katars Geschäftsetikette für Expats gewöhnungsbedürftig

Laut der aktuellen Expat Insider Studie ist Katar tatsächlich eines der Länder, in denen es Expats am schwersten fällt, sich an die Geschäftsetikette zu gewöhnen. Der Golfstaat rangiert unter den zehn am schlechtesten bewerteten Ländern für diesen Faktor, und über drei von zehn Expats (31 Prozent) geben an, damit Probleme zu haben (im Gegensatz 24 Prozent weltweit).

Vorsicht bei „ungezwungenem“ Mittagessen

Besprechungen oder sogar Bewerbungsgespräche bei einem gemeinsamen Mittagessen sind heutzutage oft gängige Praxis. Sie bieten nicht nur ein informelleres Umfeld, sondern verbinden auch Arbeit und Vergnügen. Eine zwanglose Atmosphäre kann aber auch Raum für Missverständnisse bieten.  Während eines Vorstellungsgesprächs in den USA bestellte sich ein erst kürzlich aus Großbritannien zurückgekehrter Expat ein Bier zum Mittagessen — in England kein Problem! „Erst als die Interviewer sich alle nur einen Eistee bestellten, wurde mir klar, dass ich wieder in den USA bin, wo man in der Regel keinen Alkohol zum Mittagessen trinkt.“ Glücklicherweise waren die Interviewer beeindruckt von so viel Mut und Selbstbewusstsein, und er erhielt den Job. Generell wird die USA gut bewertet, wenn es darum geht, wie leicht es ist, sich an die lokale Geschäftsetikette zu gewöhnen: 7. Platz von 53 Ländern.

Bei einem anderen US-Expat lief das Geschäftsessen nicht ganz so problemlos. Als er von einer Farmbesitzerin in Paraguay zum Essen eingeladen wurde, brachte er seine italienische Frau mit, ohne sich groß Gedanken darüber zu machen, ob dies eventuell gegen lokale Gepflogenheiten verstößt. Tatsächlich sitzen in Paraguay Frauen selbst als Grundbesitzerinnen und Entscheidungsträgerinnen beim Essen nicht am selben Tisch. „Meine Ehefrau saß also als einzige Frau an diesem großen Tisch, während alle Männer von der Gastgeberin bedient wurden.“ Obwohl dieser Fauxpas zu einer unangenehmen Situation für alle Beteiligten führte, wurde dem Expat verziehen, und die Geschäfte gingen ihren gewohnten Gang.

Pünktlichkeit wird nicht überall großgeschrieben

Während in manchen Ländern Pünktlichkeit großgeschrieben wird, ist es in anderen Nationen ganz normal, mehr Freiheiten bezüglich der Arbeitszeiten und Pausen zu genießen. So eine Umstellung mag auf den ersten Blick nicht kompliziert erscheinen – tatsächlich kann sie in der Arbeitswelt jedoch schnell zu einem Problem werden. Nach ihrem Umzug von Italien nach Großbritannien hatte Idina mit der fehlenden Flexibilität zu kämpfen. „Aufgrund meiner südländischen Herkunft tendierte ich dazu, meine Pausen auch mal etwas zu strecken. In Großbritannien gilt Pünktlichkeit aber als wichtiges Merkmal hervorragender Arbeitsleistung.“

Ein US-Amerikaner wiederum wunderte sich nach dem Umzug nach Deutschland über die allgemeine Akzeptanz von Raucherpausen sowie die Tendenz der Deutschen, vergleichsweise spät anzufangen und dann lang zu bleiben. „Es fühlt sich manchmal falsch an, wenn ich schon nachmittags gehe, während alle anderen noch im Büro sind – obwohl wir am Ende ja alle gleich lang arbeiten.“

Deutsche Umgangsformen für manche Expats schwierig

Während es in Großbritannien vergleichsweise leicht ist, sich an die Geschäftsetikette zu gewöhnen – das Land belegt in der Expat Insider Umfrage den 9. Platz – so bereiten deutsche Umgangsformen etwas mehr Probleme. Fast drei von zehn Expats, die seit maximal zwei Jahre in Deutschland leben (29 Prozent), finden es schwierig, sich an die Geschäftsetikette vor Ort zu gewöhnen. Deutschland landet damit auf dem 40. Platz von 53 Ländern.

Auf den Dresscode achten

Neben Körpersprache und verbaler Kommunikation sendet auch die Art, sich zu kleiden, eine Botschaft. Der Dresscode, den man aus der Heimat oder einem gewissen Arbeitsumfeld gewöhnt ist, kann aber im Ausland ganz anders ausfallen.

