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Rechtliches

So wird die Kinderbetreuung in Europa steuerlich gefördert

© spass, AdobeStock

Kinderbetreuung wird seit Jahren am besten in den skandinavischen Ländern gefördert und finanziert, während der Süden Europas (konkret: Spanien und Italien) hinterherhinken. Deutschland und das Vereinigte Königreich konnten in den letzten Jahren aufholen. Das hat eine Vergleichsstudie zur finanziellen Förderung von Kinderbetreuung in Dänemark, Finnland, Schweden, den Niederlanden, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien sowie dem Vereinigten Königreich ergeben. Durchgeführt wurde die Erhebung von der europäischen Vermittlungsplattform für Kinderbetreuung Yoopies.

Steuerabzüge für Kinderbetreuungskosten stellen die häufigste Art staatlicher Unterstützungsleistungen in den untersuchten Ländern dar. Höhe und Konditionen variieren dabei stark von Land zu Land. Während Familien in Deutschland zwei Drittel ihrer Kinderbetreuungskosten, maximal 4.000 Euro pro Jahr und Kind als Sonderausgaben steuerlich geltend machen können, beschränkt sich die Leistung in einigen Regionen Spaniens auf gerade einmal zehn Prozent Abzug. In Frankreich können Eltern jährlich bis zu 7.400 Euro der Kosten für häusliche Kinderbetreuung von der Steuer absetzen. Entscheidend ist dabei auch das Alter der Kinder: Der deutsche Fiskus gewährt den jährlichen Abzug für Kinder bis 14 Jahren.  In Spanien gilt die Leistung für Familien mit Kindern unter 3 Jahren sowie in Frankreich für Kinder bis 6 Jahren.

Großbritannien bietet kostenlose Kinderbetreuung

Um die Haushaltskasse von Familien zu entlasten, gewähren die europäischen Regierungen diverse weitere Unterstützungsleistungen. Ähnlich der Politik der vollständigen beziehungsweise teilweisen Beitragsfreiheit in deutschen Kitas, profitieren Familien in Großbritannien seit 2017 von 15 bis 30 Stunden kostenloser Kinderbetreuung pro Woche. Je nach Einkommen übernehmen die lokalen Behörden in Dänemark zwischen 70 und 100 Prozent der Kita-Kosten. In Italien hilft der “Bonus Asilo Nido”, die Betreuungskosten zu senken. Dieser ist zwar auf maximal 1.500 Euro pro Jahr und Kind begrenzt, steht aber allen Eltern einkommensunabhängig zur Verfügung.

Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in Norwegen seit 2009

2013 wurde in Deutschland der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder zwischen einem und drei Jahren eingeführt. Damit folgte die Bundesregierung dem Beispiel der skandinavischen Nachbarn: In Norwegen besteht ein solcher Anspruch bereits seit 2009, in Schweden sogar seit 1995. Auch in Dänemark und Finnland sind Betreuungsplätze auf diese Weise rechtlich verankert.

Neben diesen rein kinderbetreuungsorientierten Förderungen finden sich in den untersuchten Ländern weitere, zum Teil ähnliche staatliche Familienleistungen wie etwa das Mutterschaftsgeld, Rabatte für kulturelle Aktivitäten oder Zuschüsse für Alleinerziehende. Wie in Deutschland erhalten auch Familien in den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Finnland zudem einkommensunabhängig Kindergeld. Frankreich konzentriert sich in erster Linie auf Großfamilien und bezuschusst Eltern mit mehr als drei Kindern mit bis zu 257 Euro pro Monat. Die Förderung ist jedoch einkommensabhängig. Französische Familien mit niedrigem Einkommen haben zudem die Möglichkeit, einen Geburtsbonus von 945 Euro zu beantragen.

Ausbau der Kinderbetreuung: eine Priorität in Europa

Mit Blick auf die Förderung von Kinderbetreuung formulierte der Europäische Rat bereits 2002 in Barcelona: 90 Prozent der Kinder von drei Jahren bis zum schulpflichtigen Alter und 33 Prozent der Kinder unter drei Jahren müssen in allen EU-Ländern Zugang zu einer erschwinglichen und hochwertigen Kinderbetreuung haben (Presidency conclusions, Barcelona European Council 15-16 March 2002). Obwohl die Ziele von Barcelona heute insgesamt erreicht sind, bestehen nach wie vor starke Unterschiede zwischen den Ländern. Infolgedessen hat die Europäische Kommission ihre Botschaft in einem Bericht von 2018 erneut bekräftigt: „Betreuungspflichten sind der Hauptgrund für die geringe Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen, die sich auf 370 Milliarden Euro pro Jahr beläuft und für Europa Verluste bedeutet“. So ist eine qualitativ hochwertige und bezahlbare Kinderbetreuung auch heute noch von „entscheidender Bedeutung“ (Report hier zum Download).

„Sechs von zehn Eltern in Europa nennen Kosten als Haupthindernis für den Zugang zu Kinderbetreuungseinrichtungen“, Yoopies-Gründer Benjamin Suchard. „Um diese Barriere zu überwinden, erwarten wir, dass die Länder der Europäischen Union die Unterstützungsleistungen für Kinderbetreuung in den kommenden Jahren ausbauen werden.“

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Coronakrise: Babysitter für Krankenhauspersonal gesucht

Im Zuge der Corona-Krise mangelt es den systemrelevanten Fachkräften wie dem Krankenhauspersonal zunehmend an Kinderbetreuungsmöglichkeiten. In Frankreich hat ein Aufruf von Yoopies zu einer Welle der Solidarität geführt, im Zuge welcher sich fast 10.000 Babysitter innerhalb weniger Stunden auf Yoopies registrierten, um auf freiwilliger Basis Kinderbetreuung anzubieten. In Deutschland erhoffen sich Krankenhäuser nun eine ähnliche Reaktion. Yoopies kooperiert mit Krankenhäusern: es mangelt noch an Helfern.

Als Reaktion auf den durch Kita- und Schulschließungen verursachten Mangel an Kinderbetreuung für Personen in medizinischen Berufen hatte sich in Frankreich große Zahl von Nutzern (Kindergärtnerinnen, Studierende, Privatpersonen, Krippenpersonal und so weiter) an den Kundendienst der Plattform gewandt, um ihre Kinderbetreuungsdienste auf freiwilliger Basis anzubieten. Daraufhin hat Yoopies eine Aktion gestartet, die Babysitter zum unentgeltlichen Freiwilligendienst als Babysitter aufruft. Konkret können Babysitter einen Filter in Ihrem Profil aktivieren, der sie als freiwilliger Babysitter für die Eltern erkenntlich macht.

Kinderbetreuung für medizinisches Personal in Deutschland benötigt

In Deutschland werden hingegen nach wie vor vielerorts zahlreiche Kinderbetreuer gesucht. Daher erhofft sich die Kinderbetreuungsplattform, dass die Solidaritätswelle weiter Gehör bekommt. Die Mobilisierung soll vor allem dem Krankenhauspersonal helfen, das jetzt besondere Unterstützung braucht. Yoopies hat bereits die kostenlose Bereitstellung der Plattform für Kliniken zugesagt. Jetzt kommt es noch auf die Solidarität der Babysitter an, damit genügend Unterstützung gewährleistet werden kann.

„Unsere Teams arbeiten hart daran, Eltern, die trotz Corona trotzdem zur Arbeit müssen, bei der Kinderbetreuung zu unterstützen”, so Yoopies-Gründer Suchard.

Die kostenlose Registrierung erfolgt unter yoopies.de/info/wirbrauchensie.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Mai des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.