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Gesundheit
© DragonImages, AdobeStock

Gesundheitsrisiko Skifahren: Wann es gefährlich wird

Millionen Freizeitsportler wedeln bis April mit viel Spaß wieder die weißen Pisten hinunter – die meisten von ihnen allerdings nur eine Woche im Jahr. Grundsätzlich ist der Sport gesund, doch ohne ausreichende Vorbereitung kann es gefährlich werden. Darauf weist die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) hin.

Rund 20 Millionen Wintersportler sind allein im Alpenraum pro Saison unterwegs, dabei passieren über 163.000 registrierte Skiunfälle. Viele Untrainierte unterschätzen die Muskelaktivität bei diesem Sport. Aber es gibt noch andere Faktoren: Rund jeder zweite Skifahrer benutzt Bindungen, die nicht optimal eingestellt sind oder sogar außerhalb der Toleranz liegen. Außerdem steigen Frequenz und Geschwindigkeit auf den Skipisten ständig an. Viele wähnen sich mit Schutzhelmen und Rückenprotektoren in einer scheinbaren Unverletzlichkeit.

Geschwindigkeit ist Risiko Nummer Eins

Die meisten Stürze passieren wegen zu hoher Fahrgeschwindigkeit, unkontrollierter Fahrweise in Rücklage oder durch Kollision zweier Skifahrer. Dazu kommen noch Drehstürze, die häufig aus einer extrem vorsichtigen Fahrweise mit sehr geringem Tempo entstehen. Hierbei löst die Bindung aufgrund fehlender äußerer Kräfte nicht aus.

„Grundsätzlich sind Verletzungen des Kniegelenkes am häufigsten, bei Frauen zwischen 40 und 50 Prozent, bei Männern circa 30 Prozent. Dafür haben die Männer im Vergleich zu Frauen häufiger Schulterverletzungen aufgrund eines rasanteren Fahrstils mit stärkerer Kurvenlage und dadurch bedingt häufigeren Stürzen“, erläutert Dr. Peter Brucker, leitender DSV-Mannschaftsarzt der Deutschen Ski-Nationalmannschaft alpin. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in München ist Diplom-Sportlehrer, staatlich geprüfter Skilehrer und spezialisiert auf Knieverletzungen.

Bewegungsapparat nicht ausreichend trainiert

Die klassischen Knieverletzungen beim Ski alpin sind vordere Kreuzband- und Seitenbandrisse sowie Meniskusverletzungen. Oft kommt es zu Stürzen der Skifahrer, weil der Bewegungsapparat nicht ausreichend trainiert und überbeansprucht ist. „Insbesondere die Rumpf- und Beinmuskulatur ist nicht genügend auf die spezifische Belastung des alpinen Skifahrens vorbereitet. Viele merken nicht rechtzeitig, dass sie mit ihren Kräften am Ende sind und dann ist sprichwörtlich gesehen die „letzte Abfahrt“ die letzte Fahrt für eine lange Zeit.“

Brucker nennt drei Punkte, die für das Skifahren wichtig sind:

Erstens braucht es eine gute Vorbereitung mit Training der Grundlagen- und Kraftausdauer, konsequent über das ganze Jahr hindurch. Sollte man im Sommer hier nachlässig gewesen sein, so kann man jedoch zum nahenden Winter auch kurzfristig innerhalb weniger Wochen durch ein gezieltes und skisportspezifisches Krafttraining noch viel herausholen und damit zumindest nicht vollkommen untrainiert in den Skiurlaub starten.

Zweitens ist eine unmittelbare Vorbereitung auf den Skitag, beispielsweise mit einem Aufwärmprogramm absolut sinnvoll, um nicht die kalte Muskulatur und die „eingerosteten“ Gelenke durch die äußeren Kräfte, die beim Skisport auftreten, zu gefährden. Dies muss nicht zwingend ein typisches Aufwärmprogramm auf der Piste ohne Ski sein. Ein bewusstes, tempokontrolliertes Warmfahren mit verschiedenen Übungsformen und Anspannen der für das Skifahren wichtigen Muskelgruppen erfüllt hier das gleiche Ziel.

Und drittens ist eine saubere Skitechnik, insbesondere das Vermeiden einer unkontrollierten Rücklage, unabdingbar.“

Zur Vorbereitung zum Skifahren gilt es vor allem zwei wichtige Aspekte zu berücksichtigen. „Vor allem die vordere, aber auch die hintere Oberschenkelmuskulatur sollte trainiert werden, zum Beispiel durch Rad- oder Mountainbike fahren, Laufen, Treppensteigen oder auch Beinpresse beziehungsweise andere funktionelle Bein-Trainingsformen, etwa Nordic Hamstrings. Der zweite Schwerpunkt liegt im Bereich des Rumpfes. Für einen stabilen Rumpf müssen vor allem die gerade Rücken- und Bauchmuskulatur, zusätzlich auch die seitliche und schräge Muskulatur am Rumpf gezielt trainiert werden“, so der GOTS-Mediziner.

Wenn dann noch zusätzlich die Skibindung jedes Jahr vor dem Skiurlaub auf ihre Funktion und Auslösewerte überprüft wird, dann hat der Ski-Freizeitsportler wesentliche Risikofaktoren für unnötige Skiverletzungen minimiert.

Die allgemeinen Pisten-Tipps der GOTS:

  1. Bereiten Sie sich bereits in den Sommer- und Herbstmonaten auf die Skisaison vor.
  2. Passen Sie das Fahrtempo ihrem aktuellen Leistungslevel an und arbeiten Sie an einer sauberen Skitechnik.
  3. Machen Sie ausreichend Pausen, damit die beim Skifahren stark beanspruchte Muskulatur sich wieder erholen kann.
  4. Nehmen Sie ausreichend Flüssigkeit während des Skitages zu sich.
  5. Beenden Sie den Skitag rechtzeitig, wenn eine Ermüdung mit schweren und „brennenden“ Beinen (Oberschenkel) auftritt.
  6. Vermeiden Sie es unbedingt, alkoholisiert Ski zu fahren. „Après-Ski“ heißt „nach dem Skifahren“.

US-Amerikaner sind Skifahrer-Nation

Mit 54,9 Millionen Skifahrer-Besuchen sind übrigens die USA mit minimalem Abstand vor Frankreich die Nummer Eins unter den Wintersport-Nationen – jedenfalls in absoluten Zahlen. Im DACH-Raum gibt es bezogen auf die Bevölkerungszahl deutlich mehr Skifahrer. Und die Skigebiete im Alpenraum ziehen laut dem International Report on Snow & Mountain Tourism (vollständiger Report hier als PDF) auch ungleich mehr Wintersportler aus anderen Ländern an. Während ihr Anteil in den USA bei gerade mal sechs Prozent liegt, sind es in der Schweiz 46, in Österreich gar 66 Prozent.

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