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Vermischtes
© Marina Zlochin, AdobeStock

Über Freiwilligendienste ins Ausland – interkulturelle Kompetenzen inklusive

Die anhaltende Pandemie hat die Notwendigkeit internationaler Entwicklungszusammenarbeit nicht geschmälert. Das bedeutet unter anderem, dass die öffentlich geförderten Freiwilligendienste ins Ausland auch in diesem Jahr wieder stattfinden.

Programme wie kulturweit oder weltwärts bieten jungen Menschen die Chance, mit öffentlicher Förderung für längere Zeit ins Ausland zu gehen und so eine Gastkultur nicht nur als Touristin oder Tourist kennenzulernen, sondern auch den Alltag zu erleben.

Freiwilligendienste im Ausland stellen Engagement in den Mittelpunkt

Die öffentlich geförderten sind, wie auch die Pendants im Inland, sehr beliebt, schließlich bieten sie gleich mehrere Vorteile:

Die Freiwilligen stärken ihre interkulturelle Kompetenz, sowohl in beruflicher wie auch in persönlicher Hinsicht. Sie engagieren sich mehrere Monate in einem Auslandsprojekt in einem für sie neuen Kulturkreis. Gerade die Dauer des Projektes macht dabei oft den Unterschied. Die jungen Menschen lernen den Alltag kennen, erleben durch persönliche Kontakte oder gar eine Gastfamilie die lokale Kultur unmittelbar. Und andersherum sieht mit der Zeit auch das soziale Umfeld die Freiwilligen immer weniger als fremde Gäste, und immer mehr als Teil der Gemeinschaft.

In dieser Hinsicht decken sich die Freiwilligendienste im Ausland mit anderen Möglichkeiten, in anderen Ländern zu arbeiten, etwa dem Dienst als Au-Pair oder Work and Travel. Allerdings haben Freiwilligendienste im Ausland ganz klar gemeinnützigen Bezug: Sie sind öffentlich gefördert und bilden eine Form eines Ehrenamts – je nach Programm erfolgt dieses Ehrenamt eben nicht in Deutschland, sondern im Gastland. Während beim Jobben im Ausland gemeinnütziges Engagement, Völkerverständigung und das Bewusstmachen globaler Zusammenhänge eher ein lohnenswerter, aber nicht zwingender Nebeneffekt sind, stehen diese Dinge bei internationalen Freiwilligendiensten bewusst im Mittelpunkt.

Unterstützung durch öffentliche Förderung und Trägerorganisation

Anders als etwa das privat organisierte Jobben im Ausland sind die Freiwilligendienste stärker formalisiert. Zum einen kann das einen erhöhten Organisationsaufwand bedeuten. Einen spontan gefundenen Job in Australien schon im nächsten Monat? So etwas ist mit Diensten wie kulturweit oder weltwärts nicht möglich. Doch der Vorteil der vielen Organisation: Die jungen Freiwilligen können sich auf ein starkes Netzwerk verlassen, das ihnen die Last der Organisation von den Schultern nimmt.

Während die Freiwilligendienste als solche unter der Schirmherrschaft der öffentlichen Hand stehen, übernehmen sogenannte Träger-Organisationen die Planung und Umsetzung der konkreten, einzelnen Projekte. Sie sind Ansprechpartnerinnen für die Freiwilligen, wenn es darum geht, eine Einsatzstelle zu finden, die Gastfamilie und die Unterkunft zu ermitteln oder die richtige Versicherung im Ausland zu ermitteln. Dementsprechend richten sich die Bewerbungen auch nicht direkt an die öffentlichen Schirmherren, sondern an die Träger. Dennoch sind die offiziellen Programm-Websites gute erste Anlaufstellen. Denn dort gibt es meist eine Übersicht der öffentlich anerkannten Träger.

Freiwilligendienste im Ausland zwischen Geld verdienen und Engagement

Wer sich ehrenamtlich in Deutschland organisiert, erhält möglicherweise eine monetäre Aufwandsentschädigung. Das ist bei Freiwilligendiensten im Ausland nicht anders. Der große Gewinn ist für die Freiwilligen damit nicht zu machen, schließlich steht das nicht im Mittelpunkt. Mitunter kann die Vergütung selbst sogar eine ungewollte kulturelle Herausforderung sein. So kann es durchaus vorkommen, dass das Programm einen Taschengeld-Satz zwingend vorschreibt, der zwar für deutsche Verhältnisse bescheiden ist, in den Augen der Gastfamilie aber überzogen wirken kann.

Staatliche Förderung bedeutet nicht, dass das Programm für die Freiwilligen kostenlos ist. Dennoch ist die finanzielle Entlastung enorm, wenn man bedenkt, welche Beträge eigentlich für Flug, Versicherung, Unterkunft, Vergütung und Verwaltung nötig sind. Auch den eigenen Geldanteil aufzutreiben, kann Teil der gemeinnützigen Arbeit sein. weltwärts-Träger-Organisationen etwa betonen, dass der Eigenanteil möglichst nicht vom eigenen Ersparten, sondern aus Spendengeldern bezahlt werden sollte. Bereits das Spendensammeln soll die Gelegenheit bieten, über das Projekt zu erzählen und so das Konzept der Entwicklungszusammenarbeit zu vermitteln.

