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Weltweit

Auf Erkundungstour auf den Kapverden: Ein Reisebericht

Die Ruhe vor dem Sturm auf Santiago © Friederike George

Gastbeitrag von Friederike George

Für viele Deutsche noch recht unbekannt, gibt es ein Inselparadies inmitten des Atlantiks, dass mit tropischem Klima, schwarzen Sandstränden mit Palmen, wilden Küsten und Berglandschaften lockt.

Für einen Monat habe ich verschiedene Inseln auf den Kapverden mit Freundinnen und alleine erkundet. Als Erstes war ich auf der Hauptinsel Santiago in der Hauptstadt Praia, um meine Freundin zu besuchen. Die meiste Zeit verbrachte ich in Praia tatsächlich am Strand, so wie der Name auf Portugiesisch schon verrät, und – überraschend, aber voller Enthusiasmus – auf dem Basketballfeld, wo mich meine Freundin mit hinnahm. Nachdem die erste Hemmschwelle überwunden war, sich in eine Menge schwitzender Männer zu werfen, wurde ich als Basketball-Newbie warm aufgenommen und kurzerhand trainiert, sodass ich immer wiederkam und ganz schnell neue Freundschaften schloss.

Santiago: Quirliges Stadtleben und entspannte Strandorte

Gleich zu Anfang fing ich an mit dem Colectivo oder Hiase – den kleinen Minibussen, die immer voller und voller werden – nicht nur mit Menschen, sondern auch mit allen möglichen Gütern und Lebensmitteln – durch die Stadt zu tuckern. Ich besuchte die erste portugiesische Siedlung Ribeira Grande, wo die Portugiesen im Jahr 1462 ankamen, heute bekannt als Cidade Velha. Nach der Entdeckung Amerikas wurde Ribeira Grande zur Drehscheibe für den transatlantischen Sklavenhandel und viele Menschen vom afrikanischen Festland wurden auf die Kapverden verschleppt und versklavt. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts gab es fast 14.000 versklavte Menschen auf den Inseln Santiago und Fogo.

WELTWEIT photo 2024 12 23 08.26.26Der Esel mag Guava, also wurde er kurzerhand so getauft! © Friederike George

Ich besuchte auch ein Stadtteilprojekt der Nachbarschaft Achada Grande Frente in Praia, wo die Bewohnerinnen und Bewohner ihren Stadtteil mit großen Wandgemälden an den Häuserfassaden geschmückt haben und Interessierten Touren durch ihren Stadtteil geben. Es lohnt sich auch bei dem Verein Pilorinhu vorbeizuschauen, der das Herz des Stadtteils ist und zahlreiche soziale Projekte stemmt. Von Hausaufgabenhilfe bis Community-Garten - die Sozial- und Stadtteilarbeit wird als Erbe des Nationalhelds Amílcar Cabral verstanden, der Guinea-Bissau und die Kapverden im antikolonialen Befreiungskampf gegen die portugiesische Vorherrschaft führte und Bildung als das zentrale Element zum Weg der Unabhängigkeit betrachtete. Nach 500 Jahren unter portugiesischer Flagge wurde Kap Verde 1975 unabhängig.

WELTWEIT photo 2024 12 22 15.25.37Santao Antão: Bergspitzen über Bergspitzen © Friederike George

WELTWEIT photo 2024 12 22 21.08.30Im Stadtteil Achada Grande in Praia © Friederike GeorgeUnd dann ging es ab ins Inland und ab da klappte meine Kinnlade immer wieder runter, denn die Berglandschaften voller tropischer Vegetation mit dem Meerblick dahinter beeindruckten mich zutiefst. November war auch eine perfekte Zeit zum Reisen, denn die Regenzeit war gerade zu Ende gegangen und somit war alles saftig grün.In der Serra Malagueta hatte ich einen spektakulären Ausblick auf meinen nächsten Reisestopp: die Vulkaninsel Fogo (Portugiesisch für Feuer). Doch erstmal hieß es wandern! Ohne großen Plan, mit einer Wander-App ausgestattet, machten meine Freundinnen und ich uns auf den Weg vom Berg oben runter Richtung Strand. Klingt recht simpel, aber das Gestrüpp wurde immer höher und höher und die Route immer undurchsichtiger. Irgendwann waren wir mitten im nirgendwo verloren zwischen überwachsenen Maisfeldern und zu allem Unglück hörten wir das erste Donnern und dann ging es auch ganz schnell und es schüttete in Strömen. Komplett durchnässt war es dann auch egal noch Unterschlupf zu suchen und wir zogen uns kurzerhand aus und tanzten im Regen. So schnell wie der Regen gekommen war, so schnell hörte er auch wieder auf. Wir gaben die Wanderung auf, doch zum Strand schafften wir es trotzdem noch, indem wir – immer noch komplett nass – trampten. Das geht ganz einfach und ist auch recht entspannt, wenn man sich an die Fahrweise der Kap-Verdierinnen und Kap-Verdier gewöhnt hat. In der Strandbar angekommen, mit Papaya-Cocktail in der Hand, bestaunten wir den Sonnenuntergang und waren glücklich über das süße Leben nach dem Abenteuer.

