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Interview

„Der Lebensraum von Elefanten wird zerstört“

© Chris Kaiser

Um Elefanten in Thailand zu schützen und ihnen Lebensraum zurückzugeben, hat Chris Kaiser das Projekt B’n’Tree gegründet. Damit können Thailand-Touristen den Rüsseltieren etwas Gutes tun. Wie das Modell funktioniert und was der junge Deutsche gegen den fortschreitenden Klimawandel tut, erläutert er im Interview.

BDAE: Bevor du 2012 in Thailand „gelandet“ bist und dich Elefanten sowie deinem Projekt B’n’Tree gewidmet hast, hattest du bereits diverse Jobs auf 5 Kontinenten. Welche waren dies und wie kam es zu diesem „Nomadentum“?

Chris Kaiser: Ich glaube, dieses „Nomadentum“ wurde mir bereits in die Wiege gelegt. Mein Vater ist Tropenarzt, und so wuchs ich die ersten sechs Jahre meines Lebens in Kamerun und Tansania auf. Anschließend ging es zurück nach Deutschland, da meine Eltern die Schulbildung dort sehr zu schätzen wissen. Nach dem Abitur in Deutschland packte ich dann gleich meinen Rucksack und zog nach Australien. Aus geplanten sechs Monaten wurden 18 – lange genug, um unheilbar an Reisefieber zu erkranken.

Auf Australien folgten Jobs als Animateur in Ägypten, in einer Privatpension in Deutschland, als Tourguide in Spanien, bei einem Kreuzfahrtveranstalter für Galapagos-Kreuzfahrten in Ecuador und schließlich als Tourguide und Marketingstratege für ein ethisches Elefantencamp in Thailand. Ich fand es schon immer spannend, etwas Neues zu entdecken, weshalb es mich nie lange an einem Ort oder in einem Job hielt. Sobald ich das Wichtigste gelernt und gesehen hatte, wollte ich weiter. Das Camp in Thailand war da die Ausnahme – in meiner Funktion als Marketing Manager durfte ich die halbe Welt bereisen.

BDAE: Woher kommst du ursprünglich und wer oder was hat dich am meisten geprägt?

Chris: Geboren bin ich in Baden-Baden. Ich wuchs zunächst in Afrika auf und dann in Radolfzell am Bodensee. Geprägt haben mich auf jeden Fall meine Eltern mit ihrer Reiselust, das hat offenbar auf mich abgefärbt. Auch die letzten sieben Jahre in Thailand hatten einen großen Einfluss auf mich, denn dort habe ich mich in die Elefanten verliebt.

Wer immer schon mal einem Elefanten sehr nahegestanden ist, wird das sofort verstehen. Diese majestätischen Tiere lassen sich von fast nichts aus der Ruhe bringen, sind sehr intelligent, aber auch unglaublich gelassen – eine klasse Kombination.

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© May_Chanikran, AdobeStock

„Elefanten sind unglaublich gelassen und intelligent“

BDAE: Was war die Ursprungsidee für das Projekt B’n’Tree?

Chris: Durch meine enge Zusammenarbeit mit Elefanten kam ich auch in Berührung mit der Vielzahl von Problemen, die wilde Elefanten heutzutage haben. Im Jahr 2016 starb mein Lieblings-Elefanten-Baby. Mir wurde klar, dass es vielen Nachkommen von Elefanten so gehen würde, weil aufgrund der Waldrodungen immer mehr Lebensraum von Elefanten zerstört wird. Tatsächlich resultieren die meisten Probleme dieser Tiere aus dem Verlust von Lebensraum, da für Agrikultur und Infrastruktur immer mehr Wald gerodet wird.

Daher kam mir die Idee, ein Wiederaufforstungsprojekt zu starten. Als Vollbluttouristiker war der Gedanke, Einkommen aus dem Tourismus zu generieren, nicht fern, und mit booking.com hatte ich auch deutlich schneller als erwartet einen sehr namhaften Partner mit an Bord. Inzwischen arbeiten wir auch mit TripAdvisor, Skyscanner, HRS, Expedia und einigen Weiteren zusammen. Diese Partner zahlen eine Marketingkommission an B’n’Tree für jede über uns generierte Buchung. Wir investieren diese Kommission in das Pflanzen von Bäumen.