Terry arbeitete bei einer schwedischen Tochtergesellschaft in Großbritannien. Während deren Unternehmenskultur – einschließlich Dresscode mit eleganter Hose, Hemd und Sportjacke statt Anzug – bereits relativ informell war, so bereitete ihm dieselbe Kleidung im südafrikanischen Agrarsektor Probleme. „In den ersten Monaten in Südafrika war es für mich sehr schwierig, unangekündigt Manager oder leitende Gärtner auf den Farmen anzutreffen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich darauf gekommen bin, dass meine Erscheinung der Grund war: Wenn sie mich kommen sahen, dachten sie, dass ich ein Banker sei, und verschwanden einfach.“

Schlussendlich empfiehlt ein Freund Terry einen lockereren Kleidungsstil, und nachdem er zu Khakihosen und kurzärmligen Shirts gewechselt hatte, funktionierte es auch mit den Farmbesuchen. Terrys Geschäftskontakte waren nun viel entspannter und zum Verkaufsgespräch bereit.

In Singapur finden sich Expats schnell zurecht

Neben der Geschäftsetikette beeinflussen auch lokale Bräuche und Traditionen den Arbeitsalltag von Expats. Wer zum Beispiel im Nahen Osten arbeitet, dem fallen schnell die eingeschränkten Geschäftszeiten im Ramadan auf, und Expats in Indien kommen vielleicht in den Genuss, im Arbeitsleben an Diwali-Feierlichkeiten teilzunehmen.

Obwohl Singapur in der neuesten Expat Insider Studie zu dem Land gewählt wurde, wo es Expats am leichtesten fällt, sich an die Geschäftsetikette zu gewöhnen — 75 Prozent finden es einfach im Gegensatz zu 46 Prozent weltweit — kann es auch dort zu Missverständnissen kommen.

Traditionelle Bräuche haben ihre eigenen Regeln

Erst kurz vor dem chinesischen Neujahrsfest in Singapur angekommen, freute ein amerikanischer Expat sich bereits darauf, diesen beliebten Feiertag mitzuerleben. Zur Feier des Tages erhielten alle Angestellten vom Arbeitgeber Orangen. Dass diese nicht zum sofortigen Verzehr gedacht waren, wurde dem Expat erst klar, als er sie bereits gegessen hatte – während alle Kollegen die Früchte paarweise auf ihren Schreibtischen drapierten. „Ich erkundigte mich vorsichtig, ob man die Orangen denn essen konnte, und fand dann heraus, dass sie als Glücksbringer und Zeichen für künftigen Wohlstand dienen sollten. Ich selbst hatte aber nur noch eine Orange übrig und musste jetzt herausfinden, ob ich diese am besten auch noch esse, um alle Beweise zu vernichten, oder ob ich eine zweite Orange kaufen sollte, um so zu tun, als ob ich nicht das Symbol für ein erfolgreiches neues Jahr verspeist hätte!“

Geschenke können peinlichen werden

Generell können Geschenke schnell zu Missverständnissen führen, besonders in einem geschäftlichen Zusammenhang. Von der Farbe der Verpackung bis hin zum Inhalt variieren Sinn und Bedeutung je nach Kultur stark.

1972 erhielt Tony, ein britisch-australischer Expat, einen Job bei der Regierung Hongkongs. Zu seiner Freude wurde er bereits wenige Monate später zu der Hochzeit eines Kollegen eingeladen. „Und was tat ich? Ich zog los und kaufte dem Brautpaar einen Toaster. Ich glaubte, das wäre das richtige Geschenk!“ Tony stellte jedoch schnell fest, dass alle anderen Gäste einfach Geld in kleinen, roten Umschlägen schenkten, wie es in Hongkong und China üblich ist.  Solche sogenannten Hóngbao sollten so viel Geld beinhalten, dass die Kosten der Gäste bei der Hochzeit gedeckt sind, plus einen weiteren Betrag, der von der genauen Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem abhängt. Vielleicht liegt es an solch streng etablierten Regeln, dass Hongkong nur auf einem mittelmäßigen 28. Platz in der Expat Insider Umfrage landet. China schneidet mit einem 51. Platz sogar noch schlechter ab – nur Saudi-Arabien und Japan machen es Expats schwerer, sich im Geschäftsleben zurechtzufinden.