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Business in den USA: Mit diesen Chancen und Herausforderungen müssen deutsche Unternehmen aktuell umgehen

© BullRun, AdobeStock

Während der vierjährigen Amtsperiode unter US-Präsident Donald Trump hatten deutsche wie internationale Unternehmen massive Probleme, Arbeitsvisa für ihre Fachkräfte in den USA zu bekommen. Grund war Trumps „America First“-Politik. Mit Spannung erwarten die Handelspartner der USA daher, was sich auf dem US-Arbeitsmarkt unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden für Unternehmen und deren Fachkräfte ändern wird.

„Deutsche Unternehmen können davon ausgehen, dass die US-Behörden Visaanträgen deutscher Firmen zur Entsendung von Arbeitnehmern zu US-Tochtergesellschaften unter der Biden-Regierung positiver gegenüberstehen werden“, sagt Rechtsanwalt Klaus Thiedmann, Rechtsanwalt und Gründer der Anwaltskanzlei Thiedmann & Edler in Chicago und macht damit vielen Mut.

„Die Biden-Regierung hat die ‚Buy American, hire American‘ Verfügung zurückgezogen, welche von der bisherigen Administration verabschiedet worden war. Wir erwarten, dass dies zu Erleichterungen bei der Beantragung von Arbeitsvisa für Mitarbeiter deutscher Unternehmen beiträgt. Diese protektionistische Politik hatte in den letzten vier Jahren zu einem Anstieg der staatlichen Anfechtungen von Visums- und Arbeitserlaubnis-Anträgen geführt“, ergänzt der Jurist, der bereits seit vielen Jahren in den USA lebt und arbeitet.

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Klaus Thiedmann, Gründer der Anwaltskanzlei Thiedmann & Edler in Chicago

E-Visa beste Option für deutsche Firmen in den USA

Auch einige Regelungen, die von Ex-Präsident Trump am Ende seiner Amtszeit erlassen wurden und die bei Bidens Amtsantritt noch nicht in Kraft getreten waren, sind vorübergehend auf Eis gelegt worden. Ein Resultat dieser Maßnahmen ist, dass die Vergabe des H-1B-Visums weiterhin nach dem Lotteriesystem funktionieren wird. Trump hatte ursprünglich vor, dass Visa nur jenen Unternehmen ausgestellt würden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die höchsten Löhne zahlten.

Wie schon unter früheren Regierungen stellen Thiedmann zufolge E-Visa vielfach die beste und sicherste Möglichkeit für deutsche Gesellschaften dar, Mitarbeiter in die USA zu entsenden. So gibt es beispielsweise das E-2-Visum, das sich für Unternehmen eignet, die eine langfristige Beziehung zu den USA aufbauen möchten. Beispielsweise ist es ideal für ein deutsches produzierendes Unternehmen, für das die USA ein wichtiger Absatzmarkt sind. Das Unternehmen kann damit vor Ort eine Vertriebs- und Servicegesellschaft errichten und Mitarbeiter beschäftigen.

Das L-1-Visum ist für die Entsendung von leitenden Mitarbeitern innerhalb eines internationalen Konzerns gedacht. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass der in die USA zu entsendende Mitarbeiter mindestens ein Jahr vor Einreichung des Antrags in Konzernunternehmen außerhalb der USA beschäftigt war. Nicht selten kommen in einem bestimmten Fall sowohl ein L-1- als auch ein E-2-Visum in Betracht. Welcher der beiden Kategorien der Vorzug zu geben ist, ist eine Frage des Einzelfalls.