Die Idee von B’n’Tree ist, Nachhaltigkeit für jedermann so einfach wie möglich zu machen. Daraus entstand das aktuelle Konzept: Für jede Buchung, die auf unserer Webseite bedandtree.com beginnt, pflanzen wir einen Baum – ohne Mehrkosten für den Nutzer. Für die Nutzer heißt das konkret: Anstatt direkt auf booking.com zu buchen, können sie einfach vorher kurz einmal auf bedandtree.com vorbeiklicken – und schon wird ein Baum gepflanzt. Der Hotelpreis bleibt dabei selbstredend unverändert.

„Wir haben schon 100.000 Bäume gepflanzt“

BDAE: Welche Erfolge konntet ihr schon verbuchen?

Chris: Bislang haben wir über 100.000 Bäume in sechs Ländern auf vier Kontinenten gepflanzt – inklusive Kenia, Madagaskar, Thailand, Indien, USA sowie in Ecuador – das ist aber natürlich erst der Anfang. Gepflanzt wird mit Hilfe lokaler Partner, welche oft unterschiedliche Herangehensweisen haben. In Madagaskar zum Beispiel pflanzen wir mit Hilfe der lokalen Bevölkerung, welche sich hierdurch ein Vollzeiteinkommen verdienen. In Kenia wiederum involvieren wir Schulen und Universitäten in die Pflanzaktionen, damit auch die jüngsten in unserer Gesellschaft den Wert von Nachhaltigkeit verstehen und verinnerlichen

BDAE:  Wie können Menschen, die von deiner Idee überzeugt sind, dich unterstützen?

Chris: Das geht auf ganz vielen Wegen. Der Wichtigste ist, anderen von B’n’Tree zu erzählen. Ob auf sozialen Netzwerken, mit blog posts, kurzen Leserbriefen an die lokale Zeitung oder im direkten Gespräch mit Freunden und Bekannten – wann immer es ums Thema Reisen oder Nachhaltigkeit geht, darf man B’n’Tree guten Gewissens erwähnen und erklären. Außerdem pflanzen wir einen Baum für jeden, der sich für unseren Newsletter einschreibt. Wer mehr tun möchte, darf sich gerne bei mir melden. Wir haben coole Plakate und Postkarten, die verteilt werden möchten. Und wer eine von mir persönlich signierte B’n’Tree Bambuszahnbürste zugesandt bekommen möchte, der bringt bitte AirBnB dazu, dass sie ebenfalls endlich mitmachen. Kennt da irgendwer irgendwen?

BDAE:  Was empfiehlst du Menschen, die dein Projekt in anderen Ländern adaptieren wollen?

Chris: B’n’Tree wird tatsächlich bereits von Menschen auf sechs Kontinenten aktiv genutzt. Buchungen aus der Antarktis haben wir bislang keine registriert. Wir haben Mitarbeiter von Mexiko bis Taiwan, die uns teils auf freiwilliger Basis, teils als Freelancer unterstützen. Es ist spannend, zu sehen, wie viele Menschen Gutes tun möchten – man muss ihnen nur zeigen, wie es geht. Und vor Allem, wie einfach es sein kann. Wer mitmachen möchte, kann sich gerne direkt bei mir melden – unser Planet braucht in diesem Fall jede helfende Hand, die er bekommen kann. Und es gibt zahlreiche spannende Projekte, bei denen man uns unterstützen kann, um B’n’Tree so weit als möglich zu verbreiten. Überwiegend sind diese marketingbezogen, sowohl online als auch offline. Falls jemand unterstützenswerte Wiederaufforstungsprojekte kennt, freue ich mich stets über Hinweise.

„Ich lese keine Zeitung und schaue keine Nachrichten mehr“

BDAE:  Was ist deine persönliche Strategie, dich in Sachen Klimarettung nicht entmutigen zu lassen?

Chris: Ich lese weder Zeitung noch schaue ich die Nachrichten. Das hilftenorm dabei, sich nicht entmutigen zu lassen, denn meistens werden dort nur negative Neuigkeiten verbreitet. Die wirklich wichtigen Neuigkeiten erfährt man nach wie vor über Freunde und Bekannte und somit stiehlt einem das
Unwichtige nicht mehr die Zeit. Statt Nachrichten zu konsumieren bin ich sehr aktiv in verschiedenen Online- und Offline-Gruppen wie zum Beispiel verschiedenen Naturschützer- und low-impact-Gruppen auf Facebook oder Foodsharing-Gemeinschaften in Frankfurt, in denen sich Gleichgesinnte
zusammen tun, um die Welt zu verbessern.

