Skip to main content
Expatriates
Yangon City. © MemoryMan, AdobeStock

Mitarbeitereinsatz in Myanmar: Das sollten Expats wissen

Vor dem Militärputsch war Myanmar aus Sicht von Analysten weiterhin ein spannender Markt für ausländische Investoren. Das gilt beziehungsweise galt vor allem für den Agrar- und Rohstoffsektor. 2018 sind Markteintritts-Erleichterungen in Kraft getreten, von denen unter anderem die Bereiche Versicherungen, Finanzdienstleistungen und Handel profitieren. Die Errichtung der Sonderwirtschaftszone Thilawa soll weitere attraktive Investoren anlocken.

Aufgrund der Corona-Pandemie kam es allerdings im April 2020 ebenfalls zur Schließung von Fabriken und Geschäften und es bleibt abzuwarten, ob das Land das Wirtschaftswachstum von sechs bis acht Prozent vor dem Ausbruch der Pandemie halten wird. Dies gilt umso mehr vor dem aktuellen Hintergrund der instabilen politischen Lage. Seit der Wirtschaftsöffnung des Landes lassen sich auch deutsche Unternehmen dort nieder, allerdings in einem weitaus geringeren Tempo als erwartet. Die letzten großen Namen stammen aus dem Jahr 2013, als Henkel in die Waschmittelproduktion eingestiegen ist,und aus 2014, als Adidas eine Produktion eröffnete. Unternehmen wie diese müssen vor allem mit einem gravierenden historisch bedingten Fachkräftemangel klarkommen, weswegen oftmals deutsche Experten als Expats in das Land entsandt werden.

EXPATRIATES AdobeStock 81328899

Jährliche Verlängerung des Aufenthaltstitels

Für längere arbeitsbedingte Aufenthalte (mehr als 90 Tage im Jahr) müssen ausländische Arbeitnehmer ein Foreigner Registration Certificate (FRC) innerhalb eines Monats nach Ankunft beantragen. Dieses ist jedoch nur ein Jahr gültig und muss jedes Jahr erneuert werden.

Für Geschäftsreisen kann das Single Entry Business Visum mit einer insgesamt dreimonatigen Gültigkeit und einer maximalen Aufenthaltsdauer von 70 Tagen (inklusive Verlängerungsoption) beantragt werden. Das Multiple Entry Business Visum ist je nach Bedarf für insgesamt drei Monate, sechs Monate oder ein Jahr gültig. Aber Achtung: Pro Aufenthalt ist die Maximaldauer ebenfalls auf 70 Tage beschränkt. Hinzu kommt, dass Geschäftsreisevisa in der Regel nicht dazu berechtigen, einer Tätigkeit vor Ort nachzugehen. Vielmehr dienen sie dem Besuch von Messen, Konferenzen oder Geschäftsanbahnungs-Terminen. Es gibt auch ein günstiges Ankunftsvisum nur für Workshops, Meetings oder andere Events für insgesamt 28 Tage. Zusätzlich gilt es vorab zu klären, ob und unter welchen Bedingungen eine Einreise vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie möglich ist.

Mittlerweile hat das Land auch ein Arbeitsrecht etabliert, das sich an internationalen Standards orientiert. Erst 2019 wurde der Occupational Safety and Health Law Bericht von Germany, Trade & Invest mit für alle Branchen gültigen Sicherheitsbestimmungen für den Arbeitsplatz verabschiedet. Sollten Expats einen lokalen Arbeitsvertrag bekommen, so können Unternehmen bei der Gestaltung des Arbeitsvertrages auf eine aktuelle Vorlage des Arbeitsministeriums zurückgreifen, die unter anderem auch Vorschriften für ausländische Arbeitnehmer enthält (Employment Contract Template).

Auch bei einer arbeitsvertraglichen Entsendung – als fortbestehendem deutschen Arbeitsvertrag – sind die zwingend arbeitsrechtlichen Bestimmungen in Myanmar einzuhalten. Umfasst hiervon sind vor allem die Regelungen zu Arbeitszeit, die in Myanmar je nach Branche variieren, aber häufig eine Arbeitszeit von bis zu 48 Stunden pro Woche vorsehen.