Corona-Pandemie verzögert deutsche Aktivitäten in den USA

Die gegenwärtige Covid-19-Pandemie ist momentan eines der größten Hemmnisse für internationale Unternehmen, die Arbeitskräfte in den USA einsetzen wollen, weiß Omer Dotou von der BDAE Consult: „Die Regierung unter Biden setzt momentan alles daran, die Wirtschaft anzukurbeln und die im letzten Jahr drastisch gestiegene Arbeitslosenquote wieder zu reduzieren.“

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Omer Dotou, Leiter Unternehmensberatung BDAE Consult GmbH

Dass diese Maßnahme nachvollziehbar und aus Sicht der Verantwortlichen unumgänglich ist, weiß auch US-Experte Thiedmann: „Wirtschaftlicher Protektionismus in den USA ist keine Erfindung der Trump-Regierung. Dieser hat in den USA eine mehr als hundert Jahre lange Tradition. In den letzten zwanzig Jahren hat jedoch eine deutliche Verschärfung dieser Tendenz stattgefunden. Die von der Regierung Trump verabschiedete Verordnung zur Anhebung der Lohnuntergrenze für H-1B Visa, die am 1. Juli 2021 in Kraft treten soll, wird gegenwärtig von der Biden Regierung überprüft. Es dürfte entscheidend von der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen in den USA abhängen, ob diese Verordnung aufrechterhalten, später eingeführt oder aufgehoben wird.“

Mehr Rechtssicherheit bei Visum-Antragsverfahren

Unter Trump zeichnete sich die Beantragung von Aufenthaltstiteln für deutsche und ausländische Fachkräfte in den USA durch große Intransparenz aus. Nun steigt die Hoffnung, dass die Bewilligung von Aufenthaltstiteln wie beispielsweise dem H-1B-Visum oder L-1-Visum, wieder so wie vor der Trump-Regierung in der Regel weniger problematisch wird. Insbesondere in den letzten Jahren der Trump-Regierung fielen die von Präsident Trump öffentlich propagierten Positionen und die geltenden Verordnungen und Verwaltungspraktiken der über Visaanträge entscheidenden Behörden zunehmend auseinander.

„Unter der Trump-Regierung wurden Visaanträge von den Behörden vielfach wohlwollender beurteilt, als dies nach den Aussagen des Präsidenten zu erwarten war. Die Erfahrungen der ersten Monate unter der Biden-Regierung haben bereits gezeigt, dass sich dieser Trend fortsetzen könnte. Wir gehen davon aus, dass die Rechtsicherheit bei der Beantragung von Visaanträgen für deutsche Unternehmen zunehmen wird, was die Planung deutscher Unternehmen bezüglich ihrer US-Investitionen und der damit verbundenen Arbeitsvisa für deutsche Mitarbeiter erleichtern sollte,“ Prognostiziert Thiedmann, Gründer der Anwaltskanzlei Thiedmann & Edler in Chicago.

Trotz Corona Einreise nur mit einer Ausnahmegenehmigung (NIE) möglich

Doch noch sieht die Realität anders aus. So verfügte die US-Regierung erst Anfang März per Presidential Action, "A Proclamation on Revoking Proclamation 10014", die teilweise Abschaffung des US-Einreiseverbots für bestimmte Visumkategorien und ersetzte die frühere Bestimmung des nationalen Interesses mit der neuen Bestimmung des nationalen Interesses, die bestimmte Reisende betrifft, die wichtige Unterstützung für kritische Infrastrukturen leisten. „Es ist zu erwarten, dass durch die neue, enger gefasste Richtlinie weniger Personen aus dem Schengen-Raum in die Vereinigten Staaten reisen können und dass einige Reisende, die bisher eine NIE [National Interest Exception; die Redaktion] erhalten haben, nicht mehr berechtigt sein werden“, sagt Jurist Dotou von der BDAE Consult.