Dort entsteht eine fantastische, positive Atmosphäre. Die Leute dort strahlen nicht nur Hoffnung und Mut aus, sondern zeigen auch Initiative, ihre Ideen und Träume in die Tat umzusetzen. So wird man jeden Tag aufs Neue Zeuge, dass eben nicht nur Negatives in der Welt passiert. Wir alle können etwas tun, um zur Klimarettung beizutragen. B’n’Tree ist ein Anfang. ecosia.org ist eine Internetsuchmaschine wie Google, die, genau wie B’n’Tree, Werbeeinnahmen ins Bäume pflanzen investiert. Plastikmüll vermeiden und Fahrrad oder Bahn statt Autofahren sind ebenfalls ganz einfache Maßnahmen, um die eigenen Emissionen zu senken.

Wer einen Schritt weiter gehen möchte, sammelt hier und dort mal ein Stück Abfall vom Straßenrand auf und entsorgt es, kauft eher second hand als neu und schaut mal bei Facebook, ob es in der Gegend eine foodsharing-Gruppe gibt. Oft können auch Haushaltsgeräte, Klamotten, Fahrzeuge et cetera. mit Nachbarn geteilt werden. Das hilft nicht nur der Umwelt, sondern spart auch noch bares Geld. Ob es am Ende reicht oder nicht, das sehen wir, sobald es soweit ist. Aber wenn wir die Hoffnung aufgeben – was haben wir dann noch?

BDAE:  Wovon lebst du, womit verdienst du dein Geld?

Chris: Eine Zeitlang arbeitete ich noch für ein thailändisches Nature Resort im Sales und Marketing. Seit diesem Jahr bin ich Vollzeit für Click A Tree tätig. Derzeit verdiene ich gar kein Geld. Bis Ende des Jahres lebe ich von meinen Ersparnissen – ab dann möchte ich mir über Click A Tree ein Gehalt auszahlen.

BDAE:  Dein Projekt ist in Thailand entstanden. Kannst du dir auch einen anderen Lebensmittelpunkt vorstellen?

Chris: Tatsächlich lebe ich derzeit in Offenbach am Main, bin jedoch regelmäßig am Bodensee. Die Natur, der See, die Ruhe dort sind einfach unschlagbar. Meine Eltern und mein Bruder leben noch am Bodensee, und meine Schwester kommt ebenfalls regelmäßig zu Besuch. Und nach so vielen Jahren
im Ausland ist ein bisschen Zeit mit der Familie sicherlich nicht falsch. Ob ich hierbleibe, wird die Zukunft zeigen. Mediziner munkeln, dass Reisefieber unheilbar sei.

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© chamnan phanthong, AdobeStock

Hintergrund: Elefanten in Thailand

Gerade einmal noch 1.500 freie Elefanten leben laut der Tierschutzorganisation PETA in den schrumpfenden Wälder Thailands. Rund 2.500 der sensiblen Rüsseltiere werden dagegen als Touristenattraktion benutzt und dazu gezwungen, Touristen auf sich reiten zu lassen, auf Bangkoks lauten Straßen für Fotos zu posieren oder stupide Tricks in Shows vorzuführen. Dafür werden den Tierschützern zufolge Baby-Elefanten ihren Müttern entrissen, tagelang mit Seilen bewegungsunfähig gemacht, geprügelt und mit spitzen Haken traktiert.

Diese „Trainingsstunden“ hinterlassen schwerverletzte, traumatisierte und sogar tote Elefanten. Oft werden dafür sogar die letzten in Freiheit lebenden Babyelefanten in Nationalparks eingefangen und ihre Familien getötet.

Hintergrund: Elefanten in Thailand

Gerade einmal noch 1.500 freie Elefanten leben laut der Tierschutzorganisation PETA in den schrumpfenden Wälder Thailands. Rund 2.500 der sensiblen Rüsseltiere werden dagegen als Touristenattraktion benutzt und dazu gezwungen, Touristen auf sich reiten zu lassen, auf Bangkoks lauten Straßen für Fotos zu posieren oder stupide Tricks in Shows vorzuführen. Dafür werden den Tierschützern zufolge Baby-Elefanten ihren Müttern entrissen, tagelang mit Seilen bewegungsunfähig gemacht, geprügelt und mit spitzen Haken traktiert.

Diese „Trainingsstunden“ hinterlassen schwerverletzte, traumatisierte und sogar tote Elefanten. Oft werden dafür sogar die letzten in Freiheit lebenden Babyelefanten in Nationalparks eingefangen und ihre Familien getötet.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe August des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.