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Interview

„Die Eingewöhnung der Familie bereitet oft Schwierigkeiten“

Mehr als die Hälfte aller Unternehmen hat in einer von Crown World Mobility durchgeführten Studie angegeben, mittlerweile häufiger permanente Transfers statt traditionelle Langzeitentsendungen einzusetzen. Ein Drittel geht zudem davon aus, dass die Anzahl permanenter Transfers in diesem Jahr steigen wird. Lisa Johnson, Global Practice Leader der Consulting Services bei Crown World Mobility, nimmt an, dass diesen Statistiken ein Trend zugrunde liegt, der für Unternehmen und Angestellte in 2018 zunehmend an Bedeutung gewinnen könnte. Im Interview erläutert sie warum.

BDAE: Was genau sind permanente Transfers?

Johnson: Permanente Transfers sind dauerhafte Umzüge ins Ausland, bei denen der Entsandte und seine Familie als Einheimische am neuen Wohnort leben.

BDAE: Warum sind sie kostengünstiger als traditionelle Langzeitentsendungen?

Johnson: Es sind weniger Kosten und Leistungen damit verbunden. Man geht beispielsweise davon aus, dass der Mitarbeiter vor dem Transfer seine Immobilie verkauft oder seinen Mietvertrag auflöst, sein Auto abgibt, seine Sachen verschiffen lässt und sich auf das neue Leben im Ausland vorbereitet.

BDAE: Wer ist verantwortlich für diesen Wandel?

Johnson: Beide Seiten scheinen daran beteiligt zu sein – Unternehmen und Mitarbeiter. Unsere Befragung ergab, dass 91 Prozent der Unternehmen Modelle für unternehmensseitig veranlasste Entsendungen einsetzen, 52 Prozent jedoch auch Programme, die vom Mitarbeiter gefordert werden. Dies unterstützt die Auffassung, dass Mitarbeiter sich größere Flexibilität für die Bewegung innerhalb des Unternehmens wünschen und Unternehmen dies befürworten. Eines der von uns befragten Unternehmen gab sogar an, für mitarbeiterseitig veranlasste Entsendungen ein „Lifestyle Assignment” mit begrenzten Leistungen eingeführt zu haben.

BDAE: Seit wann beobachten Sie diese Entwicklung?

Johnson: Der Wandel begann vor ein paar Jahren in kleinen Schritten in bestimmten Regionen wie Asien, der EU und Lateinamerika. Wir beobachteten, dass die Unternehmen das Modell der traditionellen Langzeitentsendung (LTA) immer häufiger ablehnten.

„Entsendemodelle müssen den neuen Denkweisen angepasst werden“

Verantwortlich dafür waren vor allem erforderliche Kostensenkungen in diesem Bereich. Eine traditionelle Langzeitentsendung kann immerhin das Drei- bis Achtfache des Jahresgehaltes eines Mitarbeiters kosten. Letztlich geht dieser Wandel aber auf eine grundsätzliche Änderung dessen zurück, was es heute bedeutet, als Unternehmen weltweit tätig zu sein, und auf den Wunsch, die Entsendungsmodelle dieser neuen Denkweise anzupassen.

Erfolgreiche Nachwuchskräfte suchen zunehmend Arbeitsmöglichkeiten im Ausland. Im Kampf um Talente sind die Unternehmen deshalb gezwungen, kostengünstige Mobilitätsoptionen zu schaffen, um sie zu halten. Permanente Transfers entsprechen diesen Anforderungen.

BDAE: Welche Entwicklungen erwarten Sie noch?

Johnson: Interessant ist auch, dass eine kleine Anzahl von Unternehmen, die erst seit Kurzem Mitarbeiter ins Ausland schicken, ausschließlich permanente Transfers anbietet. Auf diese Weise stellen die Firmen von Vornherein klar, dass sie die Kosten und Umstände vorübergehender Entsendungen nicht akzeptieren.

BDAE: Wie belegen Sie, dass permanente Transfers beliebter werden?

Johnson: Eines der wesentlichen Ergebnisse unserer Studie ist, dass 45 Prozent der Unternehmen angaben, mittlerweile häufiger unternehmensseitig veranlasste Transfers einzusetzen als Langzeitentsendungen. 32 Prozent sahen überdies eine Fortsetzung dieser Entwicklung im kommenden Jahr. Begründet wurde diese Entscheidung am häufigsten mit geringeren Kosten, gestiegener Nachfrage und dem Wachstum des Auslandsgeschäfts.

BDAE: Sind dauerhafte Umzüge immer die richtige Lösung? Funktionieren sie?

Johnson: Wie immer kommt es darauf an, eine Position mit dem richtigen Mitarbeiter zu besetzen – und den Mitarbeiter angemessen zu unterstützen. Mehr als die Hälfte aller befragten Unternehmen gab zu, Fälle erlebt zu haben, in denen unternehmensseitig veranlasste permanente Transfers gescheitert sind und eine Repatriierung erforderlich war.

Der Transfer von Mitarbeitern von Standorten mit hohen Lebenshaltungskosten und/oder hoher Lebensqualität zu einem Standort mit geringerem Standard stellt dabei häufig die größte Herausforderung dar. Die Unternehmen gaben außerdem an, dass Schwierigkeiten bei der Einreise und der Eingewöhnung der Familie sowie Gehalts- und Mitarbeitererwartungen ebenfalls oft Probleme bereiten.

BDAE: Welche Alternativen gibt es? 

Johnson: Permanente Transfers waren ursprünglich für Umzüge zwischen vergleichbaren Ländern vorgesehen, in denen sich Lebensstil, Lebenshaltungskosten, Gehalt und Lebensqualität stark ähneln und weitere Unterstützung durch das Unternehmen deshalb nicht notwendig ist. Ist dieser Fall nicht gegeben, greifen zunehmend sogenannte „Gastland Plus”-Programme, die Leistungen umfassen, die auf den Bedarf des Mitarbeiters oder die tatsächlichen Gegebenheiten am neuen Standort zugeschnitten sind.

Wir haben zudem einen Anstieg an „Lokalisierungsprogrammen” festgestellt, die entsandte Arbeitnehmer dabei unterstützen, aus dem Entsendungsverhältnis in ein dauerhaftes Angestelltenverhältnis vor Ort überzugehen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich das sich das Global-Mobility-Konzept entwickelt und neue Alternativen entstehen, wobei immer weniger Bereitschaft besteht, traditionelle Langzeitentsendungen zu finanzieren. Diese Entwicklung wird in diesem Jahr weiter voran schreiten.

Über die Crown-World-Mobility-Studie

Der permanente Transfer wird die weltweite Mitarbeitermobilität in 2018 voraussichtlich ändern. Er gilt zunehmend als Alternative zu den traditionellen Long Term International Assignments (LTA), die Langzeitentsendungen ins Ausland. Das ist ein zentrales Ergebnis der Studie.

Die von Crown World Mobility durchgeführte Umfrage unter mehr als 100 Unternehmen richtete sich an ein großes Branchenspektrum von Unternehmen der Bereiche Luft- und Raumfahrt, Einzelhandel, Pharma, Öl- und Gas, Fachdienstleistungen, Fertigung, Finanzen, Telekommunikation und Automobile.