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Expatriates
© Rawpixel.com, AdobeStock

In China ist Vetternwirtschaft gang und gäbe

„Europäische Firmen agieren oftmals mit einer gehörigen Portion Blauäugigkeit in China“, sagt der Asien-Experte Karlheinz Zuerl, CEO der German Technology & Engineering Corporation (GTEC).

Vom Personal- bis zum Qualitätsmanagement haben die Unternehmen in der Regel die in Europa gewohnten Vorgehensweisen übernommen, ohne hinreichend auf das völlig andere soziale Umfeld und die kulturellen Besonderheiten einzugehen. Das jedenfalls hat Zuerl festgestellt, dessen Firma immer wieder für „Feuerwehraufgaben“ in China gerufen wird.

Familie statt Unternehmen als Entscheidungsgrundlage

Ein Beispiel: „Der bei uns in Europa negative Begriff der Vetternwirtschaft stellt in China den Regelfall dar. Wer eine gute Position bekommt, ist seiner Familie verpflichtet, so viele Verwandte wie möglich ebenfalls mit einem Job zu versorgen.

Wie gut das gelingt, entscheidet darüber, ob man der Held seiner Familie ist oder das schwarze Schaf.“ Daher sei es kulturell begründet, urteilt der Asien-Experte, wenn „Mitarbeitende auf praktisch allen Hierarchieebenen ihren familiären Status vor die Belange des Arbeitgebers“ stellten.

„In China herrscht beim Einkauf eine Zero-Fehlertoleranz.“

Zuerl verdeutlicht: „Die dabei eingesetzten Methoden würden wir in Europa häufig als kriminell bezeichnen, aber in China gehören sie zum Alltag.“ Kreuz-Einstellungen zahlreicher miteinander befreundeter Familien in China seien die Regel. 

Dies habe zur Folge, so die Erfahrung des Asienexperten, dass viele unternehmerische Entscheidungen weniger nach unternehmerischen Gesichtspunkten als vielmehr nach familiären Verflechtungen getroffen würden.

Viele Familienbetriebe in China

Der China-Experte spricht aus der Erfahrung dutzender Beratungsmandaten seines Unternehmens für europäische Unternehmen: „Viele westliche Managerinnen und Manager leiten in China einen Familienbetrieb und wissen es nicht einmal.“ Die interkulturellen Missverständnisse machen allerdings bei der „Familienwirtschaft“ nicht Halt, stellt der GTEC-CEO klar. So kommt es nach seiner Erfahrung auch beim Qualitätsmanagement häufig zu völlig falschen Einschätzungen westlicher Führungskräfte bezüglich der Anforderungen und Erwartungen in chinesischen Produktionsstätten.

„In China herrscht beim Einkauf eine Zero-Fehlertoleranz, das heißt, es dürfen null Fehler beim Kunden ankommen. Aber bei der Fertigung wird es selbst bei glasklaren Vorgaben nicht immer so genau genommen. Angesichts dieser Situation sind viel häufigere und viel strengere Qualitätskontrollen als in Europa notwendig, um den Kundenansprüchen zu genügen“, erläutert Zuerl.

EXPATRIATES China USA Vergleich

Fehler werden aus der Ferne zu spät erkannt

Der Asien-Experte weiß aus seinen Erfahrungen, dass Qualität in der Fertigung nicht nur in China nur mit einer stetigen Präsenz vor Ort zu erreichen ist. „Entweder entsendet man Führungskräfte, die einige Jahre Erfahrung mit der dortigen Kultur besitzen sollten, oder man findet einen vertrauenswürdigen Repräsentanten vor Ort, der allerdings in keine familiären Bande eingebunden sein darf“, sagt Zuerl. Er weiß: „Genau daran scheitern viele Unternehmen, weil sie in der Firmenzentrale im Westen zu spät erkennen, was in der Ferne tatsächlich passiert.“ Das Berichtswesen aus China verschleiere in vielen Fällen die wahre Situation über Monate und gelegentlich sogar Jahre hinweg, hat der GTEC-Chef im Rahmen von Beratungsprojekten festgestellt, bei denen es darum ging, die Scherben zusammenzukehren und das betroffene Unternehmen wieder auf Wachstumskurs zu bringen.

„Die in Deutschland häufig anzutreffende Mentalität, den Finger in die Wunde zu legen und die Probleme anzupacken, ist in China wenig verbreitet“, erklärt Karlheinz Zuerl. Er führt aus: „Vielmehr ist es Teil der dortigen Kultur, Unschönes zu verstecken und die Situation rosig zu malen. Daher gilt es bei Berichten aus chinesischen Niederlassungen vor allem zwischen den Zeilen zu lesen, was in der Regel nur mit einem tiefgehenden Verständnis über die dortigen Gepflogenheiten gelingt.“ 

US-Firmen in China zunehmend skeptisch

Auch für US-Unternehmen wird die Zusammenarbeit mit chinesischen Firmen immer schwieriger. Politische Spannungen und eine sich verlangsamende Wirtschaft schwächen das Vertrauen der in China tätigen US-Unternehmen in ihre Zukunft. Die Zahl der Unternehmen, die optimistisch auf die nächsten fünf Jahre blicken, ist mit 52 Prozent auf ein Rekordtief gefallen. Das geht aus der jährlichen Umfrage der American Chamber of Commerce Shanghai (AmCham) hervor. Auch nach dem Ende der COVID-19-Beschränkungen hat sich die Stimmung weiter verschlechtert.

„Als wir die diese Umfrage machten, gab es die Illusion bereits nicht mehr, dass wir eine nachhaltige Erholung des Wirtschaftswachstums (nach Corona) erleben würden“, so Sean Stein, Vorsitzender der AmCham Shanghai. Für 60 Prozent der 325 Befragten gehören politische Spannungen zwischen den USA und China zu einer der größten geschäftlichen Herausforderungen. Ähnlich viele nennen die Konjunkturabschwächung in China als großes Problem.

Intransparenz der Regulierungen 

Auch das Unbehagen über die Intransparenz des regulatorischen Umfelds in China hat zugenommen: Ein Drittel der Befragten gibt an, dass sich die Richtlinien und Vorschriften für ausländische Unternehmen im letzten Jahr verschlechtert haben. Gleichzeitig sehen viele Befragte eher die Politik der US-Regierung als die Chinas als problematisch an.

Unternehmen stehen seit einigen Jahren im Mittelpunkt der sich verschlechternden Beziehungen zwischen den beiden Ländern. China hat die Bemühungen der USA kritisiert, China den Zugang zu fortgeschrittener Technologie zu verwehren. Und US-Unternehmen haben ihre Besorgnis über Geldstrafen, Razzien und andere Maßnahmen geäußert, die Geschäfte in China riskant machen.

Der AmCham-Bericht nennt als Hauptrisiko für Chinas künftiges Wirtschaftswachstum die zunehmenden politischen und handelspolitischen Spannungen. Der wichtigste Faktor, um die Geschäftslage zu verbessern, sei, die Beziehungen zu verbessern, heißt es. Ein größerer Anteil der Unternehmen - 40 Prozent gegenüber 34 Prozent im Vorjahr - lenkt derzeit Investitionen, die für China vorgesehen waren, um. Davon profitieren vor allem Indien, Mexiko, Vietnam und Malaysia.

So werden die Supermächte China und USA weltweit wahrgenommen

Die USA gelten als die letzte wirkliche Supermacht. Mit hunderten von Militärstützpunkten auf der ganzen Welt sind sie das einzige Land, das fast überall militärisch intervenieren kann - und von dieser Möglichkeit auch immer wieder Gebrauch macht. Diese Rolle als so genannter „Weltpolizist“ wird von vielen kritisch gesehen. So glauben laut einer YouGov-Umfrage vom September 2022 40 Prozent der Befragten in Deutschland, dass die USA generell einen negativen Einfluss auf die Welt haben. Ein relativ hoher Anteil, wie die Grafik von Statista zeigt.

China hingegen möchte zwar gerne auf Augenhöhe mit dem großen Rivalen sein, ist davon aber wohl noch weit entfernt. Um beim Beispiel der Militärbasen zu bleiben: Die Volksarmee unterhält derzeit nur einen einzigen Stützpunkt im Ausland. Dennoch wird das von der kommunistischen Partei autoritär regierte Riesenreich in vielen Ländern deutlich negativer gesehen als die USA - das gilt für direkte Nachbarn wie Japan ebenso wie für Deutschland. Es gibt aber auch Staaten, in denen die USA das schlechtere Image haben - zum Beispiel die Türkei oder Indonesien. 

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Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe November 2023 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

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