Fogo: Ein Farbenspiel aus schwarzer Lava, üppigem Grün und tropischen Früchten

WELTWEIT photo 2024 12 22 21.08.34Glücklich und erschöpft nach dem Wandern am Strand von Tarrafal © Friederike GeorgeDann ging es mit der Fähre weiter auf die nächste Insel: Fogo! Dieser Name ist Programm, denn tatsächlich es ein riesiger Vulkankrater, der da aus dem Wasser herausragt. Und noch erstaunlicher: Ende 2014 brach der Vulkan zum letzten Mal aus und die Lava rollte langsam aber sicher, über die evakuierte Siedlung, die direkt in einem Teil des Kraters liegt. Trotzdem kamen die Bewohnerinnen und Bewohner wegen der saudade da terra (Heimatssehnsucht) zurück und jetzt gibt es dort auch ein lokal gut ausgebautes touristisches Netzwerk. In meiner Unterkunft war ein Raum zum Beispiel voll mit Lavagestein - und daneben der Esstisch! Das war schon skurril. Die Wanderungen auf der Insel Fogo sind wunderschön, denn man läuft von der Mondlandschaft des Kraters in einen üppigen Dschungel hinein und weiter durch Kaffeeplantagen bis zu den Dörfern an der Steilküste. Am Ende der Wanderung kann man sich einen wohlverdienten, frischgerösteten Kaffee, für den Fogo in Kap Verde berühmt ist, gönnen.

WELTWEIT photo 2024 12 22 15.25.52Der Vulkan Fogo © Friederike GeorgeDie Rückreise mit der Fähre hatte es dann noch in sich, denn wir gerieten in einen Sturm und die meisten Passagiere wurden seekrank und dann ging das Elend für die nächsten vier Stunden los und – man kann es sich vorstellen – wir waren wieder heilfroh auf festem Boden zu stehen, obwohl noch alles schwankte für ein paar Tage. Großen Respekt habe ich für die Frauen auf dieser Bootsreise, denen es sichtlich schlecht ging und die trotzdem noch mit einem Arm ihre Babys stillten und mit dem anderen Arm sich um ihre spuckenden Kinder kümmerten. Wegen all der Inspiration von der Vulkaninsel Fogo brodelte es auch in mir und ich lag für die nächsten Tage mit Fieber im Bett. Zum Glück war ich bei meiner Freundin gut aufgehoben.

Santo Antão: Von tiefen Schluchten und steilen Höhen

WELTWEIT photo 2024 12 22 15.25.10Papayas und Ziegen sieht man viele © Friederike GeorgeAuf die Insel Santo Antão reiste ich unerwartet alleine. Denn leider wurden die Flüge meiner Freundinnen gestrichen – und später auch meiner. Zwar hatte ich eh vor, ein bisschen alleine zu reisen, aber auf einmal fand ich mich auf einer einsamen Insel wieder… So fühlte es sich wenigstens an! Nach einigen Wehwehchen über das plötzliche Alleine-Sein, raffte ich mich auf und genoss das Erkunden in vollen Zügen – à la wenn schon, denn schon! Die Natur, die Zickzack-Bergpanoramen, die langen Wanderungen, die ich durch Bergdörfer und tiefe Schluchten mit tropischer Vegetation wie Mango-, Bananen- und Papayasträuchern machte, und die herzliche Interaktion mit den Menschen, die ich beim Vorbeigehen und Trampen traf, beflügelten meine Reiselust. Durch meine Portugiesisch-Kenntnisse ging die Kommunikation auch recht einfach, denn Portugiesisch wird immer noch in der Schule gelernt und ist Amtssprache, obwohl die Menschen untereinander Kreolisch sprechen. Auch Französisch wird auf Santo Antão immer mehr gesprochen, weil viele französische Touristinnen und Touristen dieses tropische Wanderparadies entdecken möchten.

WELTWEIT photo 2024 12 22 15.25.13Viele Dörfer sind tief eingebettet in die Berge © Friederike GeorgeLetztendlich schaffte ich es noch, meinen Rückflug zu erwischen, nachdem der Vorherige gestrichen wurde, und konnte mich für eine Stunde noch von meinen Freundinnen mit Eiscreme-Abendessen verabschieden. Und dann saß ich nach einigen Turbulenzen - wie kleine Randnotiz und Uppsala, dass ich meinen Pass verloren hatte und deshalb einen diplomatischen Hürdenlauf bewältigte - im Flieger zurück nach Lissabon. Ich konnte trotz meines Dilemmas über Grenzen sicher reisen. Die Kap-Verdierinnen und Kap-Verdier ohne Verbindungen oder großen bürokratischen Akt, der viel Atem und Glück braucht, nicht. Wie schade, denn ich habe so vielen junge Kap-Verdierinnen und Kap-Verdier voller Tatendrang kennengelernt und meine neuen Freundinnen und Freunde eingeladen, mich besuchen zu kommen. Aber das ist für sie leider nicht so einfach. Viele Einheimische waren noch nie auf dem Festland. Für mich als Langzeitreisende, die die große weite Welt genießt, ein echter Plot twist. Mit so viel Meer um einen herum ist die Sicht auf die Welt bestimmt anders. Ich bin dankbar, dass ich einen Einblick bekommen konnte und so viele herzliche Begegnungen hatte.

WELTWEIT photo 2024 12 22 15.25.27Das beste Trampen auf Santo Antão © Friederike George

Über Friederike George

Friederike liebt es, die Welt zu bereisen, sei es mit dem Backpack oder dem Campervan. Dieses Jahr ist sie in ihr Wahl-Zuhause in Portugal zurückgekehrt, nachdem sie mehrere Jahre in Europa auf Reisen war.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Januar 2025 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.