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Gesundheit

Die innere Uhr des Gehirns: Ein Bauplan

© Graphicroyalty, AdobeStock

Innere Uhren steuern physiologische Prozesse und das Verhalten fast aller Lebewesen. Ein internationales Forscherinnen- und Forscherteam unter Leitung der Universität Würzburg hat nun eine detaillierte Karte der inneren Uhr im Gehirn der Taufliege erstellt.

Bei allen Tieren, auch beim Menschen, gibt es Tagesrhythmen für Aktivität, Schlaf, Hunger, Stoffwechsel und Fortpflanzung. Das System, das diese biologischen Rhythmen steuert, wird als innere Uhr bezeichnet. Diese Uhr steuert alle Vorgänge im Körper innerhalb eines 24-Stunden-Zeitraums.

Bei Wirbeltieren befindet sich die zentrale Steuereinheit, die „Hauptuhr“, im Gehirn in einer Region, die als suprachiasmatischer Nucleus (SCN) bezeichnet wird. Diese Hirnregion ist nicht nur für die Regulierung und Synchronisierung der Rhythmen im Gehirn verantwortlich, sondern steuert auch andere Uhren im Gewebe des gesamten Körpers. Es sorgt dafür, dass unsere Körperrhythmen koordiniert ablaufen; Störungen dieses Systems können unter anderem zu Schlaf- und Stoffwechselstörungen führen.

Publikation in Nature Communications

Ein Team von Forscherinnen und Forschern der Universität Würzburg, der University of Nevada, Reno (USA) und der Okayama University (Japan) hat in der Fachzeitschrift Nature Communications die Studie veröffentlicht und die erste vollständige Karte der inneren Uhr im Gehirn der Taufliege Drosophila erstellt. Federführend waren Dr. Meet Zandawala, Gruppenleiterin am Lehrstuhl für Neurobiologie und Genetik der Universität Würzburg, und Nils Reinhard, Doktorand am selben Lehrstuhl bei Prof. Charlotte Förster und Dr. Dirk Rieger.

„Bei Wirbeltieren gibt es etwa 20.000 Neuronen, die den Haupttaktgeber bilden. Angesichts dieser großen Zahl von Neuronen und der vielen Verbindungen, die sie im Gehirn eingehen, ist es schwierig, die Interaktionen nachzuvollziehen und zu verstehen, wie das Uhrennetzwerk funktioniert“, erklärt Meet Zandwala den Hintergrund der Studie. Um diese Komplexität in kleinerem Maßstab zu erfassen, verwenden die Forschenden deshalb Modellorganismen, deren Gehirne bereits kartiert sind, wie zum Beispiel das der Taufliege Drosophila mit fast 140.000 Neuronen.

Eine Karte aller Verbindungen im Gehirn der Fliege

Für die Taufliege Drosophila hat ein internationales Forschungskonsortium kürzlich eine Karte aller Verbindungen zwischen allen Neuronen im Gehirn der Fliege veröffentlicht – ein sogenanntes Konnektom. „Diese frei zugängliche Ressource ist die perfekte Grundlage für neue Entdeckungen in den Neurowissenschaften und insbesondere für ein besseres Verständnis von Mechanismen wie der inneren Uhr“, sagt Zandawala.

Gemeinsam hat das Team dieses Konnektom des Gehirns nun genutzt, um alle Neuronen zu identifizieren, aus denen die innere Uhr der Fliege besteht. Das Ergebnis: „Die innere Uhr im Drosophila-Gehirn besteht aus mindestens 240 Neuronen, das sind deutlich mehr als die ursprünglich geschätzten 150. Einige der neu identifizierten Uhrneurone zeigen zudem Eigenschaften, die bisher nur von Uhrneuronen in Wirbeltieren bekannt waren. Damit ist die Funktionsweise der inneren Uhr zwischen Wirbeltieren und Insekten noch ähnlicher als bisher angenommen“, sagt Nils Reinhard. Die neuen Erkenntnisse ermöglichen es den Forscherinnen und Forschern nun, bestimmte Typen von Uhrneuronen zu identifizieren, die miteinander kooperieren und die Kommunikation innerhalb des gesamten Uhrnetzwerks koordinieren.

Grundlage für neue Therapieansätze

Neuronen im Uhrnetzwerk leiten Zeitinformationen an andere Hirnregionen weiter, die das Lernen und Erinnern, die Orientierung im Raum, die motorische Kontrolle sowie die Hormonproduktion und -ausschüttung unterstützen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können nun diese Bahnen zurückverfolgen und herausfinden, wie rhythmische Verhaltensweisen wie Nahrungsaufnahme, Schlaf, Fortpflanzung und Hormonausschüttung koordiniert werden.

Diese detaillierte Kartierung des Drosophila-Uhrensystems erweitert nicht nur das Verständnis darüber, wie Tagesrhythmen entstehen, sondern bietet auch eine Grundlage für die Erforschung von Störungen des biologischen Rhythmus, die mit Krankheiten wie Schlaf- oder Stoffwechselstörungen in Verbindung gebracht werden. Die Ergebnisse geben einen detaillierten Rahmen, um zu verstehen, wie das Gehirn die Tagesrhythmen steuert. Sie bilden die Grundlage für zukünftige therapeutische Ansätze zur Behandlung gesundheitlicher Probleme im Zusammenhang mit dem biologischen Rhythmus. 

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Januar 2025 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.