Welche (öffentlich geförderten) Freiwilligendienste im Ausland gibt es?

Da Freiwilligenprogramme auf staatlicher, bilateraler, EU- und auch internationaler Ebene existieren, kann es schwierig sein, den Überblick zu behalten – alleine schon, wenn es nur um die Zahl öffentlich geförderter Projekte geht. Eine ganze Reihe privat organisierter Auslandseinsätze, etwa von Religionsgemeinschaften oder sozialen NGOs, kommt für junge Freiwillige vielleicht zusätzlich infrage.

Einen Überblick zu internationalen Freiwilligendiensten bietet das Jugend-Informationsnetzwerk Eurodesk. Orientierungshilfe bei der Recherche im Dschungel an Programmen und Projekten bietet auch der Wegweiser Freiwilligenarbeit. Der Gründer dieser Website, Frank Seidel, hatte dem BDAE bereits im Interview einen Einblick in die Freiwilligenarbeit gegeben.

Bekannte Freiwilligendienste sind unter anderem:

Europäischer Freiwilligendienst (EFD)

Als Teil des Programms Erasmus+ handelt es sich beim Europäischen Freiwilligendienst vor allem um einen Dienst, dessen Grundlage das Lernen miteinander und voneinander bildet. Damit dieser kulturelle Austausch gelingt, halten sich Arbeiten und Lernen die Waage. Zwar wird die Teilnahme am EFD nicht als Praktikum anerkannt, allerdings als Wartezeit auf einen Studienplatz.

Der EFD ermöglicht Einsätze in allen Ländern Europas, einschließlich aller Nicht-EU-Mitgliedsstaaten wie Norwegen oder Türkei. Weitere, außereuropäische Projektländer sind etwa Albanien oder Marokko.

Teilnehmen können Menschen zwischen 17 und 30 Jahren. Die Projekte dauern meist zwei bis zwölf Monate, die Bewerbung sollte acht Monate vorher erfolgen.

IJFD

Das IJFD wird unterstützt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und ermöglicht Einsätze in den Bereichen Soziales, Ökologie, Kultur, Sport, Bildung und Denkmalpflege. Die Einsatzdauer im Ausland beträgt sechs bis 18 Monate, ein weltweiter Einsatz ist möglich.

Zwar ist eine Teilnahme am IJFD formell für Minderjährige möglich. Aber in der Praxis fokussieren sich die Träger-Organisationen auf junge Erwachsene. Höchstalter ist 26 Jahre.

FSJ im Ausland

Zwar gilt vielen das Freiwillige Soziale Jahr fast schon als Oberbegriff für Freiwilligendienste. Allerdings sinkt in den letzten Jahren die Bedeutung dieser Projekte. Laut rausvonzuhaus.de legt der Geldgeber der Projekte, auch hier das BMFSFJ, den Fokus inzwischen mehr auf die Förderung des IJFD.

Die Teilnahme ist mit Erfüllung der Vollzeitschulpflicht möglich, also schon ab 15 Jahren – doch Auslandseinsätze sind erst ab 18 möglich. Höchstalter ist der 27. Geburtstag. Die Einsätze dauern sechs bis 18 Monate, in Ausnahmefällen gar zwei Jahre.

weltwärts

weltwärts ist etwas eindeutiger in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit angesiedelt und richtet sich bewusst an junge Menschen mit Interesse an anderen Kulturen. Teil des weltwärts-Programms ist eine umfangreiche Vor- und Nachbereitung, die Konzepte der Entwicklungszusammenarbeit, aber auch interkulturelle Kompetenzen vermittelt. Die Teilnehmenden sollten vor Abreise auch Grundkenntnisse der Landessprache aufbauen.

Die Kosten trägt zu 75 Prozent das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die restlichen 25 Prozent finanziert der Träger gemeinsam mit den Freiwilligen. Diese sollten sich hierzu einen Unterstützungskreis aufbauen – wobei das Fundraising selbst schon die Gelegenheit bietet, den Menschen im eigenen Umfeld Entwicklungspolitik näher zu bringen. Das Mindestalter beträgt 18 Jahre, die Projekte dauern zwischen sechs und 24 Monaten (meistens aber ein Jahr).

kulturweit

Dieses Projekt der Deutschen UNESCO-Kommission wird vom Auswärtigen Amt gefördert. Partner sind unter anderem der DAAD und das Goethe-Institutsowie zahlreiche UNESCO-Nationalkommissionen weltweit. An kulturweit können alle jungen Menschen zwischen 18 und 26 Jahren teilnehmen, die in Deutschland leben. Wer mit kulturweit ins Ausland möchte, muss sich bereits bis sieben bis 15 Monate vorher bewerben.

Anderer Dienst im Ausland (ADiA)

Völkerverständigung bildet den Mittelpunkt des ADiA. Der Dienst entstand in den 1970er Jahren als Projekt der Wiedergutmachung für die ehemals verfeindeten Staaten des Zweiten Weltkriegs. Durch diese Tradition bietet der ADiA Projekte in mehreren Partnerländern auf allen Kontinenten an. Die Freiwilligen erhalten hier keine Vergütung, maximal ein kleines Taschengeld. Mehr Infos zu ADiA gibt es auf der Webseite BMFSFJ.