Demnach war es bis zum 2. März 2021 bestimmten technischen Expertinnen und Experten, Spezialistinnen und Spezialisten, Managerinnen und Managern und Führungskräften der oberen Ebene, Vertragshändlerinnen und Vertragshändlern und Investorinnen wie Investoren, Berufssportlerinnen und Berufssportlern und deren Angehörigen möglich, in die USA einzureisen. Seither können Botschaften und Konsulate keine NIEs mehr für die folgenden Zwecke von Geschäftsreisen genehmigen:

  • leitende Angestellte, die zu Betriebsbeobachtungen reisen, regelmäßige Meetings abhalten oder routinemäßige Geschäftsreisen unternehmen
  • hochrangige Arbeitskräfte, Investorinnen und Investoren sowie Vertragshändlerinnen und Vertragshändler (einschließlich Personen mit gültiger E-1- und E-2-Nichteinwanderungsvisa oder -Anträgen), deren Reisen nicht der lebenswichtigen Unterstützung von kritischen Infrastruktursektoren oder der mit kritischer Infrastruktur verbundenen Lieferkette dienen.

„Dass diese Sondergenehmigung zur Einreise nun nicht mehr vergeben wird, ist Teil der Covid-19-Bekämpfungsstrategie. Es sollen alle nicht lebensnotwendigen Reisen in die USA reduziert werden. Immerhin werden keine zuvor ausgestellten Visa oder NIEs aufgrund der neuen Richtlinie widerrufen. Diese NIEs waren in der Regel für Reisen innerhalb von 30 Tagen nach Ausstellung gültig und erlaubten eine einmalige Einreise in die Vereinigten Staaten“, erläutert Dotou weiter.

Viele Reisende, die sich jetzt in den Vereinigten Staaten aufhalten und mit einer NIE eingereist sind, werden sich wahrscheinlich nicht für eine weitere NIE nach den neuen Kriterien qualifizieren. „Dementsprechend sollten Reisende, die bereits vorübergehend in den Vereinigten Staaten arbeiten, die neuen Richtlinien genau prüfen, wenn sie eine Rückreise nach Europa in Betracht ziehen“, resümiert Unternehmensberater Dotou.

Sobald die Covid-19-Pandemie in den USA eingedämmt ist, könnte es aber wieder leichter werden, deutsche Fachkräfte vor Ort zu entsenden.

So wichtig sind die USA für die deutsche Wirtschaft

Die Vereinigten Staaten sind einer der wichtigsten Außenhandels-Partner der Bundesrepublik. Wie die Statista-Grafik zeigt, exportierte Deutschland im vergangenen Jahr 2019 Waren im Gesamtwert von 118,7 Milliarden Euro in die USA, so viel wie in kein anderes Land. Auch bei den Einfuhren stehen die Vereinigten Staaten unter den Top drei der deutschen Handelspartner, hinter China und den Niederlanden, mit einem Importwert von 71,4 Milliarden Euro.

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Deutschland ist der viertgrößte ausländische Investor in die Vereinigten Staaten. Darüber hinaus haben deutsche Unternehmen in den USA insgesamt 311.000 Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe geschaffen und sind damit zusammengenommen zweitgrößter Arbeitgeber mit der zweithöchsten Wertschöpfung im Land. Auch das deutsche duale Ausbildungssystem ist ein Exportschlager und erfreut sich immer größerer Beliebtheit in den USA. Mehr als 3.000 deutsche mehrheitsgeführte Unternehmen haben insgesamt 373 Milliarden US-Dollar in die USA investiert. Dies sind circa zehn Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen in den USA.

Insgesamt haben ausländische Unternehmen 6,8 Millionen Arbeitsplätze in den USA geschaffen. Davon sind 674.000 bei deutschen Tochterunternehmen angesiedelt. Hierbei handelt es sich um sehr gut bezahlte Arbeitsplätze: Deutsche Unternehmen zahlen in der Gruppe der Top 5 der größten ausländischen Arbeitgeber die höchsten Löhne pro Arbeitnehmer.

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Dabei sind die geschaffenen Arbeitsplätze über alle Regionen in den USA verteilt. In Michigan, New Mexico und South Carolina sind deutsche Unternehmen der größte ausländische Arbeitgeber. In weiteren sechs Bundesstaaten (Alabama, Delaware, Kentucky, Missouri, North Carolina, Oregon) sind sie der zweitgrößte ausländische Arbeitgeber.