Ein ungarischer Autobahnbetreiber bittet deutsche Fahrzeughalterinnen und -halter mit hohen Mautnachforderungen zur Kasse. Ob das rechtens ist, hat der BGH (Az. XII ZR 7/22) entschieden.
Wenn Sommersonne und Urlaubsgefühl dem Alltag schon längst wieder Platz gemacht haben, kommen sie ganz unverhofft: Knöllchen aus dem Urlaubsland. Besonders ärgerlich wird es, wenn sie von einem Inkasso-Schreiben begleitet werden. Oft geht es dabei um zu schnelles Fahren, falsches Parken oder nicht bezahlte Mautgebühren. Im vorliegenden Fall hatte ein deutsches Autovermietungs-Unternehmen gegen die Mautgebühren in Ungarn geklagt.
Ein ungarischer Autobahnbetreiber, der in Deutschland ein eigenes Inkassobüro unterhält, hatte versucht, hohe Maut-Nachforderungen gegenüber Fahrzeughaltern und Fahrzeughalterinnen in Deutschland geltend zu machen – ganz gleich, wer eigentlich hinter dem Steuer saß.
Nach deutschem Recht kann ein Bußgeld wegen eines Verkehrsverstoßes jedoch nur gegen den Fahrer beziehungsweise die Fahrerin des Fahrzeuges verhängt werden – nicht aber gegen Halter oder Halterinnen. Anders in Ungarn. Dort haftet der Halter beziehungsweise die Halterin für nicht bezahlte Mautgebühren.
Da sich das deutsche und das ungarische Recht widersprechen, hatte ein deutscher Autovermieter und damit Halter der Fahrzeuge gegen die Forderungen eines ungarischen Autobahnbetreibers geklagt. Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass die Forderungen sowohl der Höhe nach in Ordnung sind als auch gegen den Halter der Fahrzeuge geltend gemacht werden dürfen. Demnach ist der Autovermieter verpflichtet, die Maut-Nachforderungen zu begleichen.
Kein einheitlicher europäischer Rechtsrahmen bei Bußgeldern im Straßenverkehr
Der Bundesgerichtshof hat sich jedoch nur zu einem kleinen Teilbereich der rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit Mautforderungen geäußert. Bei den aus Verbrauchersicht wichtigeren Fragen hingegen besteht weiter Rechtsunsicherheit. Dies zeigen die Beschwerden, die beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland eingehen.
Das Europäische Verbraucherzentrum fordert deshalb klare und verbindliche Richtlinien für die Geltendmachung grenzübergreifender Bußgelder in ganz Europa. Nur so könne sichergestellt werden, dass den Geschäften der Inkassowirtschaft Einhalt geboten wird. Zwar gibt es bereits einen EU-Rahmenbeschluss, der die Eintreibung von Bußgeldern ab 70 Euro aus dem EU-Ausland über das Bundesamt für Justiz ermöglicht. Allerdings ist es nicht verpflichtend, diesen Weg zu nutzen.
Tipps zur Vermeidung hoher Maut-Nachforderungen
Informieren Sie sich vor der Abreise über die aktuellen Regelungen in Ihrem Urlaubsland. Sie können dafür die Web-App des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland verwenden. Hier finden Sie unter anderem einen Überblick zu Themen wie Mautsysteme, Umweltzonen, Mietwagen, Verkehrsregeln und vieles mehr.
Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Sie die Mautgebühren vor Ort oder in bar bezahlen können. In vielen Ländern kann man die Maut-Vignette mittlerweile vorab online lösen.
Wenn Sie einen Strafzettel bekommen, sollten Sie diesen nicht ignorieren. Denn die Vollstreckung von Bußgeldbescheiden aus einem anderen EU-Land ist ab einem Betrag von 70 Euro durch das Bundesamt für Justiz möglich.
Wenn Sie der Meinung sind, dass der Bußgeldbescheid ungerechtfertigt ist, lassen Sie sich von Ihrem Automobilclub oder dem Bundesamt für Justiz beraten.