EXPATRIATES AdobeStock 396107986Uppatasanti Pagoda, Nayphidaw. © vacancylizm, AdobeStock

Veraltetes Sozialversicherungssystem in Myanmar

1956 wurde eine Art Sozialversicherungssystem implementiert, das immer noch in den Kinderschuhen steckt und stark reformbedürftig ist. Ein Sozialversicherungsgesetz wurde (auch nur teilweise) erst 2014 implementiert. Eine gesetzliche Krankenversicherung wie in der westlichen Welt gibt es in Myanmar nicht. Deshalb können Personalverantwortliche bei der sozialversicherungsrechtlichen Gestaltung von Entsendungen nach Myanmar auch auf kein Sozialversicherungsabkommen zurückgreifen. Vielmehr muss Myanmar als sogenanntes „vertragsloses Ausland“ betrachtet werden. In der Praxis bedeutet dies für Unternehmen, die ihre in Myanmar eingesetzten, besondere Achtsamkeit und das Nutzen von alternativen Absicherungsmöglichkeiten, um den Sozialversicherungs-Schutz weiter zu gewährleisten. Das deutsche Sozialversicherungsrecht sieht für Entsendungen ins vertragslose Ausland, grundsätzlich den Verbleib im deutschen Sozialversicherungsrecht vor, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen der Ausstrahlung nach § 4 SGB IV erfüllt sind. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen ist grundsätzlich zu beachten, dass neben den arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen des Einsatzes auch steuerrechtliche Aspekte zu berücksichtigen sind.

Ein Arbeitgeber, der fünf oder mehr Arbeitnehmer in Myanmar beschäftigt, muss insgesamt ungefähr fünf Prozent an die Sozialversicherung abführen, wobei der Arbeitgeberanteil regelmäßig etwa drei Prozent und der Arbeitnehmeranteil zwei Prozent beträgt. Arbeitnehmer erhalten somit einen Anspruch auf medizinische Versorgung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Beerdigungskosten, Behindertenzuschläge, Versorgung im Falle von Arbeitsunfällen oder -erkrankungen sowie eine Arbeitsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente. Arbeitnehmer, die nicht dem Sozialversicherungssystem unterliegen und während ihrer Arbeit eine Verletzung erleiden oder sterben, sind über den Workmen Compensation Act versichert. Immerhin: Es wird eine Reform der Sozialversicherung angestrebt, allerdings liegt dem Parlament schon seit Jahren der Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Sozialversicherung vor.

Entsprechend schlecht bestellt ist es auch um das Gesundheitssystem, das nur rudimentär vorhanden ist. Noch immer zählen die Ausgaben für Soziales und Gesundheit in dem auch als Birma bekanntem Land zu den niedrigsten der Welt. Laut der Weltbank betrugen die Gesundheitsausgaben pro Kopf in Myanmar 2019 nur 50 bis 70 US-Dollar pro Kopf (im Gegensatz zu 100 bis 400 US-Dollar in anderen Ländern der ASEAN-Region). Entsprechend hoch ist der Anteil an den privaten Gesundheitsausgaben, der bei etwa drei Vierteln des gesamten Haushaltseinkommens liegt und vor allem untere Einkommensschichten im Krankheitsfall immens belastet.

Katastrophal ist auch die Ärztedichte, ebenso wie die Anzahl der Krankenhausbetten. Jeweils nur knapp ein Arzt und ein Bett kommen auf 1.000 Einwohner. Dabei sieht es in ländlichen Regionen manchmal noch viel schlimmer aus. Landbewohner sind nicht selten bis zu drei Tage unterwegs, um ärztliche Versorgung in Anspruch nehmen zu können. Die verfolgte Minderheit der Rohingya ist seit 1982 aus dem burmesischen Gesundheitssystem ausgeschlossen und wird in der Regel nur von ausländischen Nichtregierungsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“ behandelt.

Expats sollten sich in Bangkok behandeln lassen

Hinzu kommt, dass neben einer sehr hohen Kinder- und Müttersterblichkeit Birma zu den südostasiatischen Ländern mit der höchsten Anzahl an Aids-Kranken und HIV-Infizierten gehört. Etwa 190.000 Menschen tragen das Virus in sich und fast 50.000 von ihnen haben keinen Zugang zu den lebenswichtigen Medikamenten. Zudem grassieren Durchfallerkrankungen (darunter auch Cholera), Tuberkulose und sogar noch Tollwut. Wer beruflich oder privat nach Myanmar reist, sollte sich unbedingt über notwendige Impfungen informieren. Für längere Aufenthalte sollten Unternehmen ihren Mitarbeitern unbedingt einen Gesundheits-Check-up beziehungsweise die Tropentauglichkeitsprüfung finanzieren. Sollte ein Mitarbeiter Gesundheitsschäden vor Ort erleiden, so steht ein entsendender Arbeitgeber aufgrund der Fürsorgepflicht in der Haftung.

EXPATRIATES Fakten zum burmesischen Gesundheitssystem

Experten empfehlen Expats und Reisenden in Myanmar, sich möglichst im nahen Bangkok behandeln zu lassen, um eine adäquate Versorgung zu erhalten. Eine private Auslandskrankenversicherung ist deshalb ein absolutes Muss. Die Gesundheitsversorgung in Myanmar ist stark reformbedürftig und geht Beobachtern zufolge nicht besonders schnell voran. Immerhin eröffnete in Yangon 2013 ein erstes privates Krankenhaus –betrieben von einer thailändischen Krankenhauskette – und auch in Mandalay gibt es inzwischen vier privatwirtschaftlich betriebene Kliniken. General Electric investierte zudem Millionen in die Renovierung des Yangon General Hospitals, die 2015 beendet wurde. Ausländische Ärzte bemängeln jedoch, dass viele der von der Regierung zur Verfügung gestellten Gelder zur Verbesserung der Gesundheitseinrichtungen verpuffen würden, da beispielsweise etliche medizinische Geräte sinnlos gekauft würden und dabei keine Betreuung oder Einführung stattfinden würde. Auch verfüge das Personal vor Ort nicht über ausreichend technische Kenntnisse. Immerhin verspricht die Regierung, dieses Problem konzertiert anzugehen.

Ein weiterer Grund für die geringe Klinikdichte ist der Wirbelsturm Nargis, der 2008 über den Süden Myanmars fegte. Dabei wurden hunderte Gesundheitszentren zerstört, die noch immer nicht alle wieder aufgebaut sind. Außerdem fehlt es an europäisch ausgebildeten und englisch- oder französischsprechenden Ärzten, was die Versorgung von Expats und Geschäftsreisenden erschwert. Viele Nachwuchsärzte gehen ins Ausland – unter anderem, weil es aufgrund der fehlenden Krankenhäuser schlichtweg keine Jobs für junge Ärzte im staatlichen Gesundheitswesen gibt – ein Teufelskreis, der dadurch entstanden ist.

Gesundheitsversorgung von Entwicklungshilfe abhängig

Laut einem Bericht von Germany Trade & Invest stellt Myanmar keine nennenswerte Laborausrüstung her und kann sich den Import teurer Diagnosegeräte kaum leisten. Die Ausstattung der Gesundheitssysteme hängt daher in erheblichem Maße von der internationalen Entwicklungshilfe ab.

In Myanmar soll es immerhin 169 Labore geben. Allerdings sind lediglich vier Prozent der Bevölkerung privat krankenversichert. Die Kosten für Labortests müssen die Burmesen oft selbst übernehmen, weil der Versicherungsschutz diese nicht abdeckt.

Für Unternehmen, die Ihre Mitarbeiter in Myanmar einsetzen wollen, bedeuten diese Aspekte und Risiken besondere Aufmerksamkeit bei der Absicherung ihrer Mitarbeiter sowie entsprechende Gehaltszulagen als Ausgleich und Vergütung der Bereitschaft. Auch sollten Unternehmen durch spezielle Planung und gegebenenfalls externe Unterstützung auf die Betreuung von Notfallsituationen vorbereitet sein, insbesondere um den gesteigerten Fürsorgepflichten nachkommen zu können.

Änderung des Steuerjahres

Ein Doppelbesteuerungsabkommen hat Deutschland mit Myanmar bislang nicht abgeschlossen. Abkommen existieren bis dato hauptsächlich mit Nachbarstaaten sowie außerhalb Asiens mit Großbritannien. Für deutsche Mitarbeiter, die in Myanmar geschäftlich eingesetzt werden sollen, sollte daher im Vorfeld geklärt werden, wann und wie ein Mitarbeiter eine Steuerpflicht in Myanmar auslöst und wie dies vermieden werden könnte.

Das Steuerrecht basiert hauptsächlich auf dem Income Tax Law und dem Commercial Tax Law. Das allgemeine Steuergesetz (Union Tax Law) wird jährlich verabschiedet und regelt unter anderem die Steuersätze. Zum 1. Oktober 2019 hat sich in Myanmar für alle Steuerzahler und für private Unternehmen das Finanzjahr geändert. Es ist nun für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 30. September des Folgejahres definiert. Zuvor galt als Finanzjahr der Zeitraum vom 1. April bis 31. März des darauffolgenden Jahres.