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Travel
© brillianata, AdobeStock

So gehen Reisebranche und Fluggesellschaften mit der Corona-Krise um

Große Teile der Flugreise-Branche versuchen, die Schäden durch die Corona-Krise durch Gutschriften, Gutscheine oder Verzinsungen zugunsten der Kunden abzufedern. Gleichzeitig fahren Fluggesellschaften wie die Lufthansa den Betrieb weiter herunter.

Die Idee hinter der Gutscheinlösung ist simpel: Wer eine nun gestrichene Reise aufschiebt, anstatt sich die Kosten erstatten zu lassen, belässt so Kapital bei den Betrieben. Nach der Corona-Krise soll so die Erholung der Branche leichter von der Hand gehen.

Die DER Touristik Deutschland verzinst inzwischen die Anzahlungen ihrer Kunden. Wer infolge der internationalen Reisewarnung des Auswärtigen Amtes seine Reise, die er über DER-Veranstalter wie Dertour, Jahn Reisen oder Meiers Weltreisen gebucht hatte, nicht antreten konnte und später reisen möchte, bekommt zu seinem Reisepreis ein Guthaben von 50 Euro für die nächste Reise dazu.

Möglich wird dies durch einen Gutschein in Höhe der geleisteten Kundenzahlung, die das Reiseunternehmen bei Reiseabsagen infolge der Corona-Pandemie anbietet. Für diesen Gutschein können sich die DER Touristik-Kunden frei entscheiden, wenn sie ihren geplatzten Traumurlaub nachholen möchten. Für die Einlösung haben die Kunden bis Ende 2021 Zeit. Wird ein Gutschein bis dahin nicht eingelöst, so erhält der Kunde seinen bereits bezahlten Reisepreis zurück.

Verbraucherzentrale fordert faire Regelung

Die Verbraucherzentrale unterstreicht, dass eine Gutscheinlösung, die inzwischen viele Unternehmen auch in anderen Branchen anbieten, auf Freiwilligkeit basieren müsse. Denn wenngleich der massenweise Verzicht auf Kostenerstattung die Flugbranche entlasten würde, stünden viele Reisende durch die Corona-Krise selbst vor finanziellen Engpässen und seien darauf angewiesen, sich das Geld erstatten zu lassen, statt einen Gutschein anzunehmen.

Um die Folgen der Corona-Krise für Unternehmen abzufedern, hat das Bundeskabinett derweil einen Gesetzesentwurf beschlossen, der Reiseanbieter von der Pflicht befreien soll, ausgefallene Reisen unmittelbar zu entschädigen. Die Verbraucherzentrale Bremen fordert eine faire Regelung, die auch eine Absicherung der Verbraucher für den Fall vorsieht, dass der Veranstalter in die Pleite geht. „Denn ansonsten wäre der Gutschein das Papier nicht wert auf den er gedruckt wurde“, sagt Parsya Baschiri, Rechtsberater der Verbraucherzentrale Bremen.

Betrieb auf zehn Prozent heruntergefahren

Medienwirksam hatte die Lufthansa ihren Verkehr deutlich eingeschränkt. Doch auch andere Fluggesellschaften der Lufthansa Group mussten ihren Betrieb auf ein Minimum herunterfahren. So hat die Lufthansa-Tochter Eurowings ihr Flugprogramm vorübergehend auf etwa zehn Prozent der bisherigen Kapazitäten reduziert. Im Detail sieht das reduzierte Programm so aus:

  • Ab Düsseldorf bedient Eurowings jeweils bis zu neunmal wöchentlich Hamburg und Berlin, jeweils bis zu sechsmal wöchentlich Wien, Zürich und London sowie jeweils bis zu zweimal wöchentlich Palma de Mallorca, Barcelona, Rom, Mailand, Lissabon und Thessaloniki.
  • Ab Hamburg jeweils bis zu neunmal wöchentlich Stuttgart und Düsseldorf sowie bis zu sechsmal in der Woche Köln/Bonn.
  • Ab Köln/Bonn jeweils bis zu sechs wöchentliche Flüge nach Hamburg und München an sowie bis zu neun wöchentliche Verbindungen nach Berlin.
  • Und ab Stuttgart fliegt Eurowings ihre Passagiere aktuell bis zu jeweils neunmal pro Woche nach Hamburg und Berlin sowie bis zu zweimal wöchentlich nach Zagreb.

Nachdem die Lufthansa im noch uneingeschränkten Betrieb Regeln etwa zur Abstandshaltung erlassen hatte, wurde im März ein ausführlicherer Katalog zu Social-Distancing eingeführt:

Auf allen Flügen aus Deutschland werden seitdem Nachbarsitze an Bord in der Economy Class und Premium Economy Class geblockt und bleiben frei. Dies gilt auch für innerdeutsche Flüge. Auf Flügen nach Deutschland kam diese Regelung nicht zur Anwendung, weil die Rückholung möglichst vieler Menschen in ihre Heimat höchste Priorität hat.

Zudem werden alle Lufthansa- und Eurowings- Flüge auf deutschen Flughäfen seitdem nur noch direkt am Gebäude positioniert, wo immer dies aufgrund der vorhandenen Flughafeninfrastruktur und der behördlichen Regelungen möglich ist. So sollen Busfahrten der Fluggäste vermieden werden. Wo dies nicht kurzfristig möglich ist, werden doppelt so viele Busse eingesetzt wie üblich.

AIRLINES 200307 A380 D AIMB 034© Oliver Roesler, Lufthansa Group

Flottenstilllegungen und Kontaktbeschränkungen

Wie viele andere Luftfahrtgesellschaften hatte die Lufthansa Group weite Teile ihres üblichen Betriebs heruntergefahren oder eingestellt. So hatte die Lufthansa im April begonnen, die gesamte Airbus A340-600 Flotte vorübergehend stillzulegen.

Geplant ist, dass diese Lufthansa-Flotte, insgesamt 17 Flugzeuge, in den nächsten zwei bis drei Monaten nach Teruel überführt und dort stillgelegt wird. Der Einsatz dieser Flugzeuge im regulären Liniendienst ist mindestens für die kommenden ein bis eineinhalb Jahre nicht vorgesehen.

Neben dieser Stilllegung und der diverser weiterer Airlines soll die bereits vor der Krise festgelegte Zielsetzung von Eurowings, den Flugbetrieb auf eine Einheit zu bündeln, nun beschleunigt umgesetzt werden. Der Flugbetrieb der Germanwings wird beendet. Alle daraus resultierenden Optionen sollen mit den Sozialpartnern besprochen werden.

Die bereits begonnenen Restrukturierungsprogramme bei Austrian Airlines und Brussels Airlines werden durch die Corona-Krise nochmals verschärft. Beide Gesellschaften arbeiten unter anderem an der Reduzierung ihrer Flotten. Auch SWISS International Airlines wird ihre Flottengröße durch die verzögerte Auslieferung von bestellten Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen anpassen und prüft zudem die vorgezogene Ausmusterung älterer Flugzeuge.

Lufthansa verhandelt um Finanzspritzen

Der Lufthansa-Vorstand erwartet keine schnelle Rückkehr der Luftverkehrsindustrie auf das Niveau vor der Corona-Krise. Nach seiner Einschätzung werde es Jahre dauern, bis die weltweite Nachfrage nach Flugreisen wieder dem Vorkrisen-Niveau entspricht.

Der Konzern befindet sich daher in Verhandlungen mit der Bundesregierung. Als Mutterkonzern der Swiss Air Lines, Austrian Airlines und Brussels Airlines verhandelt die Lufthansa Group auch mit den Regierungen anderer Staaten, in denen sie einen Sitz unterhält. Sie rechnet inzwischen nicht mehr damit, den entstehenden Kapitalbedarf aus eigener Kraft decken zu können. Fraglich ist, wie hoch genau die Finanzspritze der Bundesregierung sein wird, und wie viel Mitbestimmungsmöglichkeiten von außerhalb die Lufthansa dafür wird einräumen